MCE-5 Development: Motorenkonzept mit variablem Verdichtungsverhältnis
Viel Leistung aus wenig Hubraum – und auch noch kombiniert mit sehr geringem Spritverbrauch. Das verspricht das Motorenkonzept mit variablem Verdichtungsverhältnis, an dem MCE-5 Development seit einigen Jahren arbeitet.
Mittlerweile haben die Ingenieure das Konzept vom Einzylinder-Versuchsmotor bis zu einem einsatzbereiten Vierzylinder im Kfz weiterentwickelt. KRAFTHAND hatte die Möglichkeit, während des Genfer Auto-Salons das neueste Demonstrationsfahrzeug von MCE-5 Development mit VCR-Technologie Probe zu fahren.
Die Firma MCE-5 Development wurde 2000 in Lyon, Frankreich, gegründet und entwickelt den Motor MCE-5 VCRi (Motor mit intelligentem variablen Verdichtungsverhältnis), der eine signifikante Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs und der CO2-Emissionen um 20 bis 35 Prozent – je nach Fahrzeugtyp – ermöglichen soll. Die MCE-5-VCRi-Technologie bietet somit eine Antwort auf die Herausforderungen in Sachen Umwelt, Energieeinsparung und Wirtschaftlichkeit, denen sich die Automobilindustrie heutzutage stellen muss. Das Aggregat kombiniert die Vorteile eines Diesel- mit denen eines Benzinmotors, so die Entwickler.
So weit die Theorie, die ja bekanntlich grau ist. Die in dem neuen Motor angewendete Technik ist eigentlich nichts Neues, denn bereits zu Beginn des letzten Jahrhunderts entstanden die ersten Motorenkonzepte, die ein variables Verdichtungsverhältnis umzusetzen versuchten. Das Prinzip wurde bereits im Jahr 1928 patentiert. Die Entwickler hatten schon damals erkannt, dass ein variables Verdichtungsverhältnis unmittelbare Auswirkungen auf den Wirkungsgrad, die Schadstoffemissionen sowie Drehmoment und Motorleistung hat und diese Werte positiv beeinflussen kann.
Die diesbezüglichen Versuche der Automobilhersteller in den vergangenen Jahrzehnten, hier wären vor allem Saab oder auch Volkswagen zu erwähnen, waren nicht von durchschlagendem Erfolg gekrönt und verliefen anschließend schnell im Sande. Die Probleme, die bis dato nicht hinreichend in den Griff zu bekommen waren, reichten von unzureichender Lebensdauer über enormen Platzbedarf und hohen Geräuschemissionen bis hin zu nicht vermeidbarem Energieverlust.
Was ist also besser an dem neuerlichen Versuch mit dem MCE-5 VCRi? Wichtigstes Argument ist hier wohl der nahezu serienreife Eindruck, den das Projekt mittlerweile vermittelt. Die Versuchsmotoren laufen bereits in Testfahrzeugen und haben dort ihre Standfestigkeit und Haltbarkeit im Feld beweisen können. Auch die gemessene Leistung und die damit verbundenen Verbrauchswerte bestätigen, dass der von den Entwicklern eingeschlagene Weg eine echte Alternative zu herkömmlichen Downsizing- und Downspeeding-Motoren darstellen könnte.
Der große Vorteil der aktuellen Entwicklung ist der, dass heute leistungsfähige Computer zur Verfügung stehen, die bei der Einstellung des Verdichtungsverhältnisses sehr hilfreich sind. Nach wie vor basiert die Technik jedoch auf einer vergleichsweise aufwendigen Mechanik, mit deren Hilfe sich das Verdichtungsverhältnis stufenlos von 6 : 1 bis 15 : 1 einstellen lässt. Herzstück dabei ist ein einem Zahnrad ähnelndes High-tech-Bauteil, mit dessen Hilfe sich der effektive Kolbenhub variieren lasst.
Das Zahnrad überträgt dabei die Kräfte des Pleuels auf die Kurbelwelle. Bei einer Motordrehzahl von 6.000/min oszilliert das Bauteil mit 120 Hz, Bei maximalem Drehmoment muss es Kräfte von mehr als 5,5 t absorbieren, und das 30-mal pro Sekunde. Dabei beträgt sein Wirkungsgrad 0,997, lediglich drei Tausendstel der übertragenen Arbeit werden in Verlustwärme umgewandelt. Erstaunlich daran ist, dass dieses aus Einsatzstahl gefertigte Präzisionsteil in einer Großserienfertigung lediglich rund 15 Euro kosten würde.
Blick unter die Haube
Abgesehen von einigen zusätzlich installierten Komponenten, an denen klar zu erkennen war, dass es sich bei dem Fahrzeug um einen Versuchsträger handelte, wirkte das Aggregat bei der Präsentation in Genf optisch sehr seriennah. Der Zylinderkopf unterscheidet sich prinzipiell nicht von einem herkömmlichen Kopf eines Ottomotors, der Motorblock ist nur unwesentlich voluminöser als der eines normalen Hubkolbenmotors. Da der Motor aber mit nur 1,5 l Hubraum auskommt und dabei die Leistung eines wesentlich hubraumstärkeren Saugmotors erreicht, ist der Gesamtplatzbedarf des Triebwerks recht gering.
Der Motor verfügt über zwei hintereinander geschaltete Turbolader mit Luft/Wasserkühlung und entwickelt bei 5.300/min 160 kW Leistung. Bereits bei 1.800/min liegt das maximale Drehmoment von 480 Nm an. Die angegebenen Verbrauchswerte des immerhin 1.640 kg schweren Demonstrationsfahrzeugs liegen bei 5,3 l im Mischbetrieb, im Stadtverkehr bei 8,5 l und gemischt bei 6,5 l
Erstaunlich ausgereift
Die Fahrt im Prototyp verlief recht unspektakulär, was aber in Anbetracht des Entwicklungsstatus des Motors eher ein Kompliment darstellt. So war der Versuchsträger, ein handgeschalteter Peugeot 407, auf Anhieb problemlos zu bewegen. Auffällig war die Leistungsentfaltung bei mittleren und höheren Drehzahlen, eine niedertourige Fahrweise hingegen quittierte das 1,5-l-Aggregat nicht gerade mit Temperamentsausbrüchen. Das mag aber auch an dem lang übersetzten Originalgetriebe des Peugeot 407 liegen, das die Entwickler beibehalten haben. Sicherlich ist diese Schwäche durch verbessertes Anpassen aller Parameter noch zu beheben.
Dass sich der Motor auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten rechnen könnte, lässt sich anhand des Vergleichs der Mehrkosten für den Motor und des Einsparpotenzials an Kraftstoff recht schnell ermitteln: In einem Kleinwagen soll ein Vierzylinder-MCE-5 VCRi-Triebwerk lediglich rund 300 Euro mehr kosten als ein konventioneller Ottomotor. Auch im Vergleich zum Diesel steht der neue Motor gut da, denn allein ein Partikelfilter kostet rund 300 Euro Mehrpreis. Und ein Vollhybrid-System für einen 100-kW-Motor liegt bei rund 3.000 Euro.
Das Unternehmen hat noch einige Verbesserungen hinsichtlich Leistung und Verbrauch angekündigt, prinzipiell scheint es aber, als habe der Motor nur noch einige Kinderkrankheiten. Jetzt liegt es eigentlich nur noch an den Automobilherstellern, auf den Zug aufzuspringen und den VCRi-Motor in Serie zu fertigen. Vielleicht können wir auf dem Genfer Salon 2013 ja schon den ersten wirklich seriennahen Prototypen bewundern.
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