Langjährige Herstellergarantien

Lockangebot oder Rundum-sorglos-Paket?

Immer mehr Pkw-Halter binden sich mit langjährigen Fahrzeuggarantien an markengebundene Werkstätten. GVA-Präsident Thomas Vollmar erklärt im Interview, welche Auswirkungen der Trend auf den Aftermarket hat.

Mehrjährige Fahrzeuggarantien einiger Automobilhersteller versprechen Endverbrauchern ein sorgenfreies Autoleben – doch halten sie auch ihre Versprechen? Bild: Kannapat – stock.adobe.com

Setzen Endverbraucher aktuell verstärkt auf den Service von Markenwerkstätten? Das könnte man annehmen, denn einige OEMs erweitern ihre Fahrzeuggarantien. Und die scheinen bei den Kunden gut anzukommen. So teilte Toyota kürzlich mit, dass die Relax-Garantie 2024 knapp 270.000 Kunden bedient hat – ein Plus von 21 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Diese Garantie soll nach Ablauf der dreijährigen Neuwagengarantie automatisch greifen und verlängerten Schutz von bestimmten Bauteilen bis zu einem Fahrzeugalter von 15 Jahren oder einer maximalen Laufleistung von 250.000 Kilometern bieten.

Vorausgesetzt sind die turnusgemäßen Inspektionen – dann verlängert sich die Garantie je nach Modell um ein oder zwei Jahre. Zudem ist für fast alle E-Autos eine Batteriegarantie von 10 Jahren/ 250.000 Kilometern mit drin. Bei einem Weiterverkauf des Fahrzeugs sei die Relax-Garantie den Angaben nach auf den neuen Eigentümer übertragbar.

Auch Citroën ergänzte kürzlich die zweijährige Neuwagengarantie um das „We-Care“-Programm. Es gilt für sechs weitere Jahre beziehungsweise 160.000 Kilometer und deckt Motor, Getriebe und Antriebsstrang aller Pkw ab. Bei E-Autos sind zudem mechanische, elektrische oder elektronische Teile dabei, die aufgrund eventueller Defekte eine normale Nutzung des Fahrzeugs nicht zulassen würden. Die We-Care-Garantie soll das Engagement der Marke unterstreichen, die Kunden langfristig zu unterstützen, so der Autobauer. Doch ist es eigentlich nicht genau andersherum? Unterstützen Kunden damit nicht eher den Fahrzeughersteller und seine markengebundenen Werkstätten?

Krafthand hat daher Thomas Vollmar, Präsident des Gesamtverbands Autoteile-Handel (GVA), nach seiner Einschätzung gefragt, ob die langjährigen Herstellergarantien „Lockangebote“ sind, um Kunden weitere Jahre an die Markenwerkstätten zu binden, und wie Betriebe des Aftermarket darauf reagieren sollten.

GVA-Präsident Thomas Vollmar erkennt bereits den Trend zu immer längeren Garantien der Fahrzeughersteller und warnt vor möglichem unlauteren Wettbewerb. Bild: GVA

Herr Vollmar, zeigt sich bei den Herstellergarantien ein Trend, mit dem OEMs das Ziel verfolgen, die Autofahrer länger in den markengebundenen Werkstätten zu halten? Und greifen sie dabei zu immer „aggressiveren“ Mitteln?

Der Trend ist zu erkennen und wir sind auch in zwei Fällen dagegen vorgegangen. Der Aftermarket ist stabil und sichert Umsätze, da ist es vollkommen logisch, dass Fahrzeughersteller in dieser Situation versuchen, den verlorenen Boden gut zu machen. Die Akteure des freien Markts nehmen das sportlich, solange es fair bleibt. In den Fällen, bei denen ein irreführender Eindruck erweckt wird – etwa, dass das Aufsuchen einer freien Werkstatt die Garantiezeit verkürzt –, schreiten wir ein, da es unlauterer Wettbewerb ist.

Betrachten Sie manche Garantieversprechen als Lockangebote, bei denen einige Kfz-Teile dann doch von der Garantie ausgenommen sind?

Häufig wirkt es in der Tat so. Ohnehin gilt, dass der Austausch typischer Verschleißteile in der Regel nicht abgedeckt ist, sodass man sich fragen muss, was eine Garantie neben den hohen Preisen für Reparatur und Wartung in Vertragswerkstätten überhaupt wert ist. Kundenbindungsprogramme sind nichts Ungewöhnliches oder Verwerfliches, solange sie nicht gegen geltendes Recht verstoßen oder dabei versucht wird, Wettbewerbsvorteile durch Irreführung zu erlangen.

Wie reagieren die Akteure des IAM? Sollten sie Gegenangebote entwickeln?

Die Werkstätten als größte Kundengruppe der GVA-Mitglieder wissen, auf wen sie sich verlassen können, damit der Fahrzeughalter sein Auto zuverlässig sowie zu fairen Preisen repariert und gewartet bekommt. Denn eins ist klar, jede Garantie, die das Vertragsnetz ausruft, muss vom Kunden bezahlt werden. Deshalb ist die Frage, ob die Vorteile einer Garantie nicht durch die höheren Preise „aufgefressen“ werden, die Markenwerkstätten für Teile und Leistungen außerhalb der Garantie aufrufen, wie schon für die Durchführung von Inspektionen. Dementsprechend bietet sich der freie Markt von vornherein als günstigere Alternative an.

Herr Vollmar, vielen Dank.

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