Künftige Fahrzeugklimaanlagen können mehr
Lange Zeit bestand die Aufgabe der Fahrzeugklimatisierung hauptsächlich darin, die Innenraumluft im Sommer und im Winter auf angenehme Temperaturen zu bringen. Im Laufe der Zeit haben sich Klimaanlagen jedoch zu ausgeklügelten automatischen Systemen gemausert, mit denen sich die Insassen ihr individuelles Wohlfühlklima generieren können. Und angesichts der fortschreitenden Elektrifizierung werden sich Klimaanlagen wohl immer mehr zu einem Teil des Antriebsstrangs wandeln.
Klimakomfort zeichnet sich heute schon längst nicht mehr nur dadurch aus, dass der Fahrzeuginnenraum möglichst schnell und effektiv geheizt oder gekühlt wird. Denn mit dem Leistungsvermögen der Klimasysteme sind auch die Ansprüche der Insassen gewachsen. So ist es mittlerweile kein Privileg der automobilen Oberklasse mehr, unterschiedliche Zonen der Fahrzeugkabine gleichzeitig und dennoch getrennt voneinander zu klimatisieren, verschiedene Temperaturen im Fuß- und Kopfraum zu generieren und bei der Wärmeverteilung auch noch den Sonnenstand zu berücksichtigen. Vielmehr ist an jedem einzelnen Sitzplatz ein individuelles Wohlfühlklima möglich. Und auch die Luftgüte ist ein zentraler Aspekt des Klimakomforts: von der Filtration über die Sensorik bis hin zur individuellen Innenraumbeduftung.
Die Vierzonenklimatisierung mit individuell einstellbarer Luftmenge auf jedem Sitzplatz, einer unabhängig voneinander einstellbaren Kopf- und Fußraumtemperatur, einer angenehmen Akustik sowie einer zugfreien Belüftung mittels spezieller Komfortdüse kommt dem Ziel des perfekten automotiven Klimakomforts schon sehr nahe – doch das ist den Thermomanagementspezialisten von Mahle noch nicht genug.
Mehr Effizienz, geringer Verbrauch
Benötigten Klimaanlagen früher im Jahresschnitt noch rund 0,5 l/100 km des teuren Kraftstoffs, begnügen sich aktuelle Systeme mit geringen 0,2 l/100 km. Doch die Ingenieure des Stuttgarter Unternehmens wollen diesen Wert nochmals senken, indem sie die Kraftstoffeffizienz moderner Fahrzeuge weiter erhöhen – unabhängig vom verwendeten Kältemittel und unabhängig von der jeweiligen Antriebskonfiguration. Eine Vielzahl von Verbesserungen und Innovationen soll dies ermöglichen.
Was bislang schon möglich ist, zeigten Mahle und BHTC (Behr-Hella Thermocontrol) bereits 2014 mit dem Cool-Efficiency-Konzept. Dabei handelt es sich um ein ganzes Bündel von Maßnahmen, darunter die optimierte Regelung des Klimageräts und innovative Verbesserungen am Kältekreislauf, beispielsweise durch die thermische Rekuperation mit Hilfe eines von Mahle entwickelten Speicherverdampfers. Bei Fahrzeugen mit elektrifiziertem Antriebsstrang indes helfen effiziente elektrische PTC-Luftheizer, den Innenraum batterieschonend zu temperieren. Und durch den Einsatz von Wärmepumpen (WP) könnte die Reichweite noch weiter verbessert werden.
Klimatisierung der Ladeluftkühlung
Downsizing gehört bekanntlich zu den effektivsten Maßnahmen, um den Kraftstoffverbrauch zu senken. Damit dies optimal funktioniert, ist ein Ladeluftkühlungssystem notwendig. Eine möglichst kalte Ladeluft ist deshalb so wichtig, weil die beim Verdichten im Turbolader erhitzte Luft gleich mehrere Nachteile für die Verbrennung mit sich bringt: Die Klopfneigung steigt, ebenso der Stickoxidausstoß. Zudem nimmt mit steigender Temperatur die Dichte der Ladeluft ab – und damit die maximal im Brennraum verfügbare Sauerstoffmenge. Außerdem werden sämtliche Motorkomponenten thermisch höher belastet.
Mahle hat deshalb mit der indirekten sowie der indirekten und kaskadierten Ladeluftkühlung bereits zwei Methoden im Köcher, um die erwärmte Ladeluft möglichst effektiv zu kühlen. Physikalisch bedingt liegt aber auch mit diesen Kühlungsmethoden die erreichbare Ladelufttemperatur immer noch über der Umgebungstemperatur – und damit nicht im optimalen Bereich. Deshalb soll die Klimaanlage in der nächsten Stufe einen Teil der Ladeluftkühlung übernehmen. Die Entwickler verknüpfen dazu erstmals den Kühl- und Kältemittelkreislauf im Ladeluftkühlsystem und durchbrechen diese physikalische Grenze, indem sie mit der Überschussleistung der Klimaanlage die Ladeluft unterkühlen und ihr so zu mehr Dichte verhelfen.
Dazu wird das hierfür eigens entwickelte neuartige iCAS(integrated Charge Air Subcooling)-Saugrohr parallel zum Klimaverdampfer über einen Chiller (Kältemittel-Kühlmittel-Wärmeübertrager) mit Expansionsventil verschaltet (siehe auch Bild auf Seite 54). Dieser Chiller wiederum speist den integrierten Wärmeübertrager, den sogenannten Charge Air Subcooler, mit unterkühltem Kühlmittel. Über eine Bypass-Klappe lässt sich je nach Bedarf zwischen der Unterkühlfunktion und der regulären, direkten Ladeluftkühlung umschalten. Durch diese Maßnahme steigt die Fahrzeugdynamik beträchtlich, ohne den Innenraumkomfort zu beeinträchtigen und den Kraftstoffverbrauch zu erhöhen.
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