Toyota brachte 1997 unter dem Namen Prius ein Hybrid-Fahrzeug auf den Markt und war damit anderen Autobauern voraus. Das jüngste Modell der Prius-Baureihe ist eine Plug-in-Variante, mit der über 20 Kilometer lautloses Fahren möglich ist. KRAFTHAND-Online sprach mit Dirk Breuer, Pressesprecher von Toyota, über das Antriebskonzept, die Lithium-Ionen-Batterie und andere technische Details.
Einen ausführlichen Artikel zu diesem Thema finden Sie im Artikel von Redakteur Torsten Schmidt in KRAFTHAND 18/2012 (erscheint am 6. Oktober).
Herr Breuer, wie lange hält die Lithium-Ionen-Batterie im Toyota Prius (Lebensdauer)?
Die Batterielebensdauer ist auf die Fahrzeuglebensdauer ausgelegt. Dies sind bei Toyota etwa 15 Jahre. Das ist möglich, da der Hybridantrieb ergänzend noch einen Verbrennungsmotor verwendet und so die Batterie in einem Ladefenster betrieben wird. Dies wirkt sich positiv auf die Lebensdauer aus.
Wie steht es um die Temperaturempfindlichkeit der Lithium-Ionen-Batterie?
Grundsätzlich sind alle Batterien temperaturempfindlich. Kälte verringert die Kapazität, Hitze reduziert die Lebensdauer. Wir haben in mehr als 15 Jahren bereits über 4,2 Millionen Batterien in Hybridfahrzeugen verkauft. Unsere Kunden nutzen die Fahrzeuge auf allen Kontinenten und damit in allen Klimazonen. So haben wir sehr viel Erfahrung bei der Konstruktion von Batterien gesammelt.
Bis zu welcher Minus-Temperatur erlaubt der Akku elektrisches Fahren?
Falls kein Heizbedarf vom Fahrer angefordert wird, so ist bis minus sieben Grad eine elektrische Fahrt möglich. Bei Temperaturen darunter startet in jedem Fall zusätzlich der Verbrenner.
Warum ist unter einer bestimmten Minustemperatur kein rein elektrisches Fahren mehr möglich?
Grundsätzlich wird der Nutzer die Innenraumheizung aktivieren. Da ein Verbrennungsmotor als Wärmequelle prädestiniert ist, wird er zur Aufheizung genutzt. Bei einer Batterie nimmt die Leistung bei Minustemperaturen ab. Da eine Heizleistung von etwa fünf Kilowatt benötigt wird, reduziert sich auch die Leistung für den Antrieb. Zudem wird die Lebensdauer der Batterie negativ beeinflusst, falls der Stromfluss bestimmte Grenzwerte überschreitet.
Unternimmt Toyota Anstrengungen, das Vorhaben eines flächendeckendes E-Tankstellennetzes voranzutreiben?
Ja, es gibt global verschiedene Aktivitäten, die Ladeinfrastruktur auszubauen. Dabei gibt es zwei Schwerpunkte: Intelligente Einbindung der Traktionsbatterie ins Haus und öffentliche Ladeinfrastruktur. Seit April 2012 gibt es bei der Toyota Housing Sparte bereits Häuser zu kaufen, die auf die Bewirtschaftung einer Traktionsbatterie ausgelegt sind.
Welche Anstrengungen konkret?
Die Kosten für die Batterien amortisieren sich schneller, wenn sie zusätzliche Funktionen übernimmt. Konkret wird dies in Smart-Grid-Projekten erprobt. Einzelne Häuser oder kleine Siedlungen werden dabei favorisiert. In Rokkasho Village im Norden Japans wird ein Freilandversuch mit ausschließlich regenerativer Stromerzeugung und einem ‚Strom-auf-Abruf‘-Stromnetz erfolgreich betrieben. Dabei sind Strom- und Datenleitung verflochten, um mit Lichtgeschwindigkeit die Verbrauchsanforderungen der Bewohner an die Bereitstellung anzupassen. Dabei ist die Traktionsbatterie gemeinsam mit einer fest installierten Batterie in die Hauselektrik eingebunden, um Lastspitzen zu puffern. Die zweite Variante ist die klassische Ladeinfrastruktur für den öffentlichen Raum. Hierbei werden jeweils mit verschiedenen Partnern auch Bezahlsysteme erprobt.
Wenn das Fahrzeug defekt ist, kann ein Pannendienst die Reparatur vornehmen oder muss die nächste Vertragswerkstatt angesteuert werden?
Hybrid und Elektrofahrzeuge haben störanfällige Bauteile wie Keilriemen, Lichtmaschine, Anlasser nicht mehr verbaut. Klassische Pannen wie ein Reifenplatzer, Leuchtmittel oder Scheibenreparatur sind identisch mit gewohnten Fahrzeugen.
Können auch freie Werkstätten einen Plug-in vollumfänglich reparieren beziehungsweise instandsetzen oder gibt es Grenzen?
Die Hybrid- und Batterietechnik ist grundsätzlich bei Toyota wartungsfrei. Wenn Karosserie Arbeiten einen bestimmten Umfang überschreiten, muss die Hochvolt-Anlage natürlich sachkundig gesichert werden. Wenn der Antrieb selbst Probleme bereiten sollte, wird ohne tiefere Kenntnisse des Hybridantriebs vermutlich schnell eine Grenze erreicht werden.
Wo verlaufen beim Toyota Prius für die freien Werkstätten die Grenzen bei der Reparatur beziehungsweise Instandsetzung?
Im Grunde gibt es mechanisch keine besonderen Herausforderungen bei dieser Technik. Schrauben, Stehbolzen, Muttern und Clipse sind im Grunde identisch mit herkömmlichen Fahrzeugen. Fachwissen ist jedoch erforderlich wenn Funktionsstörungen im vernetzten Elektrik- Elektronikbereich auftreten.
Sehen Sie beim Plug-in weiteres Potential im Hinblick auf die Energieeinsparung?
Natürlich verbleibt immer Raum für Verbesserungen. Auf dem Genfer Automobil Salon wurde Anfang diesen Jahres der „Future B-Segment Hybrid“, Kürzel FT-Bh, vorgestellt. Dabei wurde eindrucksvoll gezeigt wie ein kleiner Zweizylindermotor gepaart mit dem Hybridantrieb des aktuellen Yaris in einer besonders leichten und aerodynamisch optimierten Karosserie mit lediglich 2,1- oder als Plug-in Variante mit 0,8 Liter Kraftstoff 100 Kilometer weit fahren kann.
Wird Toyota das Plug-in-Konzept auch auf andere Modelle wie den Yaris oder den Auris übertragen?
Da unsere Vollhybridtechnik bei der Plug-in Version technisch exakt identisch ist kann praktisch jedes Modell um diese Variante erweitert werden. Wenn Kunden die Mehrkosten von Batterie und Ladeanlage akzeptieren, stünde einem Ausbau der Plug-in Modelle eigentlich nichts im Wege.
Herr Breuer, wir bedanken uns für das Gespräch.
Die Fragen stellte Ralf Lanzinger