Krafthand-Online im Gespräch: ‚Blue-e-Motion‘-Elektroantriebe von Volkswagen
Volkswagen startete kürzlich die dritte Erprobungsflotte des elektrisch angetriebenen Golf ‚Blue-e-Motion‘ und übergab fünfzehn Fahrzeuge an französische Großkunden und Privatpersonen. Getestet werden soll die Alltagstauglichkeit im Metropolverkehr von Paris, der durch hohes Verkehrsaufkommen und lange Pendelwege geprägt ist.
Dr. Rudolf Krebs, Generalbevollmächtigter des Volkswagen-Konzerns für Elektro-Traktion, beantwortete die Fragen von Krafthand-Online.
Krafthand-Online: Geht der Golf ‚Blue-e-Motion‘ in absehbarer Zeit in Serie oder bleibt er Pilotprojekt?
Dr. Rudolf Krebs: 2013 ist für Volkswagen das Schlüsseljahr der Elektromobilität. Zuerst bringen wir den e-up! als ideales Fahrzeug für die urbane Mobilität und kurze Zeit danach den Golf Blue-e-Motion auf den Markt.
Krafthand-Online: Wie beurteilen Sie die Entwicklung bei Elektroantrieben in den nächsten Jahren?
Dr. Rudolf Krebs: Die Volkswagen-Konzernforschung beschäftigt sich seit den 70er Jahren mit dem Thema Elektromobilität. Seitdem wurden viele Fahrzeuge mit unterschiedlichster Technologie aufgebaut und sogar in den 90er Jahren in Kleinserie gebracht (zum Beispiel Golf CitySTROMer). Erst mit der neuen Lithium-Ionen-Batterie sehen wir jetzt die Chance zu einem nachhaltigen Markterfolg. Seit 2010 bieten wir bereits Full-Hybride wie den Touareg-Hybrid und ab diesem Jahr den Jetta-Hybrid an. Die Entwicklungen hierzu sind noch nicht abgeschlossen, aber unser Ziel ist es, ab 2013 Elektrofahrzeuge und ab 2014 Plug-In-Hybride alltagstauglich, sicher und bezahlbar auf den Markt zu bringen. Die Entwicklung von Elektroantrieben ist extrem dynamisch und wird es auch in den nächsten Jahren bleiben.
Krafthand-Online: Worin bestehen die Schwierigkeiten?
Dr. Rudolf Krebs: Die großen Herausforderungen bei der Elektromobilität konzentrieren sich im wesentlichen auf die Fahrzeugbatterie. Wir stellen hohe Anforderungen an Lebensdauer, Leistung und Sicherheit der Batterie. Für den Kunden sind außerdem die Fahrzeugreichweite und damit verbunden ein hoher Energiegehalt der Batterie sowie die Kosten von großer Relevanz. Eine Fahrzeugbatterie kostet heute noch um die 10.000 Euro. Um gegenüber einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor wettbewerbsfähig zu werden, müssen die Kosten der Batterien in den kommenden Jahren noch deutlich sinken.
Krafthand-Online: Wie steht es um die Temperaturanfälligkeit (Kälte) der Elektrokomponenten (Batterie)?
Dr. Rudolf Krebs: Die Reichweite des Golf Blue-e-Motion liegt im NEFZ-Fahrzyklus bei 150 Kilometern. Bei sehr kalten Temperaturen und einer entsprechenden Nutzung fahrzeugspezifischer Verbraucher wie zum Beispiel der Heizung kann sich die Reichweite um ein gutes Drittel reduzieren. Unser Komponentenwerk in
Braunschweig beschäftigt sich sehr intensiv mit der Fahrzeugbatterie und der dazugehörigen Leistungselektronik, um die Batterieeigenschaften auch in Extremsituationen zu optimieren.
Krafthand-Online: Welche Ziele verfolgt VW bei alternativen Antrieben insgesamt?
Dr. Rudolf Krebs: Wir werden in den nächsten Dekaden eine Koexistenz von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren, Hybridantrieb und reinem E-Antrieb sehen. Daher verfolgen wir konsequent die weitere Optimierung unserer hocheffizienten TDI-, TSI- und TFSI-Motoren sowie der DSG-Getriebe. Ein zweites Standbein sind Erdgas-Fahrzeuge in Verbindung mit zukünftigen Biokraftstoffen. Darüber hinaus treiben wir unsere Aktivitäten im Bereich der Elektrifizierung des Antriebsstranges sehr konsequent voran. Das Angebot an Hybridfahrzeugmodellen hat der Volkswagen Konzern 2011 ausgebaut und wird es 2012 noch weiter ergänzen. Nach erfolgreichem Abschluss der deutschen Testflotte 2011 erproben wir den Golf Blue-e-Motion als reines Elektrofahrzeug seit Anfang 2012 international in Österreich, Belgien und kurzfristig auch in Frankreich und USA. Unsere Elektrofahrzeuge werden 2013 in die Großserie gehen, gefolgt von der Plug-In-Hybrid-Technologie 2014.
Für die langfristige Perspektive arbeiten wir intensiv an der Brennstoffzellentechnologie. Hierzu baut Volkswagen gerade die vierte Generation von Forschungsfahrzeugen mit Brennstoffzellen auf. Im
Rahmen der Clean Energy Partnership (CEP) testen wir derzeit die Alltagstauglichkeit der Technologie mit jeweils zwei Volkswagen Tiguan HyMotion, CaddyMaxi HyMotion und Audi Q5 HFC. Bis zur
Serienreife werden aber noch mindestens zehn Jahre vergehen. Parallel dazu ist der Ausbau einer Wasserstoffinfrastruktur sowie CO2-effiziente Produktionsverfahren von Wasserstoff erforderlich.
Alle Technologiefelder und die genannten Aktivitäten sind Bestandteil der Antriebs- und Kraftstoffstrategie von Volkswagen.
Krafthand-Online: Besteht noch Potential beim Verbrauch?
Dr. Rudolf Krebs: Der Verbrauch und damit die Reichweite lässt sich bei den heutigen Lithium-Ionen Batterien in den nächsten Jahren sicherlich noch etwas verbessern. Für Reiseentfernungen, die wir heute gewöhnt sind,
bedarf es aber einer anderen Batteriechemie. Im Rahmen unserer Forschungsaktivitäten forschen wir intensiv an alternativen Chemieverbindungen, allerdings ist ein möglicher Serieneinsatz keinesfalls vor
2020 realistisch. Auch hier gilt es, den idealen Kompromiss zwischen Lebensdauer, Leistung, Energiegehalt, Sicherheit und Kosten der Batterie zu finden.
Krafthand-Online: Gibt es ein flächendeckendes Wartungs- und Reparaturnetz, das auch die freien Werkstätten mit einbezieht?
Dr. Rudolf Krebs: Für Arbeiten an der Hochvolt-Fahrzeugbatterie bedarf es einer besonderen Qualifizierung des Werkstatts- und Servicepersonals. Zur Markteinführung werden unsere Händler und Servicewerkstätten für spezielle Hochvolt-Arbeiten geschult und qualifiziert sein. Für freie Werkstätten können wir hier nicht sprechen.
Die Fragen stellte Ralf Lanzinger
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