Nach 100 Tagen zieht Jeffrey Kilian, Vorsitzender der Bundesfachgruppe freie Werkstätten im ZDK, im Interview Bilanz und schildert, wie Werkstattunternehmer nach den neuen Richtlinien an RMI-Daten gelangen, welche Fragen immer wieder auftauchen, wie das Portal serma.eu angenommen wird und inwiefern das SERMI-Scherma eine Blaupause für weitere werkstattrelevante Themen werden könnte.
Herr Kilian, welche Bilanz ziehen Sie nach fast 100 Tagen SERMI-Einführung von Verbandsseite?
Die Einführung von SERMI in Deutschland am 1. April verlief erfolgreich. Viele Fahrzeughersteller haben ihre Portale und Diagnosegeräte umgestellt. Obwohl wir bereits im Vorfeld wussten, dass sicherheitsrelevante RMI von den Herstellern unterschiedlich interpretiert und umgesetzt würden, funktioniert das System dennoch wie geplant.
Wie viele (freie) Betriebe haben sich über das Portal bislang den weiteren Zugang zu diebstahl- und sicherheitsrelevanten Daten gesichert?
Die verschiedenen Anbieter veröffentlichen dazu keine Zahlen. Von der SERMA GmbH wissen wir aber, dass sie bereits mehr als 2.000 Zertifikate und Autorisierungen ausgestellt hat. Sie dürfte damit in Deutschland absoluter Marktführer sein.
Die SERMA GmbH hat bereits mehr als 2.000 Zertifikate und Autorisierungen ausgestellt.
Gibt es Ihrer Kenntnis nach Werkstätten, die ohne SERMI-Zugang weiterarbeiten? Was hören Sie von diesen Betrieben?
Absolut. Alle Werkstätten, die bisher ohne Remote-Diagnosegerät und ohne Herstellerdiagnosegerät gearbeitet haben, können wie gewohnt ohne SERMI-Zertifikat weiterarbeiten. Einige Werkstätten, die diese Geräte nutzen, warten dennoch ab. Es ist aber damit zu rechnen, dass sie schon bald keinen Zugang mehr zu Unterlagen wie Stromlaufplänen oder Reparaturanleitungen haben oder in der Diagnosesoftware nicht mehr weiterkommen. Daher empfehle ich, sich frühzeitig darum zu kümmern, wenn man in seiner Werkstatt mit Original-Herstellerdiagnose arbeiten oder den Ferndiagnoseservice vollumfänglich nutzen möchte.
Gibt es spezielle Herausforderungen für Werkstätten, mit denen sich Betriebe bei der „Umstellung“ auseinandersetzen mussten und sich deshalb Rat bei Ihnen als Ansprechpartner für freie Werkstätten gesucht haben?
Natürlich gibt es wie bei allem Neuen anfängliche Schwierigkeiten, aber grundsätzlich soll SERMI eine Erleichterung bringen, indem nicht mehr bei allen Herstellern spezielle Freischaltungen sowie Rechte und Rollen beantragt werden müssen. Die Umstellung mag zunächst als Hürde erscheinen, aber sobald sie abgeschlossen ist, stellt sie sicher eine Erleichterung dar und ist auch kostengünstiger, da diese Schritte nicht mehr für jeden Hersteller separat durchgeführt und bezahlt werden müssen.
Was waren oder sind konkrete Fragen?
Das Thema ist nicht ganz trivial, daher gibt es oft Unsicherheiten und Nachfragen, etwa was genau unter diebstahl- und sicherheitsrelevante Reparatur- und Wartungsdaten fällt. Eine eindeutige Antwort darauf gibt es leider nicht, weil jeder Hersteller selbst entscheidet. Hier sind gute Informationen wichtig. Die SERMA GmbH bietet beispielsweise regelmäßige Webinare an, in denen anhand von Praxisbeispielen erläutert wird, was darunterfällt. Ich unterstütze auch gerne bei allen Fragen, etwa welche Diagnosegeräte betroffen sind.
Ich halte es für notwendig, dass das SERMI-Schema erweitert wird, damit Kfz-Profis mit dem Zertifikat auch das Security Gateway freischalten können und dafür keine weiteren Nachweise und Registrierungen benötigen.
Ist absehbar, ob das SERMI-Schema als eine Art zentrales Registrierungsportal für weitere werkstattrelevante Themen eingeführt wird?
Das wäre ein sinnvoller Schritt und der ZDK befürwortet dies. Ich wünsche mir einen Abbau der Bürokratie und einen standardisierten Weg, um Zugriff auf Diagnosedaten sowie Reparaturunterlagen zu erhalten. Daher halte ich es für notwendig, dass das SERMI-Schema erweitert wird, damit Kfz-Profis mit dem Zertifikat auch das Security Gateway freischalten können und dafür keine weiteren Nachweise und Registrierungen benötigen. Durch das SERMI-Schema haben wir einen europaweiten Standard und unabhängige sowie akkreditierte Konformitätsbewertungsstellen, die Werkstätten einheitlich in ganz Europa prüfen. Daher spreche ich mich definitiv aus praktischen und Wettbewerbsgründen für ein standardisiertes Verfahren mit einem Zertifikat für alle Zugriffe aus.
Herr Kilian, vielen Dank.
Die Fragen stellte Kerstin Thiele.