Kia: Neue Mittelklasse-Baureihe
Kias Versuche hierzulande in der Mittelklasse Fuß zu fassen sind bislang alle gescheitert. Auch der bis 2010 verkaufte Magentis konnte keine Erfolge verzeichnen. Mit dem Optima startet Kia ab April 2012 jetzt eine neue Offensive – aufgrund eines komplett neuen Konzepts diesmal mit deutlich besseren Chancen. KRAFTHAND fuhr die Limousine in Nizza zur Probe.
Der Optima ist bei den Händlern in Europa seit Dezember 2011 erhältlich. In Amerika und Asien ist er bereits seit 2010 zu haben und dort ein Verkaufsschlager. Rund 200.000 Einheiten wurden laut Hersteller schon verkauft. In Deutschland muss sich das Modell ab April 2012 gegen Platzhirsche wie Volkswagen Passat, Opel Insignia oder Ford Mondeo erst behaupten. Denn bislang konnte der koreanische Autobauer seine Kunden nur mit niedrigen Preisen in die Verkaufsräume locken; die Modelle ließen keine großen Emotionen aufkommen.
Der Anbieter rechnet nun aber fest damit, dass der in Südkorea schlicht ‚K5’ gennannte Optima auch in Europa den Marktanteil im sogenannten D-Segment deutlich steigern wird. Warum? Der Wagen ist ein von Grund auf neu entwickeltes Modell. Er ist länger, flacher, breiter und hat einen größeren Radstand als alle bisherigen Kia-Modelle in diesem Segment.
Zum hiesigen Marktstart wird der Optima nur mit einem 1,7-l-CRDi-Dieselmotor angeboten, dessen Turbolader mit variabler Turbinengeometrie (VTG) arbeitet. Der 100 kW starke Selbstzünder stellt von 2.000 bis 2.500/min ein maximales Drehmoment von 325 Nm zur Verfügung, ist jedoch im Fahrkomfort sehr rau und nicht zu überhören. In Verbindung mit dem optionalen Sechsgang-Automatikgetriebe ist die Limousine zwar ausreichend motorisiert, aber spürbar weniger agil als beispielsweise der Wolfsburger Klassenprimus Passat mit 2,0-TDI-Motorisierung mit 103 kW und 320 Nm Drehmoment Leistung. Auch im Spurt auf Tempo 100 sind für mich kleine Schwächen zu erkennen.
Ab Sommer 2012 folgt dann die Einführung eines 2,0-l-Benziners mit 125 kW und im Herbst eine Hybridvariante. Laut Kia werden sich jedoch die Mehrzahl der Käufer für die Dieselversion entscheiden. In Deutschland sind beide Motorvarianten standardmäßig mit einem Schaltgetriebe kombiniert, die Automatik wird optional für die Modellversionen ‚Edition 7’ und ‚Spirit’ angeboten.
Die Hybridversion, die in bestimmten europäischen Ländern zum Einsatz kommt, kombiniert einen 2,0-l-Benziner mit einem Elektroantrieb. Diese europäische Variante soll Unternehmensangaben zufolge durchschnittlich 5,4 l Kraftstoff pro 100 km verbrauchen und die CO2-Emission soll bei 129 g/km liegen.
Design
Vier Aspekte standen beim Entwurf der neuen Limousine im Vordergrund: unverwechselbare Außenoptik, gute Fahreigenschaften, ausgefeilte Fahrzeugarchitektur und neue Ausstattungselemente. Aus diesem Produktkonzept entstand unter Leitung von Peter Schreyer in den Designzentren Frankfurt und Irvine, Kalifornien, das Erscheinungsbild des 4,85 m langen Optima. Dank der Balance zwischen den kräftigen Proportionen und der eleganten Schlichtheit der geschwungenen Dachlinie vermittelt der Wagen aus allen Blickwinkeln einen selbstbewussten Eindruck.
Einen hohen Wiedererkennungswert lassen die weit nach hinten gezogenen Scheinwerfer, ein markanter hantelförmiger Kühlergrill, das obligatorische LED-Tagfahrlicht sowie breite Rückleuchten erwarten. Dynamisch wirkt der Optima aufgrund seiner langen Motorhaube, kräftigen Proportionen und einer abfallenden, fast schon coupéartigen Dachlinie, was gleichzeitig zu einer sehr guten Aerodynamik beiträgt. Die sportliche Ausstrahlung wird in der Topversion ‚Spirit’ durch Elemente wie Sportstoßdämpfer vorne und hinten, Sportfrontgrill und Schwellerschürzen sowie schwarz lackierte Bremssättel noch verstärkt.
Ausstattungslinien
Die Basisversion ‚Attract’ verfügt unter anderem über eine Zwei-Zonen-Klimaautomatik, Geschwindigkeitsregelanlage, Audiosystem mit sechs Lautsprechern, Multifunktionslenkrad, höhenverstellbaren Fahrersitz mit elektrischer Lendenwirbelstütze, klimatisiertes Handschuhfach, elektrische Fensterheber vorn und hinten, Zentralverriegelung mit Funkfernbedienung sowie Frontscheinwerfer mit Escort-Funktion, Nebelscheinwerfer und LED-Blinkleuchten in den elektrisch einstellbaren Außenspiegeln.
Die Ausführung ‚Edition 7’ baut auf die Basisversion auf und umfasst unter anderem Einparksensoren und ein Einparkassistent, LED-Tagfahrlicht, Abbiegelicht, vordere Sitzheizung, elektrisch einstellbaren Fahrersitz mit Ventilationsfunktion zur Kühlung, Antibeschlagsystem für die Windschutzscheibe, beheizbare und elektrisch anklappbare Außenspiegel sowie elektrischen Innenraumzuheizer in der Dieselversion.
Zur Topversion ‚Spirit’ zählen neben den erwähnten Außendetails unter anderem ein Startknopf mit Smart-Key, ein Infinity-Soundsystem mit 12 Lautsprechern und externer 11-Kanal-Endstufe, Navigation, Rückfahrkamera und Aluminium-Sportpedale sowie eine Ambientebeleuchtung an den vorderen Türen und unten an der Zentralkonsole.
Komfort
Das Fahrwerk erweist sich bei den Ausritten an der Cote d’Azur in seinen Grundzügen als weich und komfortabel abgestimmt und ist daher eher für das entspannte Gleiten bestimmt. Diesen Eindruck unterstützt die Lenkung, die jedoch etwas an Präzision vermissen lässt. Sieht man vom rauen Motor ab, ist der Kia europäisch gut gedämmt. Auch die Wind- und Abrollgeräusche haben die Techniker erfolgreich aus dem Innenraum verbannt.
Die Kofferraumgröße ist mit einem Fassungsvermögen von 505 l gegenüber der Konkurrenz nur guter Durchschnitt. Bei umgeklappter Rücksitzbank verbleibt eine Stufe im Ladeboden, dies schränkt mit der kleinen Durchreiche die Nutzbarkeit erheblich ein.
Der lange Radstand von knapp 2,80 m macht sich vor allem im Fond bemerkbar, wo die Insassen eine große Beinfreiheit genießen. Jedoch stoßen Mitfahrer auf den hinteren Plätzen bereits ab einer Körpergröße von 1,75 m mit dem Kopf an den Dachhimmel. Selbst mit dem optionalen Panoramadach wird dies bei großen Fahrern und Beifahrern vorne sehr eng. Dafür ist die Passagierkabine ansprechend gestaltet, sie hinterlässt – von wenigen Details abgesehen – einen hochwertigen Gesamteindruck. Lediglich die stellenweise billigen Plastikteile rund um die Luftausströmer oder Türeinfassungen stören etwas.
Preisgefüge
In Deutschland startet der Optima-Benziner mit 24.490 Euro, der Diesel soll für unter 26.000 Euro zu haben sein. Für die Automatik dürften rund 1.000 Euro Aufpreis anfallen. Als Höchstgrenze nannte der Automobilhersteller rund 34.000 Euro. Eine genaue Preis- und Ausstattungsliste hat Kia bisher noch nicht veröffentlicht. Wahrscheinlich wird der Preis des Koreaners nicht nur spürbar günstiger ausfallen als die Modelle Passat und Insignia, der Wagen wird auch alle anderen Mitbewerber wie Peugeot 508 oder Mazda 6 preislich hinter sich lassen.
Allerdings kalkuliert Kia für das Jahr 2012 nur mit etwa 800 Käufern in Deutschland. Schuld daran sind laut eigenen Angaben die derzeit völlig ausgereizten Produktionskapazitäten in den Werken des Unternehmens. Das größte Hindernis in Europa für die Vermarktung wird allerdings das Fehlen eines Kombis sein. Aber immerhin denkt Kia über diese Option nach.
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