Ist Ihr Unternehmen sicher?
Am 01.01.2009 trat die umstrittene Reform des Erbschaftsteuerrechts in Kraft. Im Mittelpunkt steht eine marktnahe Bewertung des Grundvermögens. Die steuerliche Entlastung des Generationenwechsels bei Familienunternehmen wird in vielen Fällen allerdings an den Voraussetzungen scheitern – eine ‚Tragödie in zwei Akten’.
Bereits im Jahr 2005 hatte die bayerische Staatsregierung den Vorschlag unterbreitet, Unternehmensnachfolgen in der Erbschaftsteuer zu begünstigen. Handlungsbedarf bestand spätestens seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 07.11.2006 (Az.: 1 BvL 10/02), das damit die geltenden Bewertungsvorschriften für das Grundvermögen für nicht verfassungskonform erachtete.
Die Karlsruher Richter gaben dem Gesetzgeber nichtsdestotrotz bis zum 31.12.2008 Zeit, sich um eine Neuregelung zu bemühen.
Um zumindest kleineren Familienunternehmen steuerlich entgegenzukommen, mühten sich die Koalitionspartner bis zum letzten Moment ab, ein Ergebnis zustande zu bringen, dass zwar dem Papier nach eine Entlastung vorsieht, für die Länder allerdings steuerneutral, das heißt, ohne Verluste oder Einbußen für die Finanzkasse auskommt.
Klare Vorgaben aus Karlsruhe
Das Grund- und Betriebsvermögen war nach Auffassung der Karlsruher Richter mit durchschnittlich 60 bis 70 Prozent des ‚aktuellen’ Marktwertes bisher zu niedrig bewertet worden. Die neuen Bewertungsmethoden müssen sich nunmehr am Verkehrswert messen.
Bei Anteilen an Kapitalgesellschaften zieht der Gesetzgeber deswegen zunächst das Kaufdatum dieser Anteile heran. Liegt dieser Zeitpunkt bereits länger als ein Jahr zurück (das wird bei Familiengesellschaften die Regel sein), so sollen alternative Methoden diesen Markt- oder Verkehrswert abbilden. Hier kommt hauptsächlich das Ertragswertverfahren in Betracht.
Erfolgsaussichten bewertbar?
Das Ertragswertverfahren wird sich wahrscheinlich als Basismethode für die Bewertung von Einzelunternehmen, Personengesellschaften wie auch kleineren Kapitalgesellschaften (GmbH et cetera) etablieren. Grundlage dieses Verfahrens ist die Ermittlung eines voraussichtlich nachhaltig erzielbaren Jahresertrags. Damit soll die Zukunft des Unternehmens in die Gegenwart transferiert werden. Allerdings muss der Steuerberater dafür auf Vergangenheitswerte zurückgreifen. Das von den Finanzämtern favorisierte Modell, das so genannte ‚Stuttgarter Verfahren’, zieht als Basis die Ergebnisse der letzten drei Wirtschaftsjahre heran.
Ein solches Vorgehen ist allerdings dann fatal, wenn der Erbanfall oder die Übertragung des Unternehmens in den Zeitraum einer Krise fällt, die letzten Wirtschaftsjahre hingegen noch ein Konjunkturhoch repräsentieren.
Untergrenze und Verschonungsregeln
Liegen dem Finanzbeamten die für das ‚Stuttgarter Verfahren’ notwendigen Daten nicht vor, muss er als Untergrenze für die Vermögensbewertung den Substanzwert des Unternehmens heranziehen: Das ist die Summe der gemeinen Werte der Einzelwirtschaftsgüter (Grundstücke, Maschinen und so weiter) abzüglich der Schulden des Betriebs. Dieser Wert fungiert als reiner Substanzwert (nach Marktwerten), ohne darüber hinaus die Erfolgsaussichten zu berücksichtigen.
Selbst diese Ersatzmethode erzielt deutlich höhere Ergebnisse als die bisherigen Verfahren, sodass die nunmehr integrierten Verschonungsregeln den Bestand des Unternehmens sichern sollen:
Firmenerben können sich jetzt nämlich zwischen zwei Verschonungsalternativen entscheiden. Die Entscheidung für eine der Alternativen ist allerdings bindend und lässt sich nicht rückgängig machen.
Mit den Optionen werden gemäß § 13b des neuen Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Betriebsvermögen sowie Anteile an Kapitalgesellschaften begünstigt. Der Anteilseigner muss allerdings an der Kapitalgesellschaft mindestens unmittelbar 25 Prozent halten. Dagegen spielt für die Begünstigung der Verwandtschaftsgrad keine Rolle.
Die Kapitalgesellschaft kann nunmehr ihren Sitz auch im europäischen Ausland (EU-Raum) haben. Bisher wurden lediglich Anteile deutscher Kapitalgesellschaften verschont.
Option1: 85 Prozent
Bei der ersten Alternative verschont der Gesetzgeber 85 Prozent des mit den eingangs erwähnten Methoden bewerteten Betriebsvermögens (= Verschonungsabschlag, § 13b Absatz 4 ErbStG). Allerdings verlangt er vom zukünftigen Betriebsinhaber, dass die Lohnsumme über sieben Jahre nicht unter 650 Prozent der Ausgangs-/Vergleichssumme fällt. Als diese Summe wird die durchschnittliche Lohnsumme der letzten fünf Jahre vor dem Zeitpunkt des Erbanfalls/Schenkung herangezogen.
Die Lohnsumme spielt keine Rolle, wenn die Ausgangs-/Vergleichssumme bereits Null beträgt oder der Betrieb nicht mehr als zehn Beschäftigte hat (§ 13a Absatz 1 Satz 4 ErbstG). Allerdings zählt der zukünftige Erbe/Unternehmensnachfolger als vollwertiger Beschäftigter und Lohnsummenträger, wenn er bereits vor der Übergabe im Betrieb beschäftigt war.
Der Gesetzgeber sieht dieses Optionsmodell als Arbeitsplatzsicherungsmaßnahme an. Allerdings wird damit der mitarbeitende Zögling einem fremden Erben gegenüber benachteiligt. Außerdem will der Gesetzgeber nur ‚aktive‘ Betriebe bevorzugen.
Insofern darf der Anteil des so genannten Verwaltungsvermögens (beispielsweise fremdvermietete Grundstücke, Wertpapiere im Streubesitz et cetera) am Betriebsvermögen maximal 50 Prozent betragen (§ 13b Absatz 2 ErbStG). Daneben lässt der Gesetzgeber noch einen Abzugsbetrag in Höhe von 150.000 Euro für das nicht begünstigte Betriebsvermögen zu (ab 85,01 Prozent laut § 13a Absatz 2 ErbStG).
Dieser Abzugsbetrag darf allerdings vom Firmennachfolger innerhalb von zehn Jahren nur einmal ausgeschöpft werden.
Unterschreiten und Überschreiten
Sofern der Firmennachfolger die Ausgangs-/Vergleichssumme unterschreitet, soll die Begünstigung allerdings nicht komplett entfallen, sondern lediglich das verschonte Vermögen prozentual gemindert werden
Entfallen der Abschläge
Veräußert der Nachfolger das Unternehmen innerhalb der vom Gesetzgeber veranschlagten Sieben-Jahres-Frist oder entnimmt er innerhalb dieses Zeitraums mehr als 150.000 Euro Gewinne oder Einlagen (Verluste bleiben unberücksichtigt), entfällt sowohl die Begünstigung als auch der Abzugsbetrag. Bei der Begünstigung hat der Gesetzgeber allerdings im Falle der Veräußerung eine Milderungsklausel eingebaut: So bleibt beispielsweise bei einem Verkauf im fünften Jahr nach der Unternehmensübergabe eine anteilige Begünstigung in Höhe von 57,2 Prozent (vier Siebtel des Verschonungsabschlags) erhalten. Ob im gleichen Maße auch die Ausgangslohnsumme korrigiert werden muss – denn der Nachfolger war nur für vier Jahre als Arbeitsplatzgarant verantwortlich – ist fraglich. Dazu schweigt der Gesetzestext.
Allerdings sieht der Gesetzgeber bei Verkauf des Betriebs dann von einer Nachversteuerung ab, wenn der Erlös innerhalb von sechs Monaten wieder in eine ‚begünstigte Vermögensart’ reinvestiert wird.
Option 2: 100 Prozent
Der Firmennachfolger kann sich gleichwohl auch für die zweite Option mit 100 Prozent Begünstigung entscheiden. Die Folgen dieser Wahl werden in einer weiteren Folge erklärt.
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