Interview mit Carsten Müller – Dunlop: Schwarzes Gold am Nürburgring

24h-Rennen: Dunlop brachte über 6.000 Rennreifen an den Nürburgring. Bild: Blenk

Dunlop ist seit Beginn der Entwicklungsarbeiten des neuen Mercedes-Benz SLS AMG GT3 mit an Bord und als erster Reifenhersteller technischer Partner der Mercedes-AMG Kundensport-Abteilung. KRAFTHAND-Online hat mit dem technischen Leiter Motorsport bei Dunlop, Carsten Müller, am Nürburgring über die Entwicklung von Renn- und Serienreifen sowie das Engagement von Dunlop auf der Langstrecke gesprochen.

Herr Müller, Sie konnten aufgrund umfangreicher Testläufe unter anderem das Aufwärmverhalten der Dunlop-Rennreifen, die auf der Langstrecke zum Beispiel beim neuen SLS AMG GT3 zum Einsatz kommen, weiter verbessern. An welchen Stellschrauben haben Sie gedreht?

Carsten Müller: Uns war es wichtig, unsere Pneus schneller auf Betriebstemperatur zu bekommen. Bei der Startaufstellung – speziell beim 24h-Rennen – kühlen die Reifen sehr schnell aus. Zudem wollten wir die Startperformance weiter verbessern. Dies konnten wir über eine Anpassung der Konstruktion der Reifen sowie über eine andere Gummimischung realisieren. Im Prinzip verbessern wir immer wieder unsere Rennreifen. Wir passen sie permanent an die ebenfalls von Rennen zu Rennen weiterentwickelten Fahrzeuge sowie an geänderte Streckenverhältnisse an. 

KH-Online: Dunlop setzt bei der Entwicklung neuer Rennreifen stark auf Kooperationen. Wie kann man sich das in der Praxis vorstellen?

Müller: Wir sind offizieller technischer Partner der AMG Kundensport-Abteilung und arbeiten darüber hinaus sehr eng mit unserem Entwicklungspartner Rowe-Racing zusammen. Gemeinsam konnten wir bereits viele Erfahrungen sammeln. So hatten wir beim 24h-Rennen für den SLS AMG GT3 komplett neue Spezifikationen im Gepäck, die noch mehr Grip und Bremspower geboten haben. Im Ergebnis war Dunlop mit insgesamt sechs Klassensiegen beim Langstrecken-Klassiker der erfolgreichste Reifenhersteller – und dies bei extremen Witterungsbedingungen wie Starkregen. 

KH-Online: Welche Rolle spielt der Reifendruck auf der Langstrecke?

Müller: 
Speziell auf der Nordschleife hier am Nürburgring sollte man nicht mit dem Reifendruck spielen. Natürlich generiere ich mehr Grip, wenn ich den Druck etwas reduziere. Der Pneu muss aber auch mehr Walkarbeit verrichten. Beispielsweise wirken in der Fuchsröhre bis zu 4g Kompression auf die Reifen, an anderer Stelle hebt das Fahrzeug ab oder knallt über scharfkantige Curbs. Und das mit einem Fahrzeug das 1.350 kg wiegt – ein Stint geht dabei über 8 oder 9 Runden. Am Ende steht jedoch immer die Sicherheit im Vordergrund. Die Performance liefert die richtige Gummimischung und nicht ein wie auch immer angepasster Reifendruck.  

KH-Online: Wir stehen hier im Fahrerlager beziehungsweise im Dunlop-Bereich des 24h-Rennens. Der Aufwand den ihr Unternehmen betreibt ist erheblich. Können Sie uns Zahlen nennen?
Müller:In der Tat betreiben wir einen großen logistischen sowie personellen Aufwand. Es sind rund 50 Mitarbeiter hier an der Strecke, darunter 35 Monteure. Mit im Gepäck haben wir 4.000 Slicks und 2.000 Regenreifen. Hinzu kommen Pneus für diverse Oldtimer. Vierzehn große Auflieger transportieren die Ausrüstung und die Reifen hierher. 

KH-Online: Sind die Reifen lediglich für die großen Teams bestimmt oder kommen auch Privatfahrer vorbei und äußern einen Reifenwunsch?

Müller:
Natürlich halten wir das größte Kontingent für unsere Partnerteams vor.  Mitunter kommen jedoch Kollegen von anderen, oft auch kleineren Teams vorbei und verlangen nach unseren Regenreifen. Auch dann versuchen wir auszuhelfen. Es kümmern sich zwei Ingenieure direkt um die Privatteams und die weniger leistungsstarken Fahrzeuge. Das schätzen die Fahrer und die Monteure. Aus unserer Sicht gehört sich das hier in der Eifel auch so. Neben den Teilnehmern des 24h-Rennens rüstet Dunlop als Reifenpartner im Übrigen exklusiv den Renault Clio Cup sowie die Mini Trophy aus. Darüber hinaus vertrauen auch viele Piloten der Rundstrecken-Challenge Nürburgring (RCN) und der 24h-Classic auf Dunlop. Folglich herrscht hier im Fahrerlager an den beiden Montagebändern hinter uns auch Hochbetrieb.

KH-Online: Welche Erkenntnisse für die Serie bringen sie vom Rennsporteinsatz mit?

Müller:
Die Zusammenarbeit zwischen Motorsport- und Serienentwicklung ist sehr eng. Die Ideen aus dem Motorsport werden also für den Straßeneinsatz umgesetzt. Beispielsweise hat man für den neuen Sport Maxx Race weite Teile der Konstruktion der Dunlop-Rennreifen übernommen. Die Entwicklung jedoch ist unterschiedlich und folgt aktuell auch zusätzlichen Anforderungen. Wir sprechen also auch über Rollwiderstands-Optimierung, Nasshaftung oder Abrollgeräusche. Im Übrigen ist der Sport Maxx Race in neun Dimensionen in 19 und 20 Zoll erhältlich. Sie finden den Reifen beispielsweise auf dem Mercedes SLS AMG Black-Series oder auf dem A 45 AMG 

KH-Online: Baut Dunlop die besseren (Renn-) Reifen?

Müller:
Speziell auf der Nordschleife herrscht noch Wettbewerb, während in vielen Serien nur eine Reifenmarke eingesetzt werden darf. Natürlich schaut man auf die Performance des Wettbewerbs. Ich würde sagen, jede Reifenmarke hat ihre Stärken und Schwächen –  die eine mehr, die andere weniger. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass unsere Regenreifen der einen oder anderen Marke auf der Rennstrecke überlegen sind. Was andere Eigenschaften angeht, sind wir sicherlich auf Augenhöhe – mitunter auch darüber. 
Georg Blenk: Herr Müller, ich danke Ihnen für das Gespräch!