Für den vertragsgebundenen Automobilhandel wird es in den nächsten Jahren immer schwieriger, seine Werkstätten auszulasten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA) im Auftrag der Dekra. Die Macher der Studie rechnen bis 2025 immerhin mit einem Rückgang des Servicemarktpotenzials von etwa 15 Prozent. Dafür gibt es in erster Linie drei Gründe.
Wie Professor Dr. Willi Diez, Direkter des IFA, bei der Präsentation der Studie ‚Strategien und Erfolgsfaktoren für eine nachhaltige Profitabilität im After Sales‘ in der Stuttgarter Zentrale der Dekra darlegte, sind die immer weiter ausgedehnten Wartungsintervalle sowie die sinkende Anzahl an notwendigen Reparaturen ursächlich für das rückläufige Werkstattgeschäft. Als dritter Fakt kommen die sinkenden Fahrleistungen pro Fahrzeug hinzu.
Angriff auf den freien Markt
Um den zu erwartenden Einbruch im Servicegeschäft zu kompensieren oder zumindest zu mindern, sehen markengebundene Kfz-Betriebe in der Wartung und Reparatur von Fahrzeugen älteren Baujahres Wachstumspotenzial. Dies wurde bei einer Podiumsdiskussion nach der Präsentation der Studie deutlich. Hierbei nahmen After-Sales-Vertreter von Automobilherstellern ebenso teil wie Entscheider von Autohäusern.
Dass die Strategie „Kunden älterer Fahrzeuge gezielt anzusprechen“ natürlich auf eine Klientel abzielt, um die sich typischerweise die freien Werkstätten und Ketten wie A.T.U bemühen, liegt auf der Hand. In diesem Kontext betonte Diez: „Das Segment älterer Fahrzeuge ist für die Vertragswerkstätten eine große Herausforderung, aber auch eine große Chance.“ Wollen die herstellergebundenen Vertragswerkstätten allerdings ihren Marktanteil beim Service an älteren Fahrzeugen steigern, müssen sie für diese besonders preissensible Zielgruppe verstärkt zeitwertgerechte Reparaturen anbieten. Dazu bedarf es der IFA-Studie zufolge jedoch Unterstützung durch die Automobilhersteller in Form von preiswerten Ersatzteilen.
Chancen für die Markengebundenen
Es gibt Markenautohäuser, die sich beim (Zurück-)gewinnen der Kundschaft mit älteren Fahrzeugen nicht auf ihren Hersteller verlassen. So erklärte Franco C. Barletta, Geschäftsführer beim Mercedes-Benz-Händler Jürgens in Hagen, dass sich diese Klientel durchaus erfolgreich in die eigenen Werkstatthallen locken lässt. Dazu benötigt es jedoch ein ganzheitliches Konzept, zu dem unter anderem eine abgetrennte Werkstatt mit verschlankten Prozessen gehört.
Die Hagener sprechen hier von der JES-Werkstatt. Die drei Buchstaben stehen für Jürgens Economy Service. Hier entfällt zum Beispiel die sonst übliche und aufwendige Kundenbetreuung durch einen Serviceberater. Die normalerweise in Autohäusern mit dem Stern zu findenden Empfangsdame oder eine Rechnungsassistentin stehen den Kunden bei JES ebenfalls nicht zur Verfügung.
In der Ausgabe 18 vom 30. September 2015 widmet sich KRAFTHAND ausführlich den Themen und den Ergebnissen der IFA-Studie. Diese sieht im Übrigen auch in den zukünftigen ‚vernetzten Fahrzeugen’ eine Chance, die Werkstattauslastung zu erhöhen.
Auf die Vernetzung von Fahrzeugen, die sich daraus ergebenden Möglichkeiten und die damit verbundenen Herausforderungen für den freien Reparaturmarkt geht KRAFTHAND in Ausgabe 17 ein (Erscheinungstermin 17. September 2015).