Honda S 800 – Der Pionier aus Japan
Japanische Autos – in Europa? Anfang der 60er Jahre schien allein der Gedanke ziemlich absurd. Motorräder von Honda – ja, an die hatte man sich gewöhnt. Aber ein Fahrzeug mit vier Rädern? Umso größer war die Überraschung, als Honda 1966 auf dem Pariser Automobilsalon seinen sportlichen S800 präsentierte.
Mit dem Coupé, das stark an den Fiat 850 Spyder erinnerte, wurde das Cabriolet gleich mit vorgestellt. Je länger die Experten den ersten Japaner für den europäischen Markt unter die Lupe nahmen, desto überzeugter waren sie: Das Auto hatte Klasse. Man musste es ernst nehmen.
Die Japaner waren weniger überrascht über den freundlichen Empfang. Als Motorradhersteller hatte Honda ja reichlich Erfahrung mit kleinen Motoren, die über hohe Drehzahlen eine respektable Leistung auf die Straße brachten. Um rund um die Leistung noch mehr Erfahrung zu sammeln, engagierte sich Honda bereits 1964 in der Formel 1 und gewann schon ein Jahr später den ersten Grand Prix. Also irgendwie logisch, dass das Unternehmen bald auch Autos für die Straße bauen würde.
Bei einem Test der TH Braunschweig war bei 12.000 Umdrehungen Schluss. Allerdings soll nicht der Motor, sondern der Prüfstand aufgegeben haben.
Die ersten Modelle für den heimischen Markt ähnelten zwar äußerlich schon sehr dem späteren S800. Aber sowohl der S500 (Hubraum: 531 cm3) als auch der S600 (606 cm3) schickten die Kraft ihrer kleinen, über 8.000 mal pro Minute drehenden Motoren mittels einer Kette an die Hinterachse. Da steckte noch viel Motorrad drin.
Kraftübermittlung per Kardanwelle
Beim S800 war das anders: Die Kraftübermittlung verantwortete eine stabile Kardanwelle und der Vierzylinder mit 781 cm3 Hubraum verdiente allen Respekt. Das Aggregat war zwar nicht wirklich innovativ, aber mit einer Technik ausgestattet, die erstens sehr klug eingesetzt und zweitens mit Teilen versehen wurde, die man bisher nur von Motoren wesentlich teurerer Fahrzeuge kannte. Ein starkes Argument für den Honda, der als Cabrio oder als Coupé 7.750 Deutsche Mark kostete.
Um das Platzangebot in der Frontpartie optimal zu nutzen, war der wassergekühlte Hochleistungsmotor aus Aluminiumguss vorn längs und 45 Grad nach links um die Längsachse geneigt. Für die Lagerung der Kurbelwelle sowie für die Pleuellager benutzte Honda ausschließlich Nadellager. Das garantierte kleinere Reibungsverluste und hielt die Schmier- und Kühlprobleme in Grenzen.
Eigentlich war der Motor als Langhuber ausgelegt. Und die fühlen sich bekanntlich im unteren Drehzahlbereich am wohlsten. Aber der Honda drehte mit der DNA des Motorradherstellers nahezu grenzenlos. Seine rund 67 PS (50 kW) erreichte der S800 bei 7.750 Umdrehungen pro Minute. Er soll dabei noch relativ ruhig, souverän und auch auf Dauer zuverlässig geblieben sein. Mit hohen Drehzahlen ist das ja so eine Sache. Sie verlängern die Lebensdauer eines Motors nicht gerade. Sie bedeuten für ihn harte Arbeit. Und sie regen den Durst an. Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 110 km/h schluckte das gerade mal 755 Kilogramm schwere Coupé acht Liter Super plus. Das musste einem das Gefühl, in einem echten Sportwagen zu sitzen, wert sein.
Die Kraftübermittlung verantwortete eine stabile Kardanwelle und der Vierzylinder mit 781 cm3 Hubraum verdiente allen Respekt.
Der Pionier aus Japan machte jedenfalls mächtig Eindruck. Bei Langstreckenrennen in Europa und Japan fuhr er einige Klassensiege heraus. Und seine Drehzahlen regten die Fantasie an. Der Legende nach sollen die Ingenieure der Technischen Hochschule Braunschweig dem Frieden nicht getraut haben. Sie unterzogen den Honda einem Härtetest. Und tatsächlich: Bei 12.000 Umdrehungen war Schluss. Allerdings soll damals nicht der Motor, sondern der Prüfstand aufgegeben haben.
Schöne Geschichten, von denen nicht mehr übriggeblieben ist. Zwischen 1966 und 1970 wurden 3.785 Cabrios und 7.738 Coupés des Drehwunders gebaut – 1.200 davon in Deutschland verkauft. Gut 200 der Fahrzeuge gibt es noch, nicht alle sind fahrbereit. Die Chance, auf deutschen Straßen noch einem S800 zu begegnen, tendiert also gegen null. Auch auf dem Classic-Markt herrscht nicht gerade ein Überangebot. Wer die alte Drehfreude made in Japan genießen möchte, muss wieder zurück zum Ursprung und aufs Motorrad umsteigen.
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