Hebebühne – Arbeitssicherheit und Unfallverhütung
Der tägliche Umgang mit einer Hebebühne birgt Gefahren. Aus diesem Grund haben der Gesetzgeber sowie die Berufsgenossenschaften zahlreiche Gesetze, Vorschriften und Handlungsanweisungen herausgegeben, um die Risiken auf ein Minimum zu beschränken.
Die nachfolgende Auflistung liefert einen Überblick, über die wichtigsten Regeln und Vorschriften bei der Arbeit an und mit Hebebühnen. Sie müssen im Einzelnen gelesen und ihre Inhalte verinnerlicht werden, bevor mit der Hebebühne gearbeitet wird.
Die Betriebssicherheitsverordnung
BetrSichV; Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Verwendung von Arbeitsmitteln
- § 3: Gefährdungsbeurteilung
- § 5: Anforderungen an die zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel
- § 6: Grundlegende Schutzmaßnahmen bei der Verwendung von Arbeitsmitteln
- § 9: Weitere Schutzmaßnahmen bei der Verwendung von Arbeitsmitteln
- § 10: Instandhaltung und Änderung von Arbeitsmitteln
- § 12: Unterweisung und besondere Beauftragung von Beschäftigten
- § 14: Prüfung von Arbeitsmittel
- § 17: Prüfaufzeichnungen und Bescheinigungen
Das Arbeitsschutzgesetz
ArbSchG; Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit
- § 4: Allgemeine Grundsätze
- § 5 und § 6: Gefährdungsbeurteilung und Dokumentation
- § 7: Übertragung von Aufgaben
- § 9: Besondere Gefahren
- § 12: Regelmäßige Unterweisung der Mitarbeiter
Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung sowie Vorschriften der Berufsgenossenschaft
- DGUV Vorschrift 1 (bisher: BGV A 1): Grundsätze der Prävention
- DGUV Vorschrift 3 (bisher BGV A 3): Elektrische Anlagen und Betriebsmittel
- DGUV Regel 100 – 500, Kap 2.10 (bisher: BGR 500, Kap 2.10): Betreiben von Hebebühnen
- DGUV Information 208 – 015 (bisher BGI 689): Fahrzeughebebühnen
Prinzipiell gilt, dass nur Personen mit der selbstständigen Bedienung von Hebebühnen betraut werden dürfen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, in der Bedienung unterwiesen sind und ihre Befähigung hierzu gegenüber dem Unternehmer nachgewiesen haben.
Zudem müssen sie vom Unternehmer ausdrücklich mit dem Bedienen der Hebebühne beauftragt sein. Arbeit und Aufenthalt unter einer Hebebühne ist ohne zusätzliche Sicherungsmaßnahmen und ohne weitere Einschränkungen erlaubt (bei Wagenhebern gilt dies nicht)!
Der bestimmungsgemäße Betrieb
Damit eine Fahrzeughebebühne bestimmungsgemäß und sicher verwendet werden kann, müssen stets die Vorgaben des Herstellers (beispielsweise Betriebsanleitung und Serviceintervalle) verbindlich eingehalten werden. Hierzu gehört auch der Installationsort, der vom jeweiligen Hersteller freigegeben sein muss. So dürfen nur bestimmte Fahrzeughebebühnen in Ex-Bereichen, im Freien (Windkräfte und Nässe) oder in Waschhallen betrieben werden.
Zum bestimmungsgemäßen Einsatz, damit das Fahrzeug sicher angehoben werden kann, gehört es auch, dass bei der Fahrzeugannahme Tragfähigkeit und Lastverteilung auf der Hebebühne beachtet werden.
Wichtig ist hier zunächst der Abgleich zwischen Tragfähigkeit der Hebebühne und Fahrzeuggewicht. Deshalb muss an der Hebebühne die Angabe zur maximalen Tragfähigkeit immer gut lesbar und dauerhaft angebracht sein. Dies gilt auch für die zulässige Lastverteilung, wenn die Tragfähigkeit davon abhängt.
Die Lastverteilung
Für Hebebühnen, bei denen die Fahrzeuge am Fahrzeugrahmen (selbsttragende Karosserie) angehoben werden, gilt folgende Lastverteilung:
- Hebebühnen mit einer Tragfähigkeit bis einschließlich 3.000 kg: Hier ist eine Lastverteilung zwischen vorderen und hinteren Aufnahmepunkte im Verhältnis von höchstens 3:2 und mindestens 2:3 einzuhalten.
- Hebebühnen mit einer Tragfähigkeit mit mehr als 3.000 kg: Die Lastverteilung muss zwischen 2:1 und 1:2 liegen.
Das Fahrzeug muss unter Berücksichtigung der zulässigen Lastverteilung immer auf allen vier Drehtellern aufliegen.
Info: Die Lastverteilung muss auch gewährleistet sein, wenn Fahrzeugteile aus- oder abgebaut werden.
Bei paarweise unterschiedlich langen Lastaufnahmen ist darauf zu achten, dass das höhere Gewicht immer von den kürzeren Lastaufnahmen aufgenommen wird. So wird vermieden, dass sich die langen Lastaufnahmen stärker elastisch durchbiegen und es zu Schwankungen des Fahrzeugs bei Reparaturarbeiten kommt.
Der Kfz-Profi muss zudem darauf achten, dass die Gelenke der Lastaufnahmen mit zwangläufig wirkenden Sicherungen gegen unbeabsichtigtes Bewegen ausgerüstet und diese auch wirksam sind.
Bevor das Fahrzeug ganz hochgefahren wird, sollte es zuerst nur ein kleines Stück über dem Fußboden angehoben (zirka 10 cm) werden. In dieser Höhe kann durch eine Rüttelprobe noch einmal risikofrei überprüft werden, ob die Lastaufnahmen korrekt sitzen. Erst wenn dieser Test zur Zufriedenheit durchgeführt ist, kann das Fahrzeug auf Arbeitshöhe hochgefahren werden.
!: Die Fahrzeugaufnahme darf ausschließlich nur an den vom Fahrzeughersteller vorgegebenen Aufnahmepunkten erfolgen. Welche dies sind und wo sie zu finden sind, darüber gibt das Werkstatthandbuch des Herstellers Auskunft.
Die Bedieneinheit
Für das sichere Hochfahren und Absenken des Fahrzeugs auf der Hebebühne ist auch eine übersichtliche Bedieneinheit sehr wichtig. Sie muss so angebracht sein, dass eine durchschnittlich große Person (zirka 1,70 m) sie bequem im Stehen erreichen kann.
Dabei muss eine Gefährdung des Bedieners durch den Hebevorgang völlig ausgeschlossen sein. Der Kfz-Profi muss zudem von seinem Standort am Steuerplatz aus in der Lage sein, das Fahrzeug beim Heben und Senken sowie das Umfeld der Hebebühne ungehindert beobachten zu können. Das Bedienpult selbst muss selbsterklärend sein. Das heißt: Eindeutige Symbole (zum Beispiel: Pfeil nach oben beziehungsweise nach unten sowie eine klare Beschriftung an den Steuerknöpfen) zeigen welche Funktion der jeweilige Knopf hat, um eine Fehlsteuerung zu vermeiden.
Der Zustand der Hebetechnik
Besonderer Bedeutung für ein sicheres Anheben eines Fahrzeugs kommen den Gummiauflagetellern zu. Sie müssen fest und formschlüssig an den Aufnahmepunkten befestigt sein. Damit sie einen sicheren Kontakt mit der Karosserie herstellen, müssen sie stets in einem einwandfreien Zustand sein. Beschädigte oder poröse und „ausgehärtete” Gummiteller sind umgehend auszutauschen. Der Kfz-Profi achtet deshalb immer auf einen entsprechenden Vorrat.
Auch die Schiebestücke am Ende der Lastaufnahme, auf denen die Gummiauflageteller montiert sind, müssen gegen unbeabsichtigtes Abziehen gesichert sein. Gleiches gilt für die Befestigung der Lastaufnahmen am Hebebühnenkopf. Liegen hier Defekte vor oder ist der Schiebemechanismus ausgeschlagen, darf nur ein Spezialist des Hebebühnenherstellers Instandsetzungsarbeiten durchführen.
Ein besonderes Augenmerk muss auf den Antrieb der Hebebühne gelegt werden. Einwandfrei arbeitende Tragwerke führen alle Hub- und Senkbewegungen stoßfrei und ohne zu Ruckeln aus. Spezielle Sicherungseinrichtungen verhindern ein unbeabsichtigtes Heben oder Senken.
Bei hydraulischen Ein-, Zwei-, Drei- oder Mehrstempel-Hebebühnen besteht immer die Gefahr, dass es zu einer Undichtigkeit im hydraulischen Leitungssystem kommt. Oftmals ist eine verschlissene Dichtungsmanschette am Kolbenaustritt eines Stempels der Grund für den Austritt von Hydrauliköl. Die Folgen sind ein unbeabsichtigtes Absenken der Lastaufnahme. Für Personen, die unter der Bühne arbeiten, besteht dann hohe Gefahr! Bei Stempel-Hebebühnen sind Kontrollen deshalb besonders wichtig. Hierzu gehört vor allem die regelmäßige Kontrolle des Hydraulikölstandes.
Zur einwandfreien Funktion einer Hebebühne gehört auch, dass sich die unterschiedlichen Tragwerke bei Mehrsäulen-, Scheren- oder Stempel-Hebebühnen synchron heben oder senken. Die maximale Toleranz der Höhendifferenz der Angriffspunkte der Tragmittel am Fahrzeug muss kleiner als 50 mm sein. Dies entspricht einer Neigung des Fahrzeugs bei Belastung von 1°. Liegt der Wert darüber, muss die Hebebühne unverzüglich stillgelegt und instandgesetzt werden. Ein Betrieb ist bis dahin unzulässig, da Fahrzeuge von den Lastaufnahmen rutschen könnten!
Im Falle eines Defekts ist die Fahrzeughebebühne unverzüglich stillzulegen und die Wartungs- beziehungsweise Herstellerfirma zu benachrichtigen.
Info: Jede Hebebühne muss so ausgelegt sein, dass sie sich bei einem Defekt des Hebewerkes (zum Beispiel bei Undichtheit oder Bruch einer Lastaufnahme) aus der gegenwärtigen Position nicht mehr als 10 cm absenken kann.
Die Prüfung der Hebebühne
Gemäß den Bestimmungen der Betriebssicherheitsverordnung und der BGR 500 (neu: DGUV Regel 100 – 500), Kapitel 2.10, Ziffer 2.9 müssen Hebebühnen vor ihrer ersten Inbetriebnahme und danach bei Bedarf (zum Beispiel nach jeder Reparatur), jedoch höchstens in Abständen von einem Jahr, durch eine befähigte Person auf ihren betriebssicheren, technischen Zustand überprüft werden. Die Person, die die Prüfung vornimmt, muss dazu „befähigt” sein. Sie muss mindestens die Qualifikation nachweisen, die auch an einen Sachkundigen gestellt werden.
Prüffristen und Prüfumfang haben sich stets nach den Ergebnissen der durchzuführenden Gefährdungsbeurteilung zu richten. Die Prüfung selbst besteht im Wesentlichen aus einer Sicht- und Funktionsprüfung. Bei der Sichtprüfung wird der Zustand der Bauteile und Einrichtungen auf Vollständigkeit überprüft. Im Rahmen der technischen Funktionsprüfung wird die Wirksamkeit der Sicherheitseinrichtungen sowie das vorschriftsmäßige (ruckfreie und gleichmäßige) Heben und Senken gecheckt.
Auch die elektrischen Komponenten einer Hebebühne müssen gemäß der Unfallverhütungsvorschrift „Elektrische Anlagen und Betriebsmittel“ (BGV/GUV-V A3) von einer Elektrofachkraft oder unter ihrer Leitung und Aufsicht regelmäßig auf ihren ordnungsgemäßen Zustand untersucht werden.
Zu beachten ist auch, dass bei Änderungen an der Fahrzeughebebühne, wie zum Beispiel das nachträgliche Anbringen eines Achsfreihebers oder die Veränderung der Fahrbahnschienen immer eine erneute Gefährdungsbeurteilung erforderlich wird. Mit diesen Veränderungen übernimmt der Betreiber, auch wenn er damit die Bühne seine Anforderungen anpasst oder repariert, die volle Verantwortung.
Die Prüfung wird mit Kontrolle des obligatorischen Prüfbuches auf Vollständigkeit abgeschlossen. Das Prüfbuch dient auch als Nachweis gegenüber anderen Behörden und muss jederzeit „griffbereit“ für alle Mitarbeiter zugänglich sein.
!: Es liegt in der Verantwortung des Werkstattbetreibers, Prüfungen zu veranlassen und auch die befähigte Person zur Durchführung der jeweiligen Prüfung auszuwählen und zu beauftragen. Dies darf auch ein eigener Mitarbeiter sein, wenn diese als befähigte Person nach der BetrSichV und der TRBS 1203 qualifiziert ist.
Die Unterweisung
Jeder Kfz-Unternehmer ist gemäß Betriebssicherheitsverordnung gesetzlich verpflichtet, seine Mechaniker im sicheren Umgang mit Hebebühnen zu unterweisen. Dies gilt in besonderem Maße für Beschäftigte vor ihrem ersten Tätigwerden an der Hebebühne.
Sie müssen vom zuständigen Vorgesetzten in die Funktion der Hebebühne und deren Schutzeinrichtungen sowie in die richtige Bedienung eingewiesen werden. Danach erfolgt die wiederholte Unterweisung (mindestens einmal jährlich) für jeden Mitarbeiter – auch für die Hebebühnen-Erfahrenen.
Die Unterweisung enthält alle relevanten Informationen für die Mitarbeiter, die einen sicheren Betrieb gewährleisten. Grundlage hierzu sind vor allem die BG-Richtlinien unter Einbezug der Herstellerbetriebsanleitung. Nach der Unterweisung muss der Mitarbeiter nachweislich in der Lage sein, Arbeiten an einer Hebebühne selbstständig und sicher durchzuführen. Der Beschäftigte sollte hierzu anschließend bei seiner Arbeit beobachtet und, falls nötig, erneut unterwiesen werden, bis sich eine sichere Arbeitsweise einstellt. Die Durchführung der Unterweisung ist schriftlich zu dokumentieren und abschließend so abzulegen, dass jederzeit darauf zugegriffen werden kann.
Der Werkstattbetreiber ist darüber hinaus, auf Grundlage der vom Hersteller mitgelieferten Betriebsanleitung, verpflichtet, eine Betriebsanweisung für den sicheren Betrieb der Fahrzeughebebühne zu erstellen. Die Betriebsanweisung ist so in der Werkstatt anzubringen, dass sie den Mitarbeitern stets frei zugänglich ist. Wer hierzu Vorlagen benötigt, erhält sie vom zuständigen Unfallversicherungsträger oder vom ZDK.
Moderne Hebetechnik – Anlagen, Einsatzbereiche, praktische Anwendung
1. Auflage 2017, 56 Seiten, 102 Abbildungen, 23,32 € Netto
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Inhalt:
- Die Zweisäulen-Hebebühne (Über-/Unterflur)
- Die Einsäulen-Hebebühne (Über-/Unterflur)
- Fahrbahn-Hebebühnen (Über-/Unterflur)
- Radgreif-Anlagen, Reihen-Stempel-Hebebühnen, Grube und Grubenheber
- Services von Herstellerseite
- Die Montage von Hebebühnen – bauliche Voraussetzungen
- Arbeitssicherheit, Unfallverhütung, bestimmungsgemäßer Betrieb
- Der Zustand der Hebetechnik, Prüfung und Unterweisung
- Motorradhebebühnen, Lkw-Hebebühnen
- Das Anheben von Oldtimern
- Sonderkonstruktionen und Zubehör
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