Streit über Ursache für Auffahrunfall

Hat das Fahrerassistenzsystem oder der Fahrer versagt?

Bild: Stockwerk-Fotodesign – stock.adobe.com

Herstellerübergreifend steigt in Autos die Anzahl der Fahrerassistenzsysteme. Dabei kommen die elektronischen Helfer auch immer wieder ins Gerede als (vermeintliche) Unfallverursacher. Krafthand ist einem konkreten Fall nachgegangen, auch um Lehren für Kfz-Werkstätten aufzuzeigen.

Selbst wenn Verkehrsunfälle immer wieder auch auf technisches Versagen wie Reifenplatzer oder Fehlfunktionen diverser Komponenten zurückgehen – die größte Fehlerquelle ist zweifelsfrei der Mensch, weil übermüdet, unkonzentriert, abgelenkt (Handy!). Um dem Unfallverursacher Nummer 1 unter die Arme zu greifen, verbauen die Fahrzeughersteller immer mehr Fahrerassistenzsysteme (FAS), die in bestimmten (Gefahren-)Situationen unterstützend und teils korrigierend eingreifen. Um das zu können, sind diverse Komponenten und ganze Systeme wie Bremse und Lenkung miteinander vernetzt.

Das Paradoxe: Ob Spurhalteassistent und Co. korrekt arbeiten, muss der überwachen, den sie eigentlich entlasten sollen. Denn per Gesetz hat nach wie vor der Mensch das Oberkommando im Auto und muss korrigierend eingreifen, sollten ACC, Spurhalte- oder andere Assistenten in der jeweiligen Verkehrssituation nicht so arbeiten wie es erforderlich wäre. Das geht in der Regel allerdings nicht auf eine Fehlfunktion zurück, sondern darauf, dass Assistenzsysteme in definierten Situationen nur innerhalb ihrer Betriebsgrenzen arbeiten. So sind sie eben nur Helfer und (noch) keine vollumfassenden Unfallverhinderer. Jeder Autohändler und Kfz-Profi weiß: Dafür fehlt es noch am Entwicklungsfortschritt. Deshalb und um bei Autofahrern falsche Erwartungen auszuräumen, sollten sie ihre Kunden entsprechend aufklären und vermitteln, dass der Fahrzeuglenker seine Verantwortung nicht an FAS abgeben kann.

Ungerechte Haftungssituation?

Was durchaus zu einem Dilemma führt: Während der Fahrer nach wie vor die Konsequenzen für sein Fehlverhalten voll tragen muss, sind die Autobauer fein raus, wenn etwa ein Notbremsassistent aufgrund seines Entwicklungsstands oder wegen elektronischer Aussetzer unvermittelt vollbremst (der Redaktion sind Beispiele bekannt) oder trotz Gefahr eines Auffahrunfalls nicht bremst, obwohl er genau dafür konzipiert ist. Das führt automatisch zur Frage: Muss der Fahrer auch dann für Systeme geradestehen, wenn eine Fehlfunktion vorliegt? Die Gretchenfrage lautet dann: War es tatsächlich eine Fehlfunktion oder hat es der Fahrer nur so wahrgenommen und vom System etwas erwartet, das es gar nicht leisten kann?

„So wie der Unfall stattgefunden hat, ist er aufgrund der Fahrerassistenzsysteme eigentlich nicht möglich.“ Inhaberin eines ID.3


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