Häufige Schäden und die professionelle Reparatur
Beim 1,6-l-HDI-Motor kommt es vermehrt zu Schäden am Turbolader aufgrund mangelnder Ölversorgung oder Schmutz im Öl. Häufigste Ursachen sind laut dem Turboladerspezialisten BTS Turbo teilweise oder komplett verstopfte Ölzulauf- und -ablaufleitungen. Deshalb hat das Weilheimer Unternehmen einen Reparaturkit sowie eine technische Information zu dem Thema zusammengestellt. KRAFTHAND informierte sich vor Ort.
Der Einsatz von Turboladern nahm in den letzten Jahren rasant zu und spielt nicht mehr nur bei Dieselmotoren eine wichtige Rolle. Von der Ladertechnologie profitieren inzwischen auch die benzingetriebenen Fahrzeuge (Stichwort: Downsizing). Allerdings sind die Turbolader auf eine störungsfreie Schmierung angewiesen. Ist laut BTS Turbo die Ölversorgung aber mangelhaft, sind Schäden am Turbolader nur noch eine Frage der Zeit.
Ebenso können sich durch den Fahrer eigenmächtig verlängerte Ölwechselintervalle oder der Einsatz nicht freigegebener Schmierstoffe negativ auf die Lebensdauer der Lader auswirken. Die bisher – etwa auch von den Fahrzeugherstellern – angebotenen Reparaturlösungen reichen jedoch meist nicht aus, das Problem dauerhaft zu beseitigen. Eine Abhilfe bietet jetzt BTS Turbo den Werkstätten in Form eines Superkits, ein Turbo-Service-Set plus Zusatzteile.
Besonders häufig kommt es aktuell bei den PSA-HDI-Motoren mit 1,6-l-Hubraum, 66 und 80 kW (Motorcode: 9HX, 9HY, 9HZ, HHDA, HHJA, HHDB, HHJB, G8DA, G8DB, D4164T, Y601, DV6TED4 und DV6ATED4) zu Schäden an Turbolader und Motor. Diese Motoren sind im Citroën Berlingo, C2, C3, C4, C5, Xsara; Ford Focus, Fusion, Fiesta V; Peugeot 206, 207, 307, 308, 407, 1007, 3008, Partner; Mini Clubman; Mazda 3 sowie Volvo S40 (II), V50 und C30 verbaut. Laut einer Serviceinformation (SI-130619) von BTS Turbo kommt es dort zu Turbolagerschäden durch starke Rußablagerung und Metallabrieb im Öl. Die Einlagerung von Rußpartikeln im Öl führt den Angaben zufolge zur Veränderung der Viskosität und Fließfähigkeit. In der Folge kommt es zu Funktionseinschränkungen von sich im Ölkreislauf befindenden Komponenten wie beispielsweise der Hydrostößel.
Ebenso führen laut den Weilheimer Spezialisten Undichtigkeiten im Bereich der Injektorabdichtung zur Abgaseinblasung in den Zylinderkopf. Weil der Ölkreislauf bis zum Ventiltrieb unter Druck steht, spritzt Öl kreuz und quer durch den Zylinderkopf und nimmt dabei die einströmenden Rußpartikel auf. Anschließend fließt das Öl drucklos über die Abläufe zurück in die Ölwanne. Durch konstruktive Besonderheiten der genannten PSA-Motoren ist der Zylinderkopf am Boden in zehn kleine Kammern geteilt, von denen allerdings nur zwei über einen Ablauf leer laufen können. In den anderen acht Kammern ohne Ablauf bleibt das Öl stehen. Infolge der hohen Bioanteile des Dieselkraftstoffs und deren Einspülung in das Motoröl entsteht darin ein gefährliches Ölgelee, das in den Kammern des Zylinderkopfs verbleibt.
BTS Turbo stellte in seinen Untersuchungen Folgendes fest: Eine unsachgemäße Reinigung sowie Additive eines neuen Motoröls lösen das Ölgelee an. Betreibt jetzt der Fahrer den betriebswarmen Motor mit höheren Drehzahlen, werden die verflüssigten Ölgeleeanteile abgetragen und in den Ölkreislauf geschwemmt. Infolge der vom Fahrzeughersteller verwendeten Filtration und des vorgeschriebenen Longlife-Öls werden diese Ölklumpen in den Turbo und möglicherweise in die Kapillarbohrungen der Radiallager der Turbinenwelle eingespült. Diese gelartigen Ablagerungen setzen nun das feine Haarsieb in der leitungsbefestigenden Hohlschraube für die Ölzufuhr des Turboladers zu.
Eine solche Unterbrechung der Ölzufuhr führt unter anderem zu massiven Lagerschäden – allerdings ‚stirbt’ der Turbo anstatt durch Verschmutzung nun durch Ölmangel. Der Kfz-Profi kann dies von außen durch die thermische Verfärbung (blau angelaufen) der Turborumpfgruppe, am zu hohen Lagerspiel oder an der losen beziehungsweise fehlenden Wellenmutter erkennen. Zudem moniert der Werkstattkunde den Ausfall des Turboladers, Leistungsmangel, laute Geräusche, starke Rauchentwicklung und Ölundichtigkeit. Diese Mängel lassen sich den Experten zufolge nur durch eine intensive, etwa zehn Stunden benötigende Reparatur beseitigen.
Mittlerweile ist der 1,6-l-HDI-Motor aus dem Hause PSA in 58 europäischen Anwendungen verbaut. Die Mängel treten dabei verstärkt in der PSA- und Ford-Gruppe auf.
Peripherie prüfen
BTS Turbo fordert in seiner Serviceinformation die Werkstätten auf, vor dem Tausch eines defekten Turboladers unbedingt die genaue Ausfallursache zu ermitteln. Hat man bisher immer nur den Turbo erneuert, liegt der Grund für den Wiederholungsfall oftmals daran, dass nicht geprüft wurde, warum der Turbo letztlich ausgefallen ist – ob durch mechanische Schäden oder Schmierölmangel.
Stellt der Kfz-Profi einen Ölmangelschaden fest und Ölwanne, Ölsieb, Ölfiltergehäuse und Ölkühler sind augenscheinlich sauber, sollte er bedenken, was sich noch alles im Ölkreislauf befindet: Zylinderkopf und Kurbeltrieb. Letzteren kann der Mechatroniker bei demontierter Ölwanne jetzt leicht mit geschultem Auge auf Verschmutzungen oder thermische Überlastungen hin prüfen.
Notwendige Arbeiten
Um – falls nötig – den Turbolader tatsächlich zu ersetzen, muss der Kfz-Profi als erstes das Öl ablassen und den Ölfilter austauschen. Anschließend befüllt er den Motor mit frischem Motoröl und mit dem Motorreiniger aus dem Reparaturkit. Je nach Schadensbild entscheidet er selbst, ob eine Spülung noch mit dem defekten Turbo möglich ist. In diesem Fall ist vor der Motorspülung die Ölzulaufleitung zu verschließen. Jetzt nach Angaben des Reinigungsmittelherstellers den Motor laufen lassen und das Öl wieder ablassen. Nach ein paar Minuten oder den genauen Angaben des Fahrzeugherstellers die Batterie abklemmen. Anschließend Luftfilter mit Gehäuse und Schläuchen sowie Ansaugleitung vom Luftfilter zum Turbolader ausbauen und Kurbelgehäuseentlüftung mit Schlauch demontieren.
Alle Teile muss der Mechatroniker auf Fremdkörper beziehungsweise Verrußungen untersuchen und gründlich reinigen sowie bei Bedarf erneuern. Bei der Demontage des Turboladers sollte er zusätzlich die Hitzebleche beziehungsweise Schalldämmung und Ölrücklaufleitung ersetzen. Die Ölrücklaufleitung ist im Schlauchinnern meist stark porös und dann gelangen die Gummiteile in den Ölkreislauf.
Jetzt noch die Unterdruckpumpe des Bremssystems sowie Ventildeckel und Nockenwellenkasten demontieren mit zusätzlichem Ausbau von Rail, Injektoren, Ansaugkrümmer, Zahnriemen und Nebentrieb. Die ausgebaute Unterdruckpumpe und Abgaskrümmer prüft der Kfz-Profi ebenfalls auf Fremdkörper und Metallabrieb und reinigt beide gründlich. Sind bereits Vorschädigungen an der Pumpe erkennbar, ist diese zu erneuern. Nun kann er die sichtbaren Ölrückstände im Zylinderkopf absaugen und mit dem Reinigungsmittel aus dem Kit gründlich säubern sowie die Hydrostößel ausbauen und erneuern. Die Injektoren sollten in einem Ultraschallbad gereinigt sowie die Dichtungen ersetzt werden.
Weitere Demontageschritte sind: Ölfilter, Ölkühler-/Ölfiltereinheit, Ölwanne und Ölansaugrohr mit Sieb sowie Ölpumpe genau prüfen und reinigen und bei Bedarf ersetzen. Zahnriemen mit Spannrollen, Wasserpumpe sowie Katalysator und Dieselpartikelfilter (DPF) sind nach Rücksprache mit dem Kunden zu wechseln. (Diese Teile befinden sich nicht im Kit.) Zusätzlich empfiehlt es sich bei Fahrzeugen mit DPF, den Ladeluftkühler zu demontieren, das darin enthaltene Öl zu entleeren und ihn gründlich zu spülen. Auch muss der Werkstattfachmann den Filter- oder Siebeinsatz aus der Hohlschraube der Turbo-Zulaufleitung entfernen. Anschließend den Motor mit frischem Öl befüllen.
Der Zusammenbau und die Komplettierung der Komponenten erfolgen in umgekehrter Reihenfolge. Außerdem weist BTS Turbo daraufhin, dass bei den genannten HDI-Motoren der Ölmessstab überprüft werden muss. Ist ein Ölmessstab mit gelbem Griff verbaut, wird dieser durch einen aus weißem Verbundwerkstoff und mit einem orange-farbigen Griff ersetzt. Bei diesem neuen Stab ist die Messtoleranz wesentlich genauer. Des Weiteren sind die Luftführungsauslassleitungen auf Beschädigungen und Verunreinigungen zu prüfen. Insbesondere bei Fahrzeugen vor dem Baujahr Mai 2006 können hier Risse auftreten.
Folgeschäden vermeiden
Vor dem ersten Motorstart muss der Kfz-Profi die Injektoren abklemmen, anschließend den Motor circa 20 Sekunden mit Anlasserdrehzahl starten, dann etwa 10 Sekunden Pause. Dieses Procedere zweimal wiederholen. Nur so lassen sich durch den Öldruckaufbau alle zu schmierenden Teile erreichen und mit Motoröl benetzen. Voraussetzung ist jedoch, dass der Mindestölstand des Motors nicht unterschritten wird.
Zusätzlich ist noch die Öldurchlaufmenge am neu verbauten Turbolader zu prüfen. Dazu montiert der Mechatroniker eine längere Ölrücklaufleitung an den Turbolader und führt diese in einen separaten und sauberen Messbehälter. Jetzt startet er den Motor, lässt ihn rund 60 Sekunden im Leerlauf laufen und misst anschließend das Ölvolumen. Laut BTS Turbo sollten sich mindestens 0,5 Liter Motoröl angesammelt haben. Diesen Messtest muss er zwei- bis dreimal wiederholen, um den korrekten Ölfluss zu bestätigen. Sollte die Messung deutlich weniger ergeben, ist der Motor zu erneuern, da die Ölkanäle bereits irreparabel geschädigt sind.
Bei positivem Messergebnis montiert der Mechatroniker wieder die richtige Ölrücklaufleitung an den Turbo. Bei Fahrzeugen mit DPF ist eine statische Regeneration des Partikelfilters laut Fahrzeugherstellerangaben auszuführen. Nach einer Probefahrt von circa 30 bis 40 Kilometern wechselt der Werkstattfachmann zum Abschluss der Reparatur das Motoröl und den Ölfilter erneut.
Hinweis von BTS Turbo: Werkstätten, die die aufgeführten Teile im Superkit nicht austauschen und die Serviceanweisung nicht befolgen, müssen mit einem wiederholten Ausfall des Turboladers rechnen. Zudem sind dann auch sämtliche Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen.
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