Geldwerter Vorteil und Ein-Prozent-Regelung bei Firmen- und Dienstwagen

Nicht immer privat: Dienstfahrzeuge aus dem Vorführwagen-Fuhrpark, die den Mitarbeitern lediglich zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung stehen, dürfen vom Finanzamt nicht grundlos als Sachbezug besteuert werden, so der Bundesfinanzhof in einer aktuellen Entscheidung. Bild: ProMotor

In den letzten Jahren füllte die private Nutzung betrieblicher Fahrzeuge des Öfteren die Akten finanzgerichtlicher Auseinandersetzungen. Krafthand-Online weist in einem Überblick auf die Hürden und Stolpersteine einer sehr umstrittenen Norm des Steuerrechts hin.

Früher war alles besser – dieser Spruch wird oft bemüht, um die Vergangenheit zu verklären. Bei der Besteuerung der privaten Nutzung von Firmen- oder Dienstwagen trifft diese Aussage jedoch zu, denn bis 1995 wurde meistens im Zusammenspiel mit dem Finanzamt der private Nutzungsanteil geschätzt. Diese Schätzung wurde dann vom Kfz-Profi für die Steuerberechnung übernommen. Seit 1996 existiert in § 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) eine Regelung für diesen Sachverhalt, die immer noch die Agenda diverser Finanzgerichte und des Bundesfinanzhofes (BFH) füllt.

Das Regelungsziel

Nutzt der Kfz-Profi Betriebsfahrzeuge zu privaten Zwecken oder überlässt er diese seinen Mitarbeitern für Privatfahrten, so tätigt der Unternehmer quasi einen ‚Umsatz’ mit sich selbst oder mit seinen Arbeitnehmern. Dieser ‚Umsatz’ stellt steuerrechtlich eine „Entnahme“ dar oder wird beim Mitarbeiter als „geldwerter Vorteil“ erfasst. Die Norm trennt also das Unternehmen in eine betriebliche Sphäre und in eine private Sphäre auf. Sie verfolgt das Ziel, auch in diesem Umfeld Besteuerungslücken zu vermeiden.

Der Gesetzgeber erreicht dieses Ziel dadurch, indem er in derartigen Fällen steuerbare Umsätze des Unternehmers mit sich selbst fingiert. Der Wert eines solchen Umsatzes kann der Unternehmer dadurch ermitteln, indem er ein Fahrtenbuch führt und darin seine privaten Fahrten lückenlos auflistet, um diesen Fahrten die entstandenen Kosten des Fahrzeugs zuzuordnen. Diese Kosten zeigen dann die Höhe der zu besteuernden Entnahme auf.

Diese Methode ist umständlich und stößt oftmals auf Unverständnis. Insofern behilft sich die Finanzverwaltung mit der zweiten Möglichkeit, nämlich mit der sogenannten Ein-Prozent-Regelung. Für den monatlichen ‚Umsatz’ wird pauschal ein Prozent des Brutto-Listenpreises des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Erstzulassung einschließlich der Umsatzsteuer herangezogen, auch wenn der Kfz-Profi vorsteuerabzugsberechtigt wäre (BFH, Az.: XI R 12/02; X R 43/02).

Pauschale Ermittlung der Normalkosten
Mit dem pauschalen Ansatz werden diejenigen Kosten pauschal abgegolten, die unmittelbar mit der Nutzung des Fahrzeugs anfallen (Normalkosten). Nach der Fahrtenbuch-Methode hat der Kfz-Profi diese Kosten direkt zu ermitteln und zu belegen (zum Beispiel mithilfe einer gesonderten Kostenstelle oder eines Buchungskontos), mit der Pauschalierung entfällt diese Arbeit und vor allem der Nachweis. Damit sind vor allem die Benzinkosten und der Aufwand für Schmierstoffe, Haftpflichtversicherung, Kfz-Steuer, Abschreibung et cetera abgegolten – nicht hingegen Mautgebühren und Vignettenkosten für Privatfahrten auf bestimmten Straßen sowie Aufwendungen für einen ADAC-Schutzbrief (BFH, Az.: VI R 37/03) oder Kosten eines privat verursachten Unfalls (BFH, Az.: VI R 73/05).

Listenpreis auch bei gebrauchten Fahrzeugen
Wie bereits erwähnt, ist für die Berechnung des ‚Umsatzwertes’ der Brutto-Listenpreis zum Zeitpunkt der Erstzulassung ausschlaggebend. Dies gilt selbst dann, wenn das Fahrzeug vom Händler gebraucht erworben wurde (BFH, Az.: XI B 178/06). Zudem erhöht sich dieser Preis um bereits werksseitig eingebaute Sonderausstattungen (BFH, Az.: VI R 12/09).

Tageszulassungen, Werksfahrzeuge oder in der Werbung zumeist als „junge Gebrauchte“ bezeichnete Pkw werden Neuwagen gleichgestellt, obgleich teilweise Anschaffungspreisunterschiede von 30 Prozent oder mehr zum Listenpreis offenbar werden. Stellt der Kfz-Profi seinen Mitarbeitern etwa solche Werkswagen als Dienstfahrzeug zur Verfügung, müssen diese im Rahmen der privaten Nutzung mit einem erheblich höheren Sachbezug rechnen, als der aktuelle Marktwert vermuten lässt. Im Übrigen werden solche Fahrzeuge werksseitig sehr oft mit dem kompletten Zubehörprogramm versehen. Auf diese Ausstattungsmerkmale hatte weder der Kfz-Profi selbst noch seine Mitarbeiter einen Einfluss, den steuerlichen Nachteil müssen indes beide tragen.

Inzwischen scheint sich bei der Wahl des Dienstwagens eine gegenläufige Bewegung zu etablieren: Fahrzeuge aus den 1970er Jahren wecken zunehmend das Interesse – vor allem von jüngeren Kfz-Liebhabern. Diese Fahrzeuge werden auch im Alltagsgeschäft von dieser Klientel verstärkt als Werbeträger eingesetzt. Selbst wenn für solche Automobile inzwischen wieder Marktpreise erzielt werden, die selbst die Preise für moderne gehobene Mittelklasselimousinen in den Schatten stellen, ist für die Pauschalwertberechnung stets der Listenverkaufspreis zum Zeitpunkt der Erstzulassung ausschlaggebend. Bei Listenpreisen von beispielsweise gerade mal 11.000 DM im Jahre 1970 für ein Rüsselsheimer Oberklassemodell erscheint folglich die Ein-Prozent-Methode durchaus interessant.

Realitätsferne Listenpreise
Selbst wenn der Kfz-Profi mithilfe eines ‚Veteranen’ die Listenpreis-Regelung ad absurdum führen könnte, löst ein Oldtimer nicht die Grundproblematik, die der Entnahmebewertung innewohnt: Denn Listenpreise geben seit Jahren nicht mehr die Marktlage wieder.

Bezieht etwa ein Mitarbeiter eines Automobilherstellers regelmäßig unter Gewährung eines relativ hohen Nachlasses Fahrzeuge aus dessen Modellprogramm, verlangt das Steuerrecht stets die Besteuerung des Mitarbeiternachlasses. Bis 2012 war es üblich, den Vorteil aus der Differenz zwischen dem Bruttolistenpreis und dem Betrag, den der Mitarbeiter tatsächlich trägt, zu ermitteln.

Inzwischen berücksichtigt der Bundesfinanzhof (BFH, Az.: VI R 30/09 ) zumindest im Rahmen des steuerpflichtigen Mitarbeiternachlasses  die ortsüblichen Rabatte. Da im entsprechenden Gesetzestext lediglich von „Endpreisen“ die Rede ist, scheint die Wende des BFH durchaus nachvollziehbar. Bei der Ein-Prozent-Regelung kommt es unterdessen nach Willen des Gesetzgebers in § 6 des Einkommensteuergesetzes auf den „inländischen Listenpreis“ an. Darauf weist selbst der BFH hin. Eine Interpretation über den Gesetzessinn hinaus soll nicht möglich sein.

Gleichwohl nimmt der Widerstand gegen diese formale Argumentationslinie des BGH zu: In einem Fall des niedersächsischen Finanzgerichts (Az.: 9 K 394/10) hat sich ein Arbeitnehmer gegen die strikte Anwendung des Listenpreises für die Berechnung seines geldwerten Vorteils gewehrt. Als Argument diente ihm die Argumentation des BFH zu den bereits erwähnten Mitarbeiterrabatten. Die niedersächsischen Finanzrichter räumten zwar den Bedenken des Arbeitnehmers einen gewissen Raum ein, letztlich lehnten sie eine Analogie zu den Mitarbeiternachlässen ab: Der Arbeitnehmer hätte immerhin die Möglichkeit, sich der Listenpreis-Argumentation dadurch zu entziehen, indem er ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch vorweist.

Trotz dieser Absage hat das Finanzgericht die Revision beim BFH zugelassen (Az.: VI R 51/11). Es bleibt jedoch abzuwarten, ob und inwieweit sich der BFH mit seinen eigenen Argumenten auseinandersetzen wird.

Mehrere Firmenwagen
Für den typischen Kfz-Profi, der seine Werkstatt als Einzelunternehmen betreibt, hat sich die Rechtslage im Rahmen der Entnahmebesteuerung verschlechtert. Während früher bei mehreren Firmenwagen, die sich im Betriebsvermögen befanden, die Finanzverwaltung lediglich ein Fahrzeug für die Besteuerung heranzog, so können die Finanzbeamten unter Rückgriff auf mehrere Entscheidungen des BFH nun folgende Aussage treffen: „Gehören gleichzeitig mehrere Kraftfahrzeuge zum Betriebsvermögen, so ist der pauschale Nutzungswert grundsätzlich für jedes Kraftfahrzeug anzusetzen, das vom Steuerpflichtigen oder zu seiner Privatsphäre gehörenden Personen für Privatfahrten genutzt wird (BMF IV C 6-S 2177/07/10004 vom 18.11.2009).“

Für den Kfz-Profi, der zeitweise auf mehrere Vorführ- und Firmenfahrzeuge angewiesen ist, könnte die konsequente Durchsetzung dieser Rechtsprechung zu einer enormen Belastung führen. Lediglich für Pkw, die für eine weitgehend private Nutzung ungeeignet sind (sogenannte Werkstatt-Wagen; BFH, Az.: VI R 34/07), soll noch eine Ausnahme gelten.
 
Mitarbeiter und Dienstfahrten
Stellt ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern Dienstfahrzeuge zur Verfügung, geht die Finanzverwaltung in der Regel davon aus, dass diese Pkw selbstverständlich auch privat genutzt werden. In einem aktuellen Fall entschied der BFH gleichwohl zugunsten der Mitarbeiter eines Autohauses – und gegen eine private Nutzung.

Ihnen wurde die Nutzung des vorhandenen Vorführwagen-Fuhrparks für betriebliche Zwecke eingeräumt. Ausdrücklich verboten war die private Nutzung, allerdings gestattete der Kfz-Unternehmer seinen Arbeitnehmern die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Das Finanzamt ging bei einem derartigen Sachverhalt selbstverständlich davon aus, dass es sich bei der Bereitstellung eines Dienstwagens pauschal um einen Vorteil aus der Pkw-Überlassung handelt und somit die Mitarbeiter diesen Vorteil mittels Anwendung der Ein-Prozent-Regelung zu besteuern hätten.

Der BFH (Az.: VI R 64/10) wehrte sich gegen diese pauschale Betrachtungsweise. Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitgeber die private Nutzung ausdrücklich ausgeschlossen. Allein die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte begründen „noch keine Überlassung zur privaten Nutzung“, so der BFH weiter. Der Gesetzgeber hat die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vielmehr der „Erwerbssphäre“ zugeordnet.  
 
Kalkulation notwendig
Neben der rechtlichen Seite der Dienstwagen- und Firmenwagenbesteuerung darf aber auch die ökonomische Betrachtung nicht vernachlässigt werden. Angesichts der höheren steuerlichen Belastung infolge des Pkw-Sachbezugs sinkt bei vielen Mitarbeitern signifikant das zur Verfügung stehende bare Einkommen. Mindereinnahmen von 7.000 Euro oder mehr im Jahr sind keine Seltenheit. Übernimmt der Arbeitgeber sämtliche Aufwendungen inklusive der Treibstoffkosten, profitiert nicht nur der Arbeitnehmer von dieser Entlastung, der Arbeitgeber mindert mit diesem Aufwand zusätzlich seinen Gewinn und damit den steuerlichen Ertrag.