Die Borgward Isabella galt vor über 60 Jahren als modern und zuverlässig, zudem beeindruckte sie mit zeitloser Eleganz – die Erfolgsgeschichte endete 1961 mit der Insolvenz des Bremer Autobauers.
Anfang der 1950er Jahre: Die aufkommende deutsche Mittelschicht erfreut sich am Autofahren. Grund genug für Borgward in Bremen, Vollgas zu geben: Der Chef Carl F. W. Borgward aus Bremen-Sebaldsbrück persönlich formt (ziemlich gewagte) Modelle aus Plastilin im Maßstab 1 : 5. Wichtig ist ihm, dass das neue Modell weder optisch noch technisch viel mit den Vorgängermodellen Hansa zu tun hat. Diese sind zwar solide, doch Emotionen sprechen sie eher nicht an. Das soll sich mit dem Neuen ändern. Doch wie soll er heißen?
Der Chef lässt seine Vertriebsleute wissen: „Das ist mir egal. Schreibt meinetwegen Isabella drauf.“ Der Neue ist also eine Sie. Schon bei der Vorstellung 1954 wird die Isabella dank ihres modernen Konzepts und des eleganten Äußeren begeistert aufgenommen. Die feine Dame hat auch einiges zu bieten: Die neue selbsttragende Karosserie hat viel von der Strenge der Vorgänger verloren – dank der Auswölbungen an den Radausschnitten, der betonten Türschweller oder der schicken seitlichen Chromzierleiste.
Das Öl wird zweimal gefiltert
Auch die inneren Werte können sich sehen lassen: Die Vorderräder hängen an Doppelquerlenkern mit Schraubenfedern und Stabilisator. Hinten sorgen eine Pendelachse mit Schubstreben und Schraubenfedern für die nötige Standfestigkeit. Die Vorderachse sitzt auf einem Hilfsrahmen, ebenso wie der Motor – ein Vierzylinder-Reihenaggregat mit dreifach gelagerter Kurbelwelle und parallel hängenden Ventilen. Die seitliche Nockenwelle wird über ein Stirnradgetriebe mit Zahnrad aus gewebeverstärktem Phenolharz angetrieben. Ein interessantes Detail ist, dass das Öl neben dem Hauptölfilter zusätzlich im Nebenstromölfilter gefiltert wird. Ein starkes Mittel gegen Verschleiß, das Laufleistungen bis 100.000 Kilometer ermöglicht. Neu ist auch die hydraulische Kupplung. Mit der Lenkradschaltung dirigiert der Fahrer vier voll synchronisierte Gänge. Der 60 PS starke Motor bekommt schon 1955 einen 75 PS starken großen Bruder.
Auf Wunsch mit Heckflossen
Die Isabella gibt es zeitlebens nur mit zwei Türen. Das gilt für die Limousine und das Cabriolet ebenso wie für den Kombi (mit Heckklappe). 1956 legt Borgward das attraktive Coupé nach, das seine Krönung – nach Umbauten des Kölner Experten Karl Deutsch – als Coupé-Cabriolet findet. Und wie es sich für eine feine Dame gehört, weiß die Isabella immer wieder, mit ihren Accessoires Akzente zu setzen: Bandtachometer und Rundinstrumente wechseln im Lauf der Jahre immer mal wieder. Der Rhombus auf dem Kühlergrill, Borgwards Markenzeichen, ist ebenfalls Veränderungen unterworfen. Ab 1959 gibt es das Coupé auch im US-Look mit Heckflossen.
Mit einem Grundpreis von rund 7.300 Deutschen Mark ist die Isabella vom Start weg ein Verkaufsschlager. Doch schon 1961 endet die Erfolgsgeschichte mit der Insolvenz des Bremer Autobauers. Die Produktionsanlagen landen in Süd- und Nordamerika. In Argentinien und Mexiko werden noch einige Fahrzeuge gebaut. Bis Ende 1962 laufen insgesamt rund 202.862 Isabellas vom Band, dann verliert sich die Spur – bis vor ein paar Jahren ein moderner Borgward auftaucht. Der SUV aus chinesischer Produktion soll den europäischen Markt erobern. Doch ohne Erfolg. Am modernen Nachfolger besteht kaum Interesse. Die kleine, treue Fangemeinde poliert lieber die Zierleisten der inzwischen reifen feinen Dame.
Exklusive Einblicke
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