Exklusiv: KS-Tools-Chef Schott spricht über den Start bei seiner 4. Dakar
Stephan Schott ist im ’normalen Leben‘ Geschäftsführer des Werkzeugspezialisten KS-Tools. Im Regelfall verbringt er 10 Stunden täglich am Schreibtisch in der Firmenzentrale in Heusenstamm oder kümmert sich in seiner Freizeit um seine beiden Windhunde. Nur einmal im Jahr zieht es Ihn richtig raus – er geht seiner zweiten Leidenschaft, dem Rallyefahren, nach.
Am 01.01.2012 tritt er zusammen mit seinem Beifahrer Holm Schmidt auf einem BMX X3 CC des X-Raid-Teams zum vierten Mal bei der ‚Dakar an‘. Start der Rallye ist im argentinischen Mar del Plata. Die Strecke führt über die Anden nach Copiapó (Chile) bis hoch nach Lima (Peru), wo die ‚Dakar‘ am 15.01.2012 endet. Krafthand-Online hat mit Stephan Schott über seine erneute Teilnahme, das Fahrzeug und seine Ziele bei der härtesten Rallye der Welt gesprochen.
Georg Blenk: Stephan, noch vor Deinem hervorragenden 20. Platz bei der 2011er Ausgabe, sprachst Du von Deiner absolut letzten Teilnahme bei der ‚Dakar‘. Hat Dich das Fieber wieder gepackt?
Schott: Nach der Dakar ist immer wieder vor der Dakar. Natürlich muss man die letzte Teilnahme immer erst ‚verdauen‘ — aber dann kommt das Interesse und Fieber langsam wieder zurück. Trotz aller Strapazen ist eine Dakar-Teilnahme für mich immer wieder ein Highlight und mit einem gewissen Abstand freut man sich doch wieder dabei sein zu können.
Blenk: Du fährst zusammen mit Holm Schmidt wieder in einem BMW X3 CC des X-Raid-Teams. Wie weit ist das Fahrzeug von der Serie entfernt?
Schott: In der Zwischenzeit kann man ja von einer ‚eigenen‘ Kleinserie bei X-Raid reden. Sven Quandt hat bereits 14 oder 15 Fahrzeuge gebaut. Aber Spass beiseite – diese Fahrzeuge haben fast gar nichts mit einem Serienfahrzeug zu tun. Sie bestehen aus einem Gitterrohrrahmen um den herum alle Aggregate und Komponenten gebaut wurden. All diese Teile sind speziell für den Rennbetrieb konstruiert, zum Beispiel Getriebe, Aufhängungen, Stoßdämpfer, Lenkung et cetera. Auch der Motor wurde nach dem speziellen FIA-Reglement aufgebaut und ist leistungsmäßig ’schon etwas‘ von der Serie entfernt. Die Karosserie selbst besteht schon alleine aus Gewichtsgründen aus Karbonteilen, die wiederum um die Sicherheitszelle angebracht wurden. Bei diesen speziellen Rennfahrzeugen im Marathon-Rallyesport kann man davon ausgehen, dass fast gar nichts aus der Serie stammt, obwohl natürlich andererseits manche Entwicklungen eventuell später Eingang in ein Serienfahrzeug finden können.
Blenk: Gab es, und wenn ja inwiefern, signifikante Weiterentwicklung zum Vorjahresfahrzeug?
Schott: Mein letztjähriges Auto war noch aus einer der ersten Produktionen des X3 CC. Dieses Jahr steht uns erstmals der RS-08-Motor mit Stand 2011 zur Verfügung – mit einigem mehr an Drehmoment und Pferdestärken. Außerdem fahre ich dieses Jahr erstmals auch mit den wassergekühlten Bremssätteln, so dass auch die Standfestigkeit und Performance auf diesem Gebiet weitaus besser sein wird. Darüber hinaus ist nach den Erfahrungen bei der letzten Dakar das Fahrwerk nochmals überarbeitet worden. Ich denke das wir dieses Mal mit weitaus weniger Reifenschäden als in 2011 rechnen dürfen.
Blenk: X-Raid geht mit ganzen 8 Fahrzeugen bei die Dakar 2012 an den Start, davon 5 ‚Mini All4 Racing‘ und 3 BMW X3 CC. Wie groß ist das gesamte Team und auf welche Ressourcen kannst Du im Schadensfall zurückgreifen ?
Schott: Das gesamte Team besteht aus zirka 100 Mitarbeitern und ist hervorragend aufgestellt. Wir verfügen meines Wissens über 12 Servicetrucks, 3 Sattelzüge für den Fahrzeugtransport, 2 Renntrucks ‚T4‘ quasi als schnelle Eingreiftruppe bei Notfällen während des Rennens sowie noch über einige X6-Runnercars und einen Mini für die Pressecrew.
Blenk: Es gibt das schöne Wörtchen ‚Wasserträger‘. Startest Du mit Ersatzteilen an Bord und wenn ja für wen?
Schott: Sicherlich werde ich auf einigen Etappen ein paar Ersatzteile mehr an Bord haben um im Notfall den Stars in unserem Team helfen zu können. Wobei ich natürlich hoffe während des Rennens weder Stéphane Peterhansel noch Nani Roma zu sehen – es sei denn ich habe das Glück ab und zu in deren Windschatten (sprich Staubfahnen) bleiben zu können. Ich bin mir ferner dessen bewusst das ich nur ein ambitionierter Amateur bin, der schon einige
Erfahrungen bei den letzten 3 Dakar-Veranstaltungen gesammelt hat – und dabei auch immer das Ziel in Wertung erreichte. Trotzdem besteht noch ein riesen Unterschied zu den Top-Fahrern. Also werde ich wieder als ‚KS Tools-Werkstattwagen‘ unterwegs sein und versuchen ein für mich gutes Ergebnis zu erzielen.
Blenk: Das Terrain ist dem Vernehmen nach weitestgehend sandig. Es soll eher weniger schnelle Passagen geben. Schreibt das Reglement einen Einheitsreifen vor oder könnt Ihr zwischen ‚Sand‘ ‚ Mud‘ und ‚Rock‘ wählen?
Schott: Für die sogenannten Werksteams gibt es nur einen Einheitsreifen, der von Allem etwas beinhaltet. Hauptsächlich ist dieser Reifen auf ‚hartes‘ Terrain ausgelegt – also vergleichbar zu dem früheren G1-Reifen ‚Rock‘. Trotzdem ist dieser Reifen bei entsprechenden Luftdruck und einem starken Fahrzeug wie wir es fahren auch sehr gut im Sand.
Blenk: Volkswagen ist nicht mehr mit von der Partie. X-Raid rechnet sich deshalb mit den Minis und Fahrern wie Stéphane Peterhansel oder Nani Roma berechtigte Siegchancen aus. Wie sieht es bei Dir aus. Welche Platzierung ist realistisch?
Schott: Eigentlich finde ich es sehr Schade das Volkswagen nicht mehr mit dabei ist. Trotzdem gibt es auch dieses Jahr einige Mitkonkurrenten, die nicht außer Acht zu lassen sind. Ich denke da an Toyota mit De Villiers / Gottschalk , die ehemaligen Werks-Mitsubishi in holländischer und brasilianischer Hand, aber auch an Alfi Cox mit seinem neu aufgebauten Volvo. Man könnte noch einige mehr aufzählen, wobei auch mindestens zwei weitere Fahrer innerhalb unseres Team mit berechtigten Siegchancen rechnen können. Ich möchte hier nur Christoph Holowczyc oder Leonid Novitsky mit seinem Beifahrer Andi Schulz erwähnen. Für mich selbst habe ich das Ziel ‚Top 15‘ ausgegeben, wobei man immer davon ausgehen muss, dass bei der Dakar überhaupt nichts vorhersagbar ist. Ein kleiner Fehler zum falschen Zeitpunkt und alles was man vorher erreicht hat ist sofort Historie. Ich werde versuchen mit klarem Kopf und so wenig Fehlern wie möglich meine Speed zu finden und dann sehen wir weiter..
Stephan, ich wünsche Dir sehr viel Erfolg in Südamerika und kommt gesund nach Hause!
Ich danke Dir für das Gespräch!
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