Kodak. Loewe. BlackBerry. Quelle. Weltbild. Das ist nur eine Auswahl an namhaften Unternehmen, die entweder insolvent gegangen und vom Markt verschwunden sind oder zumindest Insolvenzanträge stellen mussten – auch weil sie die Zeichen der Digitalisierung nicht (rechtzeitig) erkannt haben. Kodak hat den Siegeszug der Digitalfotografie verpasst. Loewe gehörte nicht zu den Trendsettern beim Flachbild-TV. BlackBerry wurde von Apples iPhone kalt erwischt. Quelle hat die Kurve hin zum Onlinehandel verpasst. Ebenso wie der Weltbild-Verlag, der Opfer des Onlinebuchhandels von Amazon wurde.
Gerade die letzten beiden Beispiele zeigen, welche Umbrüche die Digitalisierung hervorruft. Zwar ist es nicht neu, dass der Handel einem stetigen Wandel unterworfen ist, nur: Die Dynamik, mit der dieser aufgrund der Digitalisierung passiert, gab es in früheren Zeiten nicht.
Vor diesem Hintergrund kann man durchaus sagen, dass die Kfz-Teilegroßhändler und -Werkstätten im Vergleich zu anderen Branchen bis dato eh vergleichsweise geringe Umwälzungen über sich ergehen lassen mussten. Denn selbst wenn der Onlinehandel mit Ersatzteilen schon vor gut 15 Jahren an Bedeutung gewonnen hat, wirklich tiefgreifende Auswirkungen auf das Kundenverhalten hatte das lange nicht. Selbst heute kauft die Masse der Autofahrer nach wie vor die Teile nicht selbst im Internet. Und die Mehrheit der freien Kfz-Betriebe tut das auch nicht. Autofahrer vertrauen nach wie vor ihrer Werkstatt. Und diese bevorzugt nach wie vor den stationären Teilegroßhändler um die Ecke.
Doch wird das so bleiben? Zumindest glauben viele Teilegroßhändler nicht mehr ohne Weiteres daran. So legte Gero Becker vom Kölner Institut für Handelsforschung (IFH Köln) in einem Vortrag beim GVA-Kongress (GVA = Gesamtverband Autoteile Handel) Folgendes dar: 73 Prozent der im GVA organisierten Teilegroßhändler gehen laut einer entsprechenden Befragung von einer zunehmenden Verlagerung der Umsätze in die digitalen Kanäle aus. Infolgedessen sehen 65 Prozent der GVA-Mitglieder einen eigenen Onlineshop als erfolgsentscheidend an. Die Frage ist: Werden die klassischen Großhändler damit Onlineplayern wie Autodoc, Kfz-Teile24, eBay oder Amazon die Stirn bieten können?
Die Chancen dafür sind zumindest da: Kundennähe. Branchenkompetenz. Die Neigung der Werkstätten, lieber bei ihren vertrauten Partnern einzukaufen. Das steht auf der Habenseite der Teilegroßhändler. Fakt ist aber auch: Gewinner der Digitalisierung, oder besser Nutznießer digitaler Handelsplattformen, sind immer die Kunden – ob im B2B- oder B2C-Bereich. Denn Preise werden transparenter, Leistungen lassen sich leichter vergleichen und Beschaffungsprozesse werden einfacher.
Somit sei es nur logisch, wie Becker in seinem Vortrag erklärt, dass 79 Prozent der GVA-Mitglieder finden, sie müssten sich neue Einnahmequellen erschließen. Denn letztlich drücken die Einflüsse des Internets und dabei insbesondere die (digitale) Preistransparenz auf die Handelsmarge.
Und was geht das die Werkstätten an?
Genau hier kann für die Zukunft auch ein Knackpunkt für die Werkstätten liegen. Kommt es so, wie es der Teilehandel teils selbst befürchtet, müssen mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Kfz-Betriebe mit sinkenden Ersatzteilmargen klarkommen. Erst recht dann, wenn junge und vom Internet viel mehr als ältere Autofahrer geprägte Kunden bei preisintensiven Reparaturen Ersatzteilkosten im Internet recherchieren und somit – bewusst oder unbewusst – einen Preisdruck für Ersatzteile ausüben, von dem sich Werkstätten nicht so einfach frei machen können.
Tritt eine solche Entwicklung ein, müssen Kfz-Betriebe in Zukunft ihr Geld noch viel mehr über die Servicedienstleistungen, sprich über höhere Stundensätze oder Einbaupauschalen, verdienen. Das würde gleichzeitig bedeuten, dass viele Kfz-Betriebe ihre Haltung überdenken müssen, vom Kunden mitgebrachte Ersatzteile grundsätzlich nicht einzubauen. Das ist sicher nicht von heute auf morgen notwendig, da in unserer Branche die Digitalisierung das Kundenverhalten in Sachen Ersatzteilbeschaffung glücklicherweise nur langsam und wohl auch nie vollkommen umkrempelt. Aber dass sich Dinge ändern und damit auch Kfz-Betriebe althergebrachte Denkmuster in Frage stellen müssen, das kann wohl niemand mehr ernsthaft bestreiten.