Der ‚J155’, so die interne Bezeichnung des jüngsten Toyota Land-Cruiser, kommt mit bewährter Technik, aber neuen Zusatzfeatures wie dem ‚Multi Terrain Select System’ oder der ‚Crawl Control’ daher. Vier Außenkameras ermöglichen zudem volle Fahrzeugkontrolle auch im schwierigen Gelände. KRAFTHAND konnte sich davon ‚live’ überzeugen.
1951 lief der erste ‚BJ’ vom Band. 1955 erhielt das ursprüngliche rein fürs Gelände konzipierte Militärfahrzeug die Bezeichnung ‚Land-Cruiser’. 1966 rückte der ‚Station-Wagon’ nach. Toyota bediente mit dem Fahrzeug speziell den amerikanischen Markt, die Nachfrage nach bulligen allradgetriebenen und komfortablen Straßenfahrzeugen war speziell in den USA hoch. Ab 1985 bildete die sogenannte ‚Light-Duty’-Serie (LD) konsequent den Mix aus On- und Offroad-tauglichen Fahrzeugen. So waren es Toyota zufolge vor allem die ‚LD’-Modelle der 2. und 3. Generation die die Bekanntheit des Land-Cruisers steigerten. Bis heute wurde rund fünf Millionen Stück weltweit verkauft.
Fahrwerk und Dämpfung
Das Fahrwerk des jüngsten Modells, abgestützt von einem klassischen Leiterrahmen, verfügt über eine in den Dimensionen und Toleranzen überarbeitete Doppelquerlenker-Achse vorne und einer ebenso überarbeiteten Mehrlenkerhinterachse. Die Steifigkeit des Rahmens wurde gegenüber dem Vorgänger um elf Prozent erhöht.
Unterstützt wird der ambitionierte Offroad-Fahrer von der dynamischen Fahrwerkskontrolle ‚Kinetic Dynamic Suspension System’ (KDSS). Dieses steuert den vorderen und den hinteren Stabilisator, welche über Hydraulikzylinder und entsprechende Aktuatoren verbunden sind. So minimiert der ‚J155’ beispielsweise auf der Straße die Seitenneigung in schnellen Kurven. Im schweren Gelände lässt das KDSS eine hohe Achsverschränkung zu, um optimalen Bodenkontakt der Räder beziehungsweise eine bessere Traktion zu gewährleisten.
Das in drei Stufen (‚Normal’, ‚Komfort’, ‚Sport’) einstellbare aktive Dämpfungssystem (AVS) erhöht beim Bremsen die Federrate vorne, beim Beschleunigen entsprechend hinten. Zusammen mit der mittels Luftfederung aktiven Niveauregulierung der Hinterachse (AHC) sollen die beiden Systeme zu mehr Fahrstabilität und Spurtreue beitragen.
Alles geregelt
Wer sich öfter im Gelände aufhält (23 Prozent der Besitzer eines Land-Cruisers bewegen laut Toyota ihr Fahrzeug regelmäßig abseits befestigter Straßen, bei Käufern anderer SUVs sind es lediglich neun Prozent) dem steht jetzt der sogenannte ‚Multi Terrain Monitor’ zur Verfügung. Über das 7-Zoll-LCD-Display und vier Außenkameras werden alle nicht-einsehbaren Bereiche wie Geländeabrisse vorne oder der Lenkeinschlag sichtbar. Das System informiert darüber hinaus über die Entfernung zu etwaigen Hindernissen. Im Offroad-Betrieb sollte der ‚Geländegänger’ allerdings immer ein Taschentuch zur Hand haben, da die beiden Seitenkameras, untergebracht in den beiden Außenspiegeln, sehr schnell ‚zuschmutzen’.
Die Videoüberwachung wird durch das neue ‚Multi Terrain Select’ (MTS)-System unterstützt, das optional für die Modelle mit Fünfstufen-Automatik lieferbar ist. Der Fahrer kann zwischen den Geländemodi ‚Sand’, ‚Schotter’, ‚Fels’ und ‚Buckelpiste’ wählen. Dabei modifiziert das System die Beschleunigungs-, Brems- und Traktionskontrollsysteme des Fahrzeugs automatisch. So ermöglicht beispielsweise der Modus ‚Schotter’ einen gewissen Schlupf der Räder, um den Schwung der Beschleunigung aufrecht zu erhalten und ein stärkeres selektives Bremsen zuzulassen.
Neu ist auch die so genannte ‚Crawl Control’: Bei extremen Steigungen und Gefälle kann der Fahrer fünf verschiedene Geschwindigkeiten (1,8 km/h bis 5,4 km/h) einstellen und ‚gemütlich’ die Beine von den Pedalen nehmen. Der Land-Cruiser regelt dann Motordrehzahl und Bremsen automatisch. Unterstützt werden die Fahrmanöver ebenso durch das ‚Multi Terrain ABS’. Das System lässt beispielsweise auf sandigem Terrain beim Einleiten des Bremsvorgangs ein kontrolliertes Blockieren der Räder zu. Der Reifen kann sich zuerst etwas eingraben, der aufgebaute ‚Keil’ vor den Rädern verkürzt den Bremsweg.
Antrieb
Was die Motorisierung betrifft, setzt Toyota auf den bereits im Vorgängermodell verbauten 3-l-Diesel. Das Vierzylinder-Aggregat wurde jedoch in den Bereichen Einspritzung und Abgasführung überarbeitet. Der Motor leistet 127 kW und entwickelt ein maximales Drehmoment von 410 Nm. Er erreicht laut Toyota einen Durchschnittsverbrauch von 8,1 l und eine damit verbundene CO²-Emission von durchschnittlich 214 g/km. Der Land-Cruiser erfüllt die Euro-4- Abgasnorm. Erst ab Oktober 2010, und wenn das ‚Go’ aus Japan kommt, soll das Aggregat den Angaben zufolge auch die Euro-5-Norm erreichen.
Die Kraft des ‚3,0-l-D-4D’ wird entweder über ein Sechsgang-Schaltgetriebe oder eine Fünfstufen-Automatik auf die Straße gebracht. Alle Varianten des neuen Land-Cruiser verfügen über ein sogenanntes ‚Torsen Limited Slip’ (LSD)-Zentraldifferential, welches eine Kraftverteilung von 60:40 (vorne/hinten) ermöglicht. Je nach Gelände kann die Kraftverteilung von 50:50 bis 30:70 variiert werden. In der Ausstattungsvariante ‚Tec-Edition’ steht dem Kunden zusätzlich ein Hinterachsdifferential zur Verfügung. Beide Differentiale können über Taster in der Mittelkonsole elektronisch geschaltet werden.
Der Tradition verpflichtet
Den ‚Land-Cruiser’ ist in der Basisvariante, in den Varianten ‚Version-Life, ‚Executive’ und ‚Tec-Edition’ erhältlich. Sieht man von der per-se anfälligen Struktur der Regelsysteme und etwaigen Schäden an der Hardware durch Fahrfehler der geneigten ‚Offroader’ ab, dürfte das Servicevolumen in den Werkstätten aufgrund der Robustheit des Boliden zumindest anfänglich überschaubar bleiben.
Nach wie vor bleibt der Wagen ein ‚Arbeitstier’ für Liebhaber, der die Offroad-Tradition von Toyota konsequent fortführt, aber auch in der neuesten Variante kein Allerweltsauto ist. Das ändert auch der in anderen Fahrzeugklassen längst übliche Komfortstandard nicht.