Für die meisten Nutzer von Elektroautos reicht im Alltag ein Ladevorgang zu Hause oder am Arbeitsplatz aus. Der Faktor Zeit spielt hier keine maßgebliche Rolle. Bei Langstreckenfahrten wie Urlaubsreisen zählt dagegen jede Minute. Krafthand hat bei Experten nachgefragt, was eine gute Ladeperformance ausmacht.
Sowohl Kfz-Profis als auch ihre Kunden orientieren sich bei Elektroautos oft an der maximalen Ladeleistung, um die Ladeeigenschaften zu beurteilen. Der ADAC betont jedoch, dass es bei Elektrofahrzeugen nicht nur auf die Reichweite ankommt, sondern, dass auch die Kombination aus Schnellladefähigkeit und Verbrauch ein wichtiger Faktor bei dieser Beurteilung ist. Denn erst wenn die Ladezeit und der Verbrauch möglichst gering sind, lässt sich ein E-Fahrzeug auch für längere Strecken einsetzen.
Empfohlen wird, bei E-Fahrzeugen grundsätzlich die Schnellladefunktion mitzubestellen.
Als langstreckentauglich bezeichnet der ADAC ein E-Auto übrigens dann, wenn es eine Ecotest-Reichweite von mindestens 300 Kilometer besitzt und in 30 Minuten wieder mindestens 200 Kilometer Reichweite nachladen kann. Das Problem: Laut dem Verkehrsclub werden zwar die Schnellladetechnologien der Fahrzeuge immer besser, dennoch machen Fahrzeughersteller oft nur vage Angaben dazu. Die Verkehrsexperten halten es aber für wichtig, das Schnellladeverhalten eines Elektroautos zu kennen, da dies sowohl bei der Kaufentscheidung als auch bei der Routenplanung hilft.
Die Ladegeschwindigkeiten
Um für etwas mehr Klarheit zu sorgen, hat der ADAC fürs Erste den Schnellladevorgang von fünf verschiedenen E-Fahrzeugen gemessen und die wiedergewonnene Reichweite nach zehn, 20 oder 30 Minuten ermittelt. Das Ergebnis: Die Ladestrategien fallen bei den verschiedenen Herstellern sehr unterschiedlich aus. Am überzeugendsten ist dabei der Audi e-tron gewesen, der im relevanten Bereich (10 bis 80 % Batterieladestand) konstant mit sehr hoher Leistung von knapp 150 Kilowatt lädt. Der Mercedes EQC dagegen regelte seine Ladeleistung schon bei knapp 40 Prozent Batteriestand kontinuierlich herunter.
Noch geringere Ladeleistungen generierten der Opel Ampera-e, der Renault Zoe und der Nissan Leaf. Für Langstreckenfahrten sind sie nach Einschätzung des ADAC deshalb weniger geeignet. Zum Vergleich: Der Audi e-tron lädt innerhalb der ersten zehn Minuten 113 Kilometer Reichweite nach, der Nissan Leaf dagegen nur 40 Kilometer. Nach 30 Minuten Ladezeit schafft der e-tron mit der geladenen Energie 305 Kilometer, der Nissan Leaf 124 Kilometer.
Genauer hingeschaut
Audi gibt zudem an, dass der Unterschied bei einer Schnellladung im Detail liegt. Denn die Fähigkeit des HPC-Schnellladens (High-Power-Charging) mit möglichst hoher Leistung an der Ladesäule ist zwar eine notwendige Voraussetzung, aber nicht der alles entscheidende Faktor.
Die Ingolstädter betonen, dass es mindestens genauso wichtig ist, dass eine hohe Stromaufnahme der Batterie über einen weiten Bereich des Ladevorgangs gewährleistet ist. Lädt das Auto hingegen nur in einem vergleichsweise kleinen Fenster mit Höchstleistung und muss frühzeitig herunterregeln, nimmt damit gleichzeitig auch die Ladegeschwindigkeit ab – also der Zugewinn nachgeladener Batteriekapazität pro Zeiteinheit.
So lädt der Audi e-tron 55 ab einem Ladezustand von fünf bis 70 Prozent an einer 150-Kilowatt-HPC-Säule mit fast maximaler Leistung. Erst danach senkt das Batteriemanagement die Stromstärke ab. Ähnlich wie der ADAC bekräftigt der Hersteller deshalb, dass eine gute Ladeperformance vor allem darin besteht, wie viel Reichweite im Schnitt über einen definierten Zeitraum, beispielsweise innerhalb von zehn Minuten, nachgeladen werden kann. Ganz entscheidend beeinflusst dabei vor allem das Thermomanagement die Leistung und die Dauerhaltbarkeit eines Stromspeichers.
Temperatur im Fokus
Bei der Lithium-Ionen-Batterie des Audi e-tron 55 mit einer Bruttokapazität von 95 Kilowattstunden (netto 86,5 kWh) ermöglicht beispielsweise eine Flüssigkeitskühlung, dass sich die Batterietemperatur auch bei hoher Belastung oder tiefen Temperaturen im optimalen Wirkungsbereich von 25 bis 35 °C bewegt. In den insgesamt 40 Metern Kühlleitungen der vier Kühlkreisläufe zirkulieren aus diesem Grund auch 22 Liter Kühlmittel.
Eine gute Ladeperformance ist dadurch definiert, dass über einen definierten Zeitraum im Schnitt eine bestimmte Reichweite nachgeladen werden kann.
Das Herzstück des Kühlsystems sind dabei Strangpressprofile, die von unten an das Batteriesystem geklebt sind. Ein neu entwickelter wärmeleitfähiger Klebstoff verbindet die Kühleinheit mit dem Batteriegehäuse. Den Kontakt zwischen Gehäuse und den darin platzierten Zellmodulen stellt wiederum der sogenannte Gap-Filler her – ein wärmeleitfähiges Gel, das unter jedem Zellmodul den Zwischenraum zum Gehäuse füllt. Es leitet die entstehende Abwärme der Zellen gleichmäßig über das Batteriegehäuse in das Kühlmittel.
Die räumliche Trennung von kühlwasserführenden Elementen und Batteriezellen erhöht die Funktionssicherheit des Gesamtsystems und die aufwendigere Konstruktion – wie etwa die Fachwerkstruktur des Batteriegehäuses oder die Strangpressprofile des Kühlsystems – stellt eine zusätzliche Widerstandskraft im Crashfall dar.
Unabhängig davon, nach welchem Konzept die Unternehmen die Ladeleistungen ihrer Fahrzeuge erhöhen, empfiehlt der ADAC, die Schnellladefunktion bei E-Fahrzeugen grundsätzlich mitzubestellen. Der Verband appelliert darüber hinaus an die Autohersteller, die Verbraucher besser mit Informationen zur Schnellladetechnologie zu versorgen und in Zukunft keinen Aufpreis für die Schnellladebuchse zu verlangen. Nur so sei der alltagstaugliche Einsatz von E-Fahrzeugen gewährleistet.