Raddrehzahlsensor, Hella Pagid
Raddrehzahlsensor

Drehzahlfühler am Rad

Die Informationen der Raddrehzahlsensoren werden unter anderem benötigt für die Steuergeräte von ABS, ASR, ESP und ACC sowie für die Navigation zur Berechnung von Fahrgeschwindigkeit, Schlupf und gefahrener Wegstrecke. Bilder: Hella Pagid

Oft führt dies in der Werkstatt zu Verwirrung: Raddrehzahlsensoren unterscheiden sich aufgrund ihrer Wirkungsweise in aktive und passive Sensoren. Aus ihren Signalen leiten zahlreiche Steuergeräte die entsprechenden Drehzahlinformationen ab. Für die Fehlersuche sollte der Kfz-Fachmann die Besonder heiten, Messtechnik und Unterschiede der jeweiligen Sensor typen kennen. KRAFTHAND hat sich bei Hella Pagid informiert.

In nahezu allen europäischen Neufahrzeugen gehören moderne Fahrzeugassistenz- und Komfortsysteme inzwischen zur Grundausstattung. Die damit verbundene Fahrzeugelektronik stellt Werkstätten immer wieder vor neue Herausforderungen, etwa durch Sensoren, die die intelligente Datenkommunikation der elektronischen Fahrzeugsysteme unterstützen. Beispielsweise dienen Raddrehzahlsensoren dazu, die Drehgeschwindigkeit von Fahrzeugrädern zu ermitteln. Sie werden von Steuergeräten unter anderem in den Fahrerassistenzsystemen ABS, ASR, ESP oder ACC zur Erkennung der Raddrehzahl verwendet.

Wichtigstes Bauteil in dem Technologieverbund ist der Raddrehzahlsensor, auch als ABS-Sensor bezeichnet. Das ABS-Steuergerät stellt die Raddrehzahlinformationen über die Datenleitung auch dem Motor-, dem Getriebe- und dem Fahrwerkregelsystem zur Verfügung. Gleichzeitig profitieren Navigationssysteme von den Signalen dieser Sensoren. Sie errechnen daraus die zurückgelegte Wegstrecke – beispielsweise in Tunnels oder wenn keine Satellitensignale zur Verfügung stehen.

Aufbau und Arbeitsweise

Da sich die Wirkungsweise der Raddrehzahlsensoren in aktiv und passiv unterscheidet, es aber keine eindeutig definierte Zuordnung gibt, hat sich im Werkstattalltag folgende Beschreibung durchgesetzt:

  • Wird ein Sensor erst durch das Anlegen einer Versorgungsspannung aktiviert und generiert dann ein Ausgangssignal, wird dieser Sensor als ‚aktiv’ bezeichnet.
  • Arbeitet ein Sensor ohne eine zusätzliche Versorgungsspannung, wird er als ‚passiv’ bezeichnet.

Die Signale für den Raddrehzahlsensor erzeugt ein fest mit der Radnabe verbundener Stahl-Impulsgeber (passive Sensoren) oder ein Multipol-Magnetimpulsgeber (aktive Sensoren). Diese Impulsgeber weisen die gleiche Umdrehungsgeschwindigkeit auf wie das Rad und bewegen sich berührungslos am sensitiven Bereich des Sensorkopfs vorbei. Der Sensor ‚liest’ somit ohne direkten Kontakt über einen Luftspalt von bis zu 2 mm. Der Luftspalt dient dazu, eine störungsfreie Signalerfassung zu gewährleisten. Mögliche Störungen wie beispielsweise Schwingungen im Bereich der Radbremse, Vibrationen, Temperatur und Feuchte sowie Einbauverhältnisse am Rad lassen sich dadurch eliminieren.

Raddrehzahlsensoren messen die Drehzahl der Räder, das heißt konkret: einen pro Zeiteinheit zurückgelegten Weg oder Winkel. Der ABS-Sensor sendet pro Rad ein Signal an das Steuergerät. Hier werden die Information verarbeitet und die Regelphasen für einen notwendigen Bremsvorgang berechnet.

Die Informationen dieser Sensoren dienen außerdem dazu, ein Blockieren der Räder zu verhindern. Ein Durchdrehen der Räder wird erkannt und die Stabilität sowie Lenkbarkeit des Fahrzeugs entsprechend geregelt. Ein defekter Sensor führt zum Abschalten des ABS-Systems. Folglich wird die Bremswirkung nur noch vom konventionellen Zweikreissystem ausgelöst.

Fahrzeuginformationen auslesen
Für die Fehlersuche an den Raddrehzahlsensoren sollte der Kfz-Fachmann neben den entsprechenden Reparaturunterlagen auch ein Diagnosegerät, Multimeter, Ohmmeter und Oszilloskop einsetzen.

Signalverarbeitung

Passive, induktive Raddrehzahlsensoren: Sie sind direkt über dem mit der Radnabe oder Antriebswelle verbundenen Impulsrad angebracht. Der von einer Wicklung umgebene Polstift ist mit einem Dauermagneten verbunden. Dessen Magnetwirkung reicht bis an das Polrad hinein. Die Drehbewegung des Impulsrads und der damit verbundene Wechsel von Zahn und Zahnlücke bewirken eine Änderung des magnetischen Flusses durch den Polstift und die Wicklung. Dieses sich ändernde Magnetfeld induziert in der Wicklung eine messbare Wechselspannung. Allerdings ist bei einem stillstehenden Rad die induzierte Spannung gleich null.

Die Frequenz und Amplituden dieser Wechselspannung stehen im Verhältnis zur Raddrehzahl. Induktive passive Sensoren benötigen keine separate Spannungsversorgung durch das Steuergerät. Da der Signalbereich für die Signalerkennung vom Steuergerät definiert wird, muss sich die Amplitudenhöhe innerhalb eines bestimmten Spannungsbereichs bewegen.

Aktive Raddrehzahlsensoren: Der Aktivsensor hingegen ist ein Näherungssensor mit integrierter Elektronik, der mit einer vom ABS-Steuergerät definierten Spannung versorgt wird. Als Impulsrad dient beispielsweise ein Multipolring, der gleichzeitig in einem Dichtring eines Rad lagers verbaut ist. In diesem Dichtring sind Magnete mit wechselnder Polrichtung eingesetzt. Die in der elektronischen Schaltung des Sensors integrierten magnetoresistiven Widerstände erkennen bei der Drehung des Multipolrings ein wechselndes Magnetfeld. Dieses Signal wandelt die Elektronik im Sensor in ein digitales Signal um. Die Übertragung zum Steuergerät erfolgt als Stromsignal im sogenannten Pulsweitenmodulationsverfahren.

In modernen Bremssystemen werden fast nur noch aktive Drehzahlsensoren eingesetzt.

Der Sensor ist über ein zweipoliges elektrisches Anschlusskabel mit dem Steuergerät verbunden. Über die Spannungsversorgungsleitung wird gleichzeitig das Sensorsignal übermittelt. Die andere Leitung dient als Sensormasse.

Prüfmöglichkeiten

In der Regel ist vor der Prüfung der Raddrehzahlsensoren eine Störung an einem ABS/ASR/ESP Bremssystem vorausgegangen. Nach Aufleuchten der Warnlampe bieten sich für den Kfz-Fachmann folgende Möglichkeiten der Fehlersuche und Diagnose an:

  • Auslesen des Fehlerspeichers,
  • Überprüfen der Versorgungsspannung und Signale mit Multimeter und Oszilloskop,
  • Sichtkontrolle der Verkabelung und der mechanischen Baugruppen.

Achtung: Die Fehlersuche bei Raddrehzahlsensoren kann sich hinsichtlich der Unterscheidung zwischen den beiden Sensortypen als schwierig gestalten, da diese sich optisch nicht ohne Weiteres unterscheiden lassen. Ein Ohmmeter ist beispielsweise nur bei Induktivgebern geeignet. Beim Einsatz an einem aktiven Sensor würde der Mechatroniker durch die Widerstandsmessung die Sensorelektronik zerstören. Deshalb sind grundsätzlich die spezifischen Herstellerangaben und die Angaben des jeweiligen Fahrzeugherstellers hinzuzuziehen.

Hinweis: In modernen Bremssystemen werden fast ausschließlich aktive Drehzahlsensoren eingesetzt. Sie bestehen in der Regel aus einem hermetisch mit Kunststoff vergossenen Silizium-IC, der im Sensorkopf sitzt. Neben magnetoresistiven ICs (Änderung des elektrischen Widerstands bei Magnetfeldveränderung) verbauen die Fahrzeughersteller in der Mehrzahl nur noch Hall-Sensorelemente. Diese reagieren schon auf kleinste Änderungen des magnetischen Felds und lassen deshalb größere Luftspalte im Vergleich zu den passiven Drehzahlsensoren zu.