Schwarzschlamm
Schwarzschlamm

Die Ursachen und wie der Werkstattprofi im Schadensfall vorgeht

Bilder: März
Dieser Beitrag ist Teil des Spezials: Schmierstoffe.

Aufgrund eines aktuellen Fallbeispiels, ein durch Schwarzschlamm verursachter Motorschaden, hat die KRAFTHAND-Redaktion zusammen mit Schmierstoffexperten von Castrol und Filterprofis von Mann+Hummel die Ursachen von Schwarzschlammbildung thematisiert. Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die Ergebnisse unserer Motoröl-Schnelltests, die wir an unseren Redaktionsfahrzeugen vorgenommen haben.

Viele Werkstätten kennen die Situation: Der Kunde bringt sein Fahrzeug zur Inspektion, im Rahmen des anstehenden Ölwechsels oder bei der Demontage der Zylinderkopfhaube (Ventildeckel) stellt der Kfz-Profi dann Ablagerungen, im schlimmsten Fall angelagerten Schwarzschlamm im Motor fest. Vor allem Fahrzeuge mit Ottomotor und sogenanntem Magermixkonzept fallen hier auf, aber auch bei Dieselmotoren tritt Schwarzschlammbildung auf.

Ventildeckel voller Öl
Bis es zu Schwarzschlamm (Nitratbildung) kommt, müssen einige Faktoren zusammentreffen. Beispielsweise sind überzogene Ölwechselintervalle, unzureichende Ölqualität, zu geringes Ölvolumen oder häufiger Kurzstreckenbetrieb der ideale Nährboden für Schwarzschlamm. Um die Entwicklung organischer Nitrate und damit der Schwarzschlammbildung vorzubeugen, sind zum einen hochwertige Motorenöle, zum anderen das strikte Einhalten der Ölwechselintervalle Vorrausetzung.

Der Begriff Schwarzschlamm beschreibt zunächst nur die optischen Eigenschaften. Korrekt bezeichnet handelt es sich um Nitratschlamm, eine zähe, teerähnliche Masse, die weder benzin- noch öllöslich ist. Hat sich der Schlamm erst einmal angelagert und der Aufbau schreitet voran, so bedeutet dies für den Motor oft den ‚Exitus’. Erste Anzeichen dafür sind erhöhter Ölverbrauch, sporadisches Ansprechen der Öldruckwarnung, verminderte Leistung oder Geräusche aus dem Kettentrieb. Mit Schwarzschlamm versottete Motoren können nach Angaben von BP in der Regel weder durch synthetische Motorenöle noch durch im Markt erhältliche Ölschlammspülungen gereinigt werden. Allenfalls lassen sich damit vorbeugende Maßnahmen erzielen.

Öleinfüllstutzen
Erstcheck: Ein prüfender Blick in den Öleinfüllstutzen verrät dem Werkstattprofi oft das Fahrprofil des Kunden und liefert erste Hinweise auf mögliche Schwarzschlammbildung im Motor.

Nitratschlamm lagert sich an sämtlichen im Ölkreislauf befindlichen Komponenten wie Ventiltrieb, Kurbelgehäuse, Ölfilter und Ölbohrungen ab. Besonders kritisch wird es für den Motor, wenn sich das am Saugstutzen der Ölpumpe befindliche Ölsieb mit Schwarzschlamm zusetzt und damit die Saugleistung und der Öldruck abfällt. Um Schwarzschlammbildung zu verhindern, geben die Experten von Castrol folgende Tipps:

 

  • Die geforderten Ölspezifikationen der Automobilhersteller sind einzuhalten. Sie stellen allerdings nur die Mindestanforderung an das Motoröl dar.
  • Ölwechselintervalle dürfen nicht überzogen werden. Zudem kann bei flexiblen Intervallen eine Verkürzung auf einen festen Wechselintervall von 15.000 km oder jährlich sinnvoll sein, wenn bestimmte Risikofaktoren vorliegen. Beispielsweise minderwertige Kraftstoffqualität mit hohem Bioanteil oder Fahrprofile mit überwiegend Kurzstreckenbetrieb.
  • Markenöle bieten aufgrund des Einsatzes von hochwertigen Grundölen und ihrer Additivpakete, etwa um das Schmutzlöse- und Schmutztragevermögen zu verbessern, höhere Sicherheitsreserven. Insbesondere bei erschwerten Bedingungen und dem Einsatz von minderwertigen Kraftstoffen.

Doch wie entsteht Schwarzschlamm? Einflussfaktoren, die zur Schwarzschlammbildung führen können, sind unter anderem hohe thermische Dauerbelastung der Motoren, minderwertige Ölqualität oder erhöhter Abgaseintrag in das Motoröl, verursacht etwa durch einen undichten Ventilsitz der AGR. Weitere Ursachen können der Eintrag von Glykol/Kühlwasser, überzogene Wechselintervalle oder auch chemische Reaktionen sein. Besonders Stickoxide reagieren bei hohen Verbrennungstemperaturen mit Sauerstoff und Bestandteilen aus dem Kraftstoff und führen zur Bildung sogenannter organischer Nitrate beziehungsweise saurer organischer Verbindungen, die das Motoröl frühzeitig altern lassen. Zudem kann Kondenswasser im Kurbelgehäuse, hervorgerufen durch häufigen Kurzstreckenbetrieb, den Reaktionsprozess begünstigen.

Ein weiterer nicht zu unterschätzender Faktor ist die Kraftstoffqualität, insbesondere bei den Selbstzündern. Hintergrund ist die EG-Richtlinie 98/70/EG zur Erfüllung der Biokraftstoffquote. Sie erlaubt bei herkömmlichem Dieselkraftstoff nach DIN EN 590 seit rund vier Jahren eine Beimischung von bis zu 7 Prozent Fettsäuremethylester (FAME).

Ölsieb der Ölpumpe
Verringerte Saugleistung: Ist der Öldruck zu niedrig, kann die Ursache an einem durch Schwarzschlamm zugesetzten Ölsieb der Ölpumpe liegen.

Hierzu folgender technischer Hintergrund: Bei Dieselmotoren im Normalbetrieb gelangt ein geringer Anteil an nicht verbranntem Dieselkraftstoff an die Zylinderwandung, wird von den Kolbenringen abgestreift und somit in den Schmierölkreislauf aufgenommen. Ist die Betriebstemperatur erreicht, dampft dieser Anteil von Dieselkraftstoff wieder aus dem Motoröl aus. Aufgrund der höheren Siedelage von Fettsäuremethylester im Vergleich zu Dieselkraftstoff reicht die Betriebstemperatur jedoch nicht aus und das Motoröl wird vermehrt mit FAME angereichert. Diese Anreicherung wird durch häufige Kaltstarts und dem Nichterreichen der Betriebstemperatur durch Kurzstreckenbetrieb noch begünstigt. Neben einer Motorölverdünnung (der Ölstand kann über Maximum ansteigen) wird zudem die Bildung von Schwarzschlamm gefördert. Weiter resultiert daraus aufgrund von Verkokungen an der Einspritzdüse und einem verändertem Spritzbild eine schlechtere Verbrennung des Dieselkraftstoffs und somit ein deutlich erhöhter Rußeintrag ins Motoröl.

Blow-by-Gase

Nicht nur feste Schmutzteilchen im Motoröl und minderwertige Kraftstoffqualität setzen dem Motor zu. Ebenfalls schädigen aggressive Bestandteile in sogenannten ‚Blow-by-Gasen’ die empfindlichen Oberflächen im Motor. Die bei der Kompression in einem Verbrennungsmotor vom Zylinder an den Kolbenringen vorbei in das Kurbelgehäuse geblasenen Gase (blow by) enthalten Öl, Kraftstoff und Wasser. Vor allem Wasser geht mit unverbranntem Schwefel und Stickstoffoxiden chemische Verbindungen ein. Im Motoröl lassen sich deshalb Schwefelsäure und Salpetersäure nachweisen. Diese hochkorrosiven Säuren gelangen in den Schmierstoff, fördern die Alterung des Öls, den Abbau von Additiven oder greifen metallische Oberflächen sogar direkt an. Wird das Öl im Betrieb heiß, gast bei Ottomotoren der Kraftstoff aus dem Öl aus, was Kavitationsschäden zur Folge hat. Das heißt nichts anderes, als dass der Kraftstoff örtlich schnell verdampft und dadurch mikroskopisch kleine Löcher in die Oberflächen schlägt. Die Einflüsse des Blow-by-Gases sind dabei umso zerstörerischer, je niedriger die Motortemperatur ist. Filterhersteller Mann+Hummel weist deshalb darauf hin: Ein Ölwechsel senkt die Konzentration der Säuren im Öl, erneuert die Additive und entfernt Verschleißprodukte aus dem Ölkreislauf. Zudem hat ein neuer Ölfilter wieder die Aufnahmekapazität, um feste Schmutzpartikel aufzunehmen.

Schwarzschlamm über Ölwanne
Noch zu retten?: Die Demontage der Ölwanne bringt Gewissheit. Dieser Grad der Verschlammung bedeutet in der Regel den ‚Exitus’ des Motors.

 

Praxistipps 

Stellt der Werkstattprofi Schwarzschlamm im Motor fest, sollte er vorab den Öldruck prüfen. Als Faustregel gelten die Werte von mindestens 2,0 bar bei 2.000/min und circa 80 °C Öltemperatur. Dabei gilt es immer die Angaben im Reparaturleitfaden der Hersteller zu beachten. Anschließend demontiert er zur weiteren Schadensfeststellung Ventildeckel und Ölwanne, um die Schwarzschlammbildung im Kurbelwellengehäuse und Zylinderkopf zu beurteilen. Ebenfalls erfolgt jetzt  nach Demontage der Lagerschalen die Sichtprüfung der Haupt- und Pleuellagerlaufflächen.

Unterstützend kann auch die Analyse des Motoröls sein. Das Unternehmen MotorCheckUp bietet hierzu speziell beschichtete, saugfähige Papier-Teststreifen mit entsprechenden Verschleißindikatoren an, das im Öl eingelagerte Substanzen sichtbar macht. Die Prüfmethode ist einfach: Mit Hilfe des Ölmessstabs wird ein Tropfen Motoröl entnommen und auf das Testpapier aufgetragen. Der Öltropfen bildet dort deutlich erkennbare Kreisringe. So lassen sich beispielsweise ein erhöhter Kraftstoff- oder Kühlmittelanteil im Motoröl nachweisen. Als Faustregel gilt: Je besser die Ölqualität, desto schneller dringt das Öl in das Testpapier ein. Je nach Zustand und Alter des Öls kann es bis zu 45 Minuten dauern bis es vollständig eingezogen ist. Idealerweise lässt der Werkstattprofi die Probe über Nacht reifen und vergleicht anschließend das Testergebnis mit den mitgelieferten Referenzbildern.

Sofern eine Instandsetzung hinsichtlich Laufleistung und Verschleißgrad des Motors noch lohnt, ist nach Aussage eines erfahrenen Motoreninstandsetzers der Motor komplett in seine Einzelteile zu zerlegen und sämtliche Komponenten mit Hochdruckreiniger und geeigneten Lösemitteln von angelagerten Schwarz-/Nitratschlamm zu befreien. Von sogenannten Ölschlammspülungen sollte der Werkstattprofi jedoch absehen. Denn konzentrierte Additive, die großflächig Schlamm ablösen, bergen das Risiko, Ölbohrungen, Ansaugstutzen der Ölpumpe und Ölfilter innerhalb kürzester Zeit zu verschließen.