KRAFTHAND-Chefredakteur Torsten Schmidt hat sich Gedanken über den Wandel in unsere Branche gemacht und die dazu beitragenden Einflüsse. Dabei sieht er die E-Mobilität gar nicht als das größte Problem.
2020 wird wegen Corona und der damit einhergehenden schwierigen Wirtschaftslage als besonderes Krisenjahr in die Geschichtsbücher eingehen. Dabei hat es die Kfz-Branche trotz des zeitweise lahmliegenden Autohandels aufgrund geringerer Einschränkungen im Reparatursektor weniger hart getroffen als viele andere Wirtschaftszweige. 2021 wird nun aber auch für unsere Branche eine Zäsur darstellen. Denn letztlich hat Corona nur den sowieso fälligen Wandel in der Automobilindustrie beschleunigt.
Dabei denke ich gar nicht zuerst an die ebenfalls wartungs- und reparaturanfälligen E-Autos und Plug-in-Hybriden, deren Absatzzahlen – wenn auch subventionsgetrieben – so stark gestiegen sind, wie es kaum jemand erwartet hat. Vielmehr beschäftigt mich vor allem, wohin die weiter forcierte Transformation bei den Autobauern führt.
Wer die Hand auf dem digitalen Zugang ins Auto hat, verfügt über den Schlüssel für Dienstleistungen rund ums Auto.
Wird das Geschäftsmodell des Handels erodieren, weil die OEMs noch schneller den Direktvertrieb vorantreiben? Weil sie womöglich mehr auf Auto-Abos setzen und somit die Händler mehr und mehr zu Auslieferungszentren mit angeschlossener Werkstatt mutieren? Was im Übrigen den Wettbewerb um Kunden mit den lukrativen alten, weil reparaturbedürftigen Autos weiter anfachen wird.
Nicht zu vergessen der Kampf um den Zugang zu den Daten vernetzter Fahrzeuge, der den Wettbewerb maßgeblich beeinflusst. Nicht umsonst spricht VW-Chef Herbert Diess davon, dass Autos die komplexesten Digitalprodukte der Welt werden. Damit ist auch klar: Wer die Hand auf dem digitalen Zugang hat, verfügt über den Schlüssel zur Vermarktung diverser Unterhaltungs- und anderer Digitalangebote, aber auch für Dienstleistungen rund ums Auto selbst.
Und gerade dabei darf es nicht sein, dass der freie Reparaturmarkt unter die Räder kommt. Es kann nicht sein, dass Automobilhersteller ihre Marktmacht aufgrund ihres direkten Drahts ins Fahrzeug ausnutzen. Deshalb muss die Politik bei aller auch von ihr gewollten Transformation den fairen Wettbewerb im Auge behalten. Sie muss endlich Leitplanken hin zu einer von den OEMs unabhängigen Telematikplattform einziehen, über die jeder Marktteilnehmer Zugang zu den vernetzten Autos bekommt.
Zum Glück hat sich dafür inzwischen eine starke Allianz gebildet (mehr dazu hier), die sich Gehör bei der Politik verschafft und mich optimistisch stimmt, dass es zu entsprechenden rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen kommt. Dafür muss die Politik aber endlich Gas geben. Denn die Transformation wartet nicht.