Debatte um Designschutz

Die Reparaturklausel spaltet die Branche

Bild: Zink

Die im September 2020 beschlossene Reparaturklausel soll eine Liberalisierung bringen und den Designschutz auf sichtbare Ersatzteile aufheben. Erwartungsgemäß stößt das bei der Autoindustrie auf Widerspruch, während diverse andere Verbände es grundsätzlich begrüßen – jedoch nicht ohne Kritik. Denn für ältere Fahrzeuge gibt es ein Schlupfloch. Hier kommen beide Seiten zu Wort.

Gesamtverband Autoteile-Handel (GVA), Allgemeiner Deutscher Automobil-Club (ADAC), Verbraucherzentrale

 

 

 

Die drei Institutionen begrüßen die Einführung der Reparaturklausel. Denn mehrfach haben Preisvergleiche gezeigt, dass karosserieintegrierte Ersatzteile in Deutschland bis zu 55 Prozent teurer sind als in Nachbarländern, in denen das Designrecht bereits liberalisiert wurde (ECAR-Preisvergleich aus 2017). Die Reparaturklausel beendet de jure das Monopol der Fahrzeughersteller in diesem wichtigen Marktsegment und ermöglicht freien Wettbewerb zum Vorteil von Verbrauchern.

Kritik üben GVA, ADAC und die Verbraucherschützer an dem umfassenden Bestandsschutz für bereits eingetragene Designs. Denn die Klausel kann somit nur für solche Ersatzteile wirken, deren Designs angemeldet werden, nachdem das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs Anwendung findet. Demnach werden nur wenige Autofahrer zeitnah von der neuen Regelung profitieren. Die positive Wettbewerbswirkung greift somit erst nach Ablauf des Bestandsschutzes in 25 Jahren.

Die Regelung führt damit zu einer Ungleichbehandlung von Haltern älterer Fahrzeuge, für die die Reparaturklausel nicht greift. Denn sie können nicht von günstigeren, wettbewerbskontrollierten Preisen für sichtbare Kfz-Ersatzteile profitieren. Gleichzeitig entstehen enorme neue Rechtsunsicherheiten sowie finanzielle und administrative Belastungen für die zumeist kleinen und mittelständischen Unternehmen des freien Kfz-Ersatzteil- und Servicemarktes. Die Interessenallianz setzt sich weiterhin dafür ein, dass die Regelung auch für ältere Fahrzeuge Anwendung finden soll.

Positiv ist zu bewerten, dass die Europäische Kommission das europäische Designrecht erneut evaluiert. Dabei sollte die europaweite Harmonisierung bestehender nationaler Regelungen angestrebt werden. Darüber hinaus sind Überlegungen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, die Liberalisierung des europäischen Designrechts im EU-Ministerrat in den kommenden Monaten voranzubringen, begrüßenswert.

 

Verband der internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK)

Nach Ansicht des VDIK namens seines Präsidenten Reinhard Zirpel beruht die Leistungskraft der Automobilindustrie nicht zuletzt darauf, dass ihre Innovationen geschützt sind. Von Autoherstellern werde weltweit erwartet, dass sie massiv in die Entwicklung alternativer Antriebe investieren. Die Mittel dafür müssten erwirtschaftet werden. „Daher ist die Aufweichung des Designschutzes gerade in der Krise ein falsches Signal“, so Zirpel.

Das Karosseriedesign ist einer der wichtigsten Faktoren, die das Markenimage moderner Kraftfahrzeuge prägen. Darin investieren die Autohersteller enorme Mittel. Die Werte und Produkte, die so geschaffen werden, sind zu Recht besonders geschützt – durch das sogenannte Designgesetz. Dieser Schutz soll bei neuen Modellen künftig für sichtbare Ersatzteile entfallen, sofern diese für Reparaturzwecke verwendet werden (Reparaturklausel). Der Schutz von Designs kann sich jedoch nicht nur auf Neuteile beziehen, sondern muss selbstverständlich auch Ersatzteile umfassen. Für bereits angemeldete Designs gilt laut dem neuen Gesetz Bestandsschutz, hier gilt der Designschutz uneingeschränkt weiter.

Sowohl der europäische Herstellerverband als auch nationale Branchenverbände warnen sehr deutlich vor den Folgen einer Aufweichung des Designschutzes für die Wertschöpfung der Automobilhersteller. So würde sich eine europaweit eingeführte Reparaturklausel mit hoher Wahrscheinlichkeit negativ auf die Beschäftigung in der Automobilindustrie auswirken. Denn durch die Aufhebung des Designschutzes könnten etwa Unternehmen, die ausschließlich für den Aftermarket produzieren, Nachbauteile zweifelhafter Qualität legal herstellen. Im Gegensatz zu Herstellern haben diese Unternehmen aber nicht in die Entwicklung der betreffenden Teile investiert. Deutschland setze daher mit der Einführung einer nationalen Regelung ein falsches Zeichen.