Schnittmodell Zylinderkopf
Turbolader

Die Pyrolyse ist schuld

Bilder: Guranti, Schmidt

Viele in der Branche kennen mittlerweile die häufiger auftretenden Turboladerschäden der 1,6-l-Dieselmotoren mit den Kurzbezeichnungen DV6 und DLD-416. Feststeht: Eine Mangelschmierung ist die Ursache. Doch warum stockt die Ölversorgung des Turbos? Und was ist zu tun, um die Quelle des Übels zu beseitigen?

Wie sich in der Praxis zeigt, kommt es bei den im Vortext genannten Dieselaggregaten immer wieder zu frühzeitigen Turbolader schäden. Eingebaut ist der vom Autobauer PSA entwickelte Motor DV6 in Modellen der Konzernmarken Citroën und Peugeot sowie in Fahrzeugen von Fiat, Volvo, BMW (Mini), Mazda und Suzuki. In Fahrzeugen von Ford trägt der ‚Problemmotor’ die Bezeichnung DLD-416. Aufgrund ihrer Erfahrungen warnen verschiedene Experten und Anbieter von Turboladern davor, an diesen Motoren einfach nur einen neuen Lader einzubauen. Zu hoch ist das Risiko, dass es den Verdichter nach kurzer Zeit erneut zerlegt.

Vom fachgerechten Einbau der Injektorführungshülse hängt der Erfolg der Reparatur ab.

Der Grund: Bei diesen Dieselaggregaten kommt es wegen mangelhafter Ölversorgung vermehrt zu Lagerschäden am Turbolader. Laut einer Serviceinformation von BTS Turbo (SI-130619) sind Metallabrieb und starke, den Ölfluss behindernde Rußablagerungen dafür verantwortlich. Ähnlich beschreiben die ebenfalls auf den Vertrieb von Turboladern spezialisierten Experten von Motair die Ursachen. Auch sie sehen in einer schlechten Schmierung das Übel für gehäufte Turbodefekte am genannten PSA- Motortyp.

Injektorbereich wird undicht

Warum das Öl der Dieseltriebwerke an Schmierfähigkeit verliert und weshalb es zu Rußablagerungen im Ölkreislauf kommt, dafür gibt es mehrere Erklärungen. KRAFTHAND hat sich schon in den Ausgaben 15-16/2013 und 20/2015 ausführlich dem Thema gewidmet. Zur Sprache kam natürlich auch, welche Besonderheiten bei diesen Aggregaten im Rahmen des Turboladeraustauschs zwingend zu beachten und zu tun sind. Doch es gibt noch mehr, was Werkstätten im Auge behalten sollten. Denn natürlich muss auch die Quelle der Rußablagerungen und Verkokungen im Ölkreislauf beseitigt werden. Eine der Ursachen dafür sind Undichtigkeiten im Bereich der Injektorabdichtung. Darauf weisen etwa die Spezialisten für Spezialwerkzeuge von Pichler hin.

Die Schmierprobleme werden von einer Undichtigkeit zwischen Injektor und Brennraum verursacht, sodass der Austausch des Turbos und Maßnahmen am Schmiersystem nicht ausreichen, um Folgeschäden zu vermeiden.

Zunächst fällt bei diesen Motoren auf, dass sich um den oberen Abdichtring des Injektorschachts oft starke Verkokungen ablagern (siehe Video auf Seite 15 und Bild oben). Doch dieser Dichtring ist nicht das eigentliche Problem. Vielmehr sehen die Pichler-Experten in dem Kupferdichtring, der als Abdichtung zwischen Injektor und Brennraum fungiert (siehe Bild links) das Grundübel für die Probleme mit der Ölschmierung. Bei den PSA-DV6-Motoren und den Ford-DLD-416-Motoren bis Baujahr 2013 kommt es dem Werkzeuganbieter zufolge nämlich häufiger zu folgendem Szenario: Der Kupferdichtring wird undicht und es treten Abgase sowie unverbrannter Diesel vom Brennraum aus. Dadurch gelangen diese beiden Medien in das Innere der Injektorführungshülse und dann in das Nockenwellengehäuse. Durch die Abgase lagern sich am Injektor Verkokungen ab (siehe Bild rechts), was bei dessen Demontage zu Problemen führt. Dazu später mehr.

defekter Injektor
Die Verkokungen am Injektor und der defekte obere Dichtring (Pfeil) sind das Ergebnis einer undichten Abdichtung zum Brennraum.

Abgas, Diesel und Öl vermischen sich

Noch problematischer ist das Eindringen von Abgasen und unverbranntem Diesel in das Nockenwellengehäuse. Denn die beiden vermischen sich mit dem Motoröl. Es kommt zur sogenannten indirekten Pyrolyse, mit dem Ergebnis, dass sich die Eigenschaften des Motoröls verändern und Teile des Schmierstoffs verschlacken.

Reinigung Injektorschacht
Bevor der Kfz-Profi eine neue Führungshülse einsetzt, muss er den Sitz gründlich von alten Kleberesten (Pfeil) reinigen. Natürlich muss er dafür den Injektorschacht zum Brennraum verschließen.

Und weil der Turbolader sehr anfällig auf Mangelschmierung reagiert, ist er dann das erste Bauteil, das ausfällt. Etwa, weil Ablagerungen den Ölzulauf zum Lader behindern. Das ist auch der Grund, weshalb bei diesen Motoren über den Austausch des defekten Laders hinaus unbedingt der Ölzufluss zum Turbolader zu prüfen ist und die Ölleitungen erneuert werden müssen. Außer in den erwähnten KRAFTHAND-Ausgaben finden sich auch auf den Internetseiten von BTS Turbo (www.btsturbo.de) und Motair (www.motair.de) Informationen zur Problematik und Reparatur an diesen Motoren. Beispielsweise geht es auch um die Frage, warum es sich im Zug des Turboladeraustauschs empfiehlt, die Ölwanne zu erneuern.

Das Erklärvideo auf KRAFTHAND.tv über die Ursache für die Schmierprobleme und daraus resultierende Turboladerschäden an den DV6-Dieselmotoren finden Sie hier.

Quelle der Turboschäden beseitigen

Maßnahmen wie diese sind jedoch nicht weitreichend genug, wenn der Injektordichtring undicht ist. Um erneuten Turboladerschäden vorzubeugen, müssen Werkstätten diese Dichtung zwingend erneuern. Nur dann ist die Ursprungsquelle der Schmierprobleme beseitigt. Allerdings kann es dabei zu folgender Schwierigkeit kommen: Beim Ausziehen der Injektoren löst sich oft die Führungshülse aus der Zylinderkopfführung. Hintergrund: Aufgrund der Verkokungen am Injektor sitzt dieser in der Hülse fest, sodass sich diese beim Ausziehen des Injektors lockert und mit ausgezogen wird.

In der Folge stehen Werkstätten vor der Herausforderung, die Hülse samt oberem Dichtring zu erneuern. Pichler (www.pichler-werkzeug.com) hat eigens dafür einen entsprechenden Werkzeugsatz im Portfolio. Wie dessen Export Sales Manager Timo Köster gegenüber KRAFTHAND erklärt, ist es vor dem Einziehen und Einkleben der neuen Führungshülsen wichtig, den Hülsensitz im Zylinderkopf gründlich von Verschmutzungen und Kleberesten zu reinigen. Dafür befinden sich im Werkzeugsatz spezielle Schaber und andere Reinigungshilfen.

Diese Arbeit ist einer der Schlüssel für eine erfolgreiche Reparatur und das Vermeiden von Folgeschäden am Turbolader. Denn sitzen die neu eingezogenen Führungshülsen nicht einwandfrei fest, sind erneute Undichtigkeiten am Kupferdichtring des Injektors zur Brennraumabdichtung programmiert. In diesem Fall ist die Lebensdauer des neuen Turboladers von vornherein nur begrenzt und das mühsame wieder Flottmachen des Schmiersystems und der Ladertausch waren umsonst.

Auf Pichler.tv ist die Vorgehensweise beim Einsetzen neuer Injektorführungshülsen von A bis Z zu sehen.

Info

PSA DV6 / Ford-DLD-416- / Injektorwerkzeugsatz

Mit dem Set von Pichler Werkzeug können Kfz-Profis die Injektoren, Injektorenschachthülsen sowie den Wellendicht ring am Injektorschacht bei PSA DV6 / Ford-DLD-416-Zylinderköpfen de/-montieren. Produktangaben zufolge lassen sich damit auch stark festsitzende Injektoren ausziehen. Neben dem dafür notwendigen Tool enthält der in einem Kunststoffkoffer gelieferte und 29-teilge Satz auch Equipment, mit dem der Kfz-Profi den Injektorschacht reinigen kann. Dazu zählt etwa ein Reinigungsschaber zum Entfernen der Klebstoffreste und Stopfen zum Verschließen der Bohrung zum Brennraum. Letztere verhindern, dass Partikel in den Brennraum gelangen. Neben den Werkzeugen gehören auch Injektorschachthülsen zum Lieferumfang, ebenso wie ein Spezialklebstoff und Einpress-equipment für die fachgerechte Montage der Hülsen.

Der Injektorsatz kann bei Pichler Werkzeug (www.pichler-werkzeug.com) unter der Art. Nr. 60385420 PSA DV6 / Ford DLD-416 bestellt werden.