Punktsieg für freien Teilehandel im Datenstreit

Der OBD-Zugang bleibt

OBD-Schnittstelle
Bleibt als wichtiges Instrument für Diagnose-, Wartungs- und Reparaturarbeiten im Fahrzeug erhalten: die OBD-Schnittstelle. Bild: Schmid

In der Diskussion um den Datenzugriff über die OBD-Schnittstelle herrscht jetzt Klarheit. Der Gesamtverband Autoteile-Handel (GVA) und sein europäischer Dachverband FIGIEFA vermelden einen Etappensieg für den freien Kfz-Aftermarket und zwar im Zuge der Reform der Typgenehmigung.

Demnach haben die EU-Gremien die Weichen dafür gestellt, dass der vor allem für die Unternehmen des freien Kfz-Ersatzteil- und -Servicemarkts besonders wichtige Zugang zu Ersatzteil-Identifikationsdaten der Fahrzeughersteller in maschinenlesbarer Form zur elektronischen Verarbeitung weiterhin gewährleistet bleibt. Insoweit sei die bisherige Rechtslage in einer Weise klargestellt worden, die keine abweichenden Interpretationen mehr erlaubt.

Mit der Verweigerungshaltung der Fahrzeughersteller wird bald Schluss sein, denn die neuen klarstellenden Bestimmungen sind absolut wasserdicht.

Sie bestätigt die von maßgeblichen Akteuren des freien Kfz-Ersatzteil- und Servicemarkts und von Vertretern europäischer Institutionen vertretene Lesart der bisherigen Regelungen. Diese waren von Fahrzeugherstellern und deren Vertretern teilweise abweichend ausgelegt worden, was wiederholt zu Konflikten und gerichtlichen Auseinandersetzungen geführt hat. Wie der GVA mitteilt, werde den Monopolisierungsbestrebungen von Fahrzeugherstellern mit der jetzigen Klarstellung künftig ein Riegel vorgeschoben – zum Wohl der Verbraucher.

Ohne Datenzugang keine Typgenehmigung

Das neue Typgenehmigungsrecht untermauert die Ansprüche des freien Markts: Denn, wenn ein Fahrzeug in der EU typgenehmigt werden soll, muss es gesetzliche Sicherheits- und Umweltstandards erfüllen. Mit der Typgenehmigung wird die Vorschriftsmäßigkeit eines neuen Fahrzeugmodells bestätigt. Ein Bestandteil dieses Prozederes ist der Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für unabhängige Marktteilnehmer.

So muss der Fahrzeughersteller etwa gemäß der Euro-5/6-Verordnung unter anderem der Kfz-Teileindustrie, dem freien Kfz-Teilehandel, Mehrmarkenservicebetrieben oder Datenpublishern einen Zugang zu diesen Daten zur Verfügung stellen. Das dient nicht zuletzt der Sicherung der Grundlagen fairen Wettbewerbs im Kfz-Aftermarket und ist somit im Interesse der Autofahrer an einer bezahlbaren Reparatur. Bisher gibt es vor allem bezüglich der Art und des Umfangs dieses Zugangs Streit zwischen den Akteuren. So muss es den unabhängigen Marktteilnehmern möglich sein, effizient und eindeutig festzustellen, welchen Fahrzeugen welche Ersatzteile zugeordnet sind. Nur so können sie ihre eigenen herstellerübergreifenden Teilekataloge erstellen.

Ab 2020 relevant

Der vorliegende Entwurf der künftigen Typgenehmigung muss jetzt noch vom IMCO-Ausschuss sowie vom Plenum des EU-Parlaments bestätigt werden. Dies gilt laut GVA als wahrscheinlich. Die Neuregelung tritt dann voraussichtlich ab September 2020 in Kraft. Sie untermauert künftig die geltende Rechtslage und ist eine für alle EU-Mitgliedsstaaten einheitliche, verbindliche europäische Verordnung, deren Einhaltung strenger überwacht werden soll. Die Notwendigkeit dafür habe nicht zuletzt der Dieselskandal gezeigt.

Nachgefragt

GVA-Präsident Hartmut Röhl über den Datenstreit

Inwiefern ist die Reform der Typgenehmigung auch für freie Werkstätten ein Etappenerfolg?

Ein Bestandteil der Typgenehmigung ist bereits heute der Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für unabhängige Marktteilnehmer, also auch für freie Werkstätten. Bislang aber verweigern Fahrzeughersteller den Zugang zu diesen Daten in maschinenlesbarer Form zur elektronischen Verarbeitung. Mit dieser Verweigerungshaltung wird bald Schluss sein, denn die neuen klarstellenden Bestimmungen sind absolut wasserdicht. Der freie Teilegroßhandel beispielsweise benötigt die Ersatzteil-Identifikationsdaten in maschinenlesbarer Form zur elektronischen Verarbeitung, um effizient und eindeutig festzustellen, welchen Fahrzeugen welche Ersatzteile zugeordnet sind. Nur so können die Unternehmen ihre eigenen, wettbewerbsfähigen herstellerübergreifenden Teilekataloge erstellen. Von leistungsfähigen Teilekatalogen profitiert vor allem auch die Werkstatt. Nur so hat sie eine echte Einkaufsalternative. Daher ist die Reform auch für die Servicebetriebe positiv.

Ist damit die OBD-Schnittstelle gerettet?

Die OBD-Schnittstelle im Fahrzeug bildet unverändert eine wichtige Grundlage für Diagnose-, Wartungs- und Reparaturarbeiten. Gemäß dem vorliegenden Kompromisstext wird sie erhalten bleiben. Und es ist erfreulich, dass in der Verordnung klargestellt wird, dass der Zugang über die OBD-Schnittstelle auch während der Fahrt gewährleistet werden muss. In Zeiten der zunehmenden Vernetzung der Fahrzeuge hat der Gesetzgeber damit eine wichtige Entwicklung erkannt und im Regelwerk entsprechend weitsichtig reagiert.

Was, wenn sich die Hersteller neue Schlupflöcher suchen?

Die neue Typgenehmigungs-Rahmenverordnung kann als eine konsequente Ansage des europäischen Gesetzgebers gesehen werden, dass Betrügereien und wettbewerbsbehindernde Auslegungen der Regeln durch Fahrzeughersteller nicht geduldet werden. Die Notwendigkeit dafür hat nicht zuletzt der Dieselskandal gezeigt. Von daher sind die Klarstellungen sehr zu begrüßen. Gleichzeitig soll auch die Einhaltung der Vorschriften der Typgenehmigung strenger überwacht werden. Statt ständig neue Schlupflöcher zu suchen, sollten Fahrzeughersteller ihre Energie dafür einsetzen, sich auf die aktuellen Herausforderungen an die Automobilwirtschaft als Ganzes zu konzentrieren. Damit wäre allen gedient.

Herr Röhl, herzlichen Dank.

Die Fragen stellte Kerstin Thiele.

 

GVA-Präsident Hartmut Röhl: „Die neue Typgenehmigungs-Rahmenverordnung kann als eine konsequente Ansage des europäischen Gesetzgebers gesehen werden, dass Betrügereien und wettbewerbsbehindernde Auslegungen der Regeln durch Fahrzeughersteller nicht geduldet werden.“ Bild: GVA