Im KRAFTHAND-Interview zieht der GVA-Präsident die Bilanz seiner Amtszeit, spricht über Meilensteine und bleibende Herausforderungen, Scheinargumente und er formuliert seine Wünsche an seinen Nachfolger an der Spitze des Teileverbands.
Herr Röhl, wie sind die freien Kfz-Teilegroßhändler bisher durch die Coronazeit gekommen? Was hören Sie von Ihren Mitgliedern zu deren Situation?
Als Versorger der als systemrelevant eingestuften Werkstätten war ja auch der Kfz-Teilegroßhandel systemrelevant. Deshalb gab es keinen vollständigen Lockdown und die Unternehmen konnten ihre Funktionen weitgehend aufrechterhalten. Die gesunkene Frequenz der Werkstattbesuche hat sich natürlich dennoch in den Umsätzen des Großhandels niedergeschlagen, mit einem Rückgang 2020 von im Durchschnitt fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr.
In diesem Jahr haben die Umsätze wieder angezogen, allerdings ist der Vergleich mit dem Coronavorjahr zu relativieren. Unterbrochene Lieferketten bei der Teileindustrie führten zum Teil zu Lieferengpässen. Kurz gefasst: Der freie Kfz-Teilegroßhandel ist im Großen und Ganzen mit nur leichten Schrammen statt größeren Blessuren durch die Krise gekommen und hat immer für die notwendige Versorgung des Markts mit Ersatzteilen sorgen können.
Sie treten im Herbst als GVA-Präsident ab. Wie fällt Ihre Bilanz nach so vielen Jahren an der Spitze des Gesamtverbands Autoteile-Handel aus?
20 Jahre an der Spitze unseres Interessenverbands haben erbracht, dass unser Wirtschaftszweig mit seiner Bedeutung für die Gesamtwirtschaft und insbesondere für den Kfz-Aftermarkt im Bewusstsein der Öffentlichkeit, der Medien und der Politik seinen Platz hat. Dafür habe ich gesorgt durch meine Präsenz in den Medien, auf der politischen Bühne, auf Veranstaltungen und als Vertreter unseres Verbands in vielen Gremien, etwa im Präsidium des Bundesverbands Groß- und Außenhandel BGA.
Das übergreifende Branchenthema war und ist noch immer, die faire Möglichkeit des Wettbewerbs auf dem Kfz-Teilemarkt zu sichern.
Welche Meilensteine/großen Branchenthemen bleiben Ihnen besonders in Erinnerung?
Das übergreifende Branchenthema war und ist noch immer, die faire Möglichkeit des Wettbewerbs auf dem Kfz-Teilemarkt zu sichern. Hierzu gab es ein Thema, welches mich durch meine gesamte Amtszeit und schon davor begleitet hat: die Liberalisierung des Markts für karosserieintegrierte Ersatzteile. Die Einführung der Reparaturklausel schließlich auch in deutsches Designrecht im letzten Jahr meiner Amtszeit ist sicher ein Meilenstein. Diese Forderung habe ich 20 Jahre lang vertreten.
Aber gerade auch bedingt durch meine gleichzeitige Funktion als Präsident unseres internationalen Verbands FIGIEFA sind weitere Meilensteine in der Absicherung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Branche zu nennen. Dazu gehören die inzwischen vier Kfz-Gruppenfreistellungsverordnungen, die heute Zugang zu allen Ersatzteilen und Reparaturinformationen sichern, sowie die Typzulassungsverordnungen, welche die eindeutige Teileinformation sowie den Zugang zu Reparaturinformationen für unabhängige Marktbeteiligte gesetzlich gewährleisten.
Wie weit ist der Kfz-Ersatzteil- und -Servicemarkt Ihrer Einschätzung nach bei der Digitalisierung vorangeschritten?
Die große Zahl der Teilereferenzen, die zu unserem Lieferprogramm gehört, macht eine in der Wertschöpfungskette zwischen Hersteller, Handel und Werkstatt notwendige Digitalisierung schon seit Jahren nötig. Beschaffung, Lagerhaltung, Verkauf und Lieferlogistik als integraler digitaler Prozess sind Standard, auch wenn auf lokaler Ebene oft der persönliche Kontakt die Grundlage für die Zusammenarbeit ist. Die nächste Generation der Digitalisierung mit Nutzung künstlicher Intelligenz wird Einzug halten mit der Verbreitung von vernetzten Fahrzeugen, die ihren Teilebedarf autonom melden.
Das Argument der Sicherheit darf nicht als Vorwand für den Ausschluss vom Zugang zum Wartungs- und Reparaturmarkt für die neue Generation der vernetzten Fahrzeuge genutzt werden.
Weitere Herausforderungen in den kommenden Jahren bleiben die Fahrzeugvernetzung und neue Formen der Mobilität. Was muss der GVA in dieser Hinsicht in den kommenden Jahren tun?
Erneut stellt sich mit der Fahrzeugvernetzung und neuen Formen der Mobilität für den GVA die Aufgabe, durch Mitgestaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für faire Wettbewerbsmöglichkeiten des IAM zu sorgen. Das Argument der Sicherheit darf nicht als Vorwand für den Ausschluss vom Zugang zum Wartungs- und Reparaturmarkt für die neue Generation der
vernetzten Fahrzeuge genutzt werden.
Was wünschen Sie (sich von) Ihrem Nachfolger?
Von meinem Nachfolger wünsche ich mir, dass er das bestehende Netzwerk für den freien Kfz-Teilehandel weiter pflegt und dem freien Kfz-Teilehandel eine starke, beachtete Stimme verleiht. Und ich wünsche ihm, dass er die gleiche Unterstützung von außen, aber vor allem durch die Mitglieder erfährt, die ich bekommen habe.
Herr Röhl, vielen Dank und alles Gute.
Die Fragen stellte Kerstin Thiele.