„Wer markenunabhängigen Kfz-Betrieben eine Spezialisierung auf bestimmte Fahrzeughersteller empfiehlt, hat das Wesen freier Werkstätten nicht verstanden.“ Mit diesen Worten kommentiert Redakteur Sebastian Schuster solche immer wieder und seit Jahren zu hörende Aussagen, die seiner Meinung nach alles andere als gute Ratschläge sind.
Immer wieder mal begegnet einem in der Branchenszene die Aussage: „Werkstätten müssen sich über kurz oder lang auf zwei bis drei Marken spezialisieren, um auf Dauer überleben zu können.“ Hintergrund ist die Annahme, dass eine freie Werkstatt andernfalls alle Spezialwerkzeuge und Reparaturunterlagen besitzen müsste, um Reparaturen an allen Marken ausführen zu können. Somit wäre eine Konzentration auf nur wenige Hersteller naheliegend, um nicht an den notwendigen Investitionen zu scheitern.
Für mich ist dieses Konzept aber nicht zu Ende gedacht. Zwar hat sich die Taktzahl neuer Modelle der immer mehr werdenden Fahrzeughersteller in den letzten Jahren deutlich erhöht. Und somit nimmt mittelfristig natürlich auch die Palette der zu reparierenden Modelle zu. Doch ist das ein Grund, seine Kompetenzen auf nur noch eine Hand voll Marken zu begrenzen?
Die Folge wäre nämlich, Kunden mit dem Auto eines anderen Herstellers auch bei lukrativen Reparaturen, wie die einer Bremse, wegzuschicken. Das macht natürlich kein Werkstattinhaber, der unternehmerisch denkt. Und wenn dann also doch mehr als zwei bis drei Marken zur Reparatur angenommen werden, ist die selbst gesetzte Grenze schon hinfällig.
Es ist einfach nicht der Sinn einer freien Werkstatt, sich auf wenige Marken zu konzentrieren. Denn wenn sie sich spezialisiert und damit in ihrer Vielfalt begrenzt, benachteiligt sie sich im Grunde selbst, etwa, weil sie ihre Zielgruppe damit von vornherein beschränkt.
Bei einer Konzentration auf nur wenige Hersteller bräuchte es zwar nicht das umfangreiche Equipment und von allen die spezifischen Informationen. Aber wer sagt denn, dass man das alles haben muss? Schließlich ist das selbst für drei oder vier Marken kaum machbar. Außerdem: In Zeiten der Digitalisierung und damit allseits und jederzeit verfügbarer Daten lasse ich das Argument des „Alles-haben-müssens“ nicht gelten. Spezialwerkzeuge etwa kann man leihen. Und ist das einmal nicht möglich, etwa bei der Kalibrierung von Fahrerassistenzsystemen, hat die Werkstatt die Möglichkeit, den Wagen zum Nachbarbetrieb zu schaffen und als Fremdarbeit zu verrechnen.