Die Abgase eines Skandals: Jetzt geht’s um die AU
Fünf Jahre oder 100.000 km
Der ASA-Verband ist mit seinen Rufen nach einer Reform der AU nicht allein. Auch der ZDK fordert eine Überarbeitung der AU, allerdings mit einem anderen Schwerpunkt. Nach fünf Jahren oder nach 100.000 km müssen OBD-Messung und Abgasprüfung Pflicht werden , erklärt ZDK-Präsident Jürgen Karpinski im KRAFTHAND-Interview. Wie der ASA-Verband fordert auch der ZDK, die Messung und Beurteilung von Stickoxiden in die heutige AU einzubauen. Auf ein bestimmtes NOx-Prüfverfahren möchte sich der ZDK bislang jedoch nicht festlegen. Es gebe zwar taugliche Messtechnik für die Stickoxidprüfung, betont Karpinski, jedoch weder festgelegte Grenzwerte noch ein taugliches Verfahren. Momentan arbeitet der ZDK aktiv an einem europäischen Projekt zur Definition eines realistischen Prüfverfahrens.
Der Abgasskandal, aber auch die Praxis zeigen, dass Softwaresysteme und somit auch die OBD manipulierbar sind.
Ein weiterer wichtiger Aspekt in der Diskussion: Die Dieselmotoren werden immer sauberer und auch die OBD hat sich weiter entwickelt. Dem stehen relativ hohe Grenzwerte für die Diesel-AU gegenüber. Diese liegen weit über den Homologationswerten der Euronormen. Das sind die Abgaswerte, die Fahrzeuge für ihre KBA-Zulassung erreichen müssen. Kurzum: Moderne Motoren treffen auf veraltete AU-Grenzwerte.
Dies führt dazu, dass viele moderne Dieselmotoren mit vergleichsweise sehr geringen Rohemissionen selbst dann die AU bestehen, wenn das System zur Abgasnachbehandlung nicht einwandfrei arbeitet. Es soll sogar Fahrzeuge geben, die trotz ausgebautem DPF unter den AU-Grenzwerten bleiben. Hier hat der Gesetzgeber seine Hausaufgaben nicht gemacht. Er müsste aktiv werden und die Grenzwerte senken.
Ausblick
Wie KRAFTHAND vor Kurzem aus gut unterrichteten Kreisen erfuhr, sollen die Chancen für die Einführung einer generellen Endrohrprüfung diesmal relativ gut stehen – jedenfalls besser als vor Dieselgate. Der Volkswagen-Skandal hat erheblich dazu beigetragen, dass die Autolobby und die Gegner der generellen Endrohrprüfung in die Defensive geraten sind. Somit liegt die Entscheidung, die AU-Richtlinie 5 entsprechend anzupassen, in gar nicht so weiter Ferne. Vielmehr erfuhr KRAFTHAND von Branchenvertretern, dass dies durchaus zeitnah passieren könnte.
PRO verschärfte AU
Jürgen Resch: „Der Straßenverkehr ist einer der Hauptverantwortlichen für die Luftschadstoffe, die unsere Gesundheit belasten. Das betrifft nicht nur die derzeit viel diskutierten Stickoxide, sondern – trotz mittlerweile serienmäßig verbauten Partikelfiltern – auch krebserregende Diesel-Rußemissionen. Viele dieser Schadstoffe werden durch einen kleinen Teil von Fahrzeugen mit defekter Abgasreinigung verursacht. Mit einer wirksameren Abgasuntersuchung (AU) einschließlich Endrohrmessung könnte ein großer Teil dieser Emissionen vermieden werden.
Die AU soll verlässlich defekte Abgasreinigungssysteme bzw. deren illegalen Einbau erkennen. Durch die derzeit bestehende ausschließliche Auslesung der Diagnosesysteme im Fahrzeug (OBD) und den Verzicht auf eine Endrohrmessung wird dieses Ziel verfehlt. Denn die OBD meldet Fehler der Abgasreinigung nicht verlässlich. Das belegen zahlreiche Untersuchungen zweifelsfrei. Zudem liegen die Auslösewerte der OBD um ein Vielfaches über den Abgasgrenzwerten der Fahrzeuge. Im Internet findet sich darüber hinaus Software zum Austricksen der Diagnose- und Warnsysteme im Überfluss. Diese bewirkt, dass trotz fehlerhafter Abgasreinigung keine Fehlermeldung generiert wird.
Geräte zur Messung ultrafeiner Partikel am Endrohr sind vorhanden und können schrittweise gegen abgeschriebene Geräte der Werkstätten ausgetauscht werden. Die Kosten einer AU mit Endrohrmessung dürften nach Aussagen der Werkstätten um nur wenige Euro pro Untersuchung steigen. Eine absolut vertretbare Investition im Zweijahresrhythmus für jeden Fahrzeughalter.
Bereits vor Jahren hatte die DUH gemeinsam mit dem TÜV und dem ZDK eine Verschärfung der AU gefordert. Die Messung von Stickoxidemissionen im Rahmen der AU ist nach wie vor eine Herausforderung und muss daher an anderer Stelle durch unabhängige Kontrollmessungen erfolgen. Bei Partikeln ist das eine ganz andere Sache. Die massiven Gesundheitsschäden durch Partikel sind unstrittig. Die Technik zur verlässlichen Minderung ist vorhanden, die Technik zum Aufdecken von Fehlern ebenfalls. Warum also noch länger auf eine wirkungsvolle Abgasuntersuchung warten, die ihren Namen auch verdient?“
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