
Krafthand im Gespräch mit ATR-Geschäftsführer Henning Kaeß über die Zertifizierung für Meisterhaft- und AC-AUTO-CHECK-Werkstätten und wie sie sich vom bisherigen Werkstatttest unterscheidet.
Während der bisherige Werkstatttest den Fokus auf die Inspektion und Fehlerfindung am Fahrzeug legte, bezieht die Zertifizierung „Geprüfte Servicequalität“ nun den gesamten Betriebsablauf ein. Die ATR Service GmbH möchte damit den Konzeptpartnern von Meisterhaft und AC AUTO CHECK ein höheres Level bei den Qualitätsstandards bieten. Außerdem sollen das Zertifikat und das TÜV-Siegel nach außen hin als sichtbares Aushängeschild für Kunden und potenzielle Bewerber dienen. Beim Zertifizierungsprozess geht es einerseits darum, Lücken im Alltag der eigenen Werkstatt zu erkennen und zu beseitigen und andererseits um Verbesserungsvorschläge für diverse Betriebsabläufe. Sei es beispielsweise eine schlechte Auffindbarkeit im Internet oder eine nicht standardisierte Fahrzeugannahme.

Zertifizierung als Rundumpaket
„Das Ziel der Zertifizierung ist es, die Konzeptwerkstätten zukunftssicher und rundum noch wettbewerbsfähiger zu machen“, sagt ATR-Geschäftsführer Henning Kaeß. Das beginnt beim Ausmachen eines Termins und endet bei der Übergabe des Fahrzeugs und der Rechnungsstellung. Hier wird das Erscheinungsbild des Unternehmens unter die Lupe genommen, die Erreichbarkeit, das Marketing und der Kundenservice, ebenso die Ausstattung des Betriebs, die Arbeit am Fahrzeug, die Werkstattorganisation und die Qualifikation der Mitarbeiter.
Außerdem werden Sicherheits- und Rechtsthemen betrachtet, die im Alltag leicht untergehen, wie das Erstellen einer Gefährdungsbeurteilung oder das Warten von Feuerlöschern. Ein TÜV-Auditor sieht sich den Kfz-Betrieb vor Ort genau an und geht gemeinsam mit dem Inhaber einen Fragebogen durch. Die Zertifizierung dauert circa 2,5 Stunden. Hierfür sollte auch ein Inspektionsfahrzeug bereitstehen.
Die umfassende Bewertung der Kfz-Werkstatt findet mit Hilfe eines Frage- und Punktesystems statt, welches aus Pflicht- und Bonusfragen besteht. Es geht um Fragen wie: „Melden Sie sich am Telefon mit Firmierung, Name und Begrüßung?“, „Werden regelmäßig HU-Erinnerungen an die Kunden versendet?“ und „Ist ein Werkstatttermin online buchbar?“ Bei den Punkten für die Ausstattung geht es nicht um Pflichtequipment, sondern um Empfehlungen, was in einer modernen Werkstatt vorhanden sein sollte, wie ein Scheibenreparaturset oder ein Klimagerät für Kältemittel R1234yf. Bei den Mitarbeitern werden deren Qualifikation abgefragt und welche Sachkundeschulungen (wie Airbag-, HV- oder Klimaschulungen) vorhanden sind.
„K.O.-Kriterien“ können jedoch nicht ausgeglichen werden. Beispielsweise die Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen, die gerne mal vernachlässigt wird, obwohl sie rechtlich verpflichtend ist. Sollte ein solches K.O.-Kriterium nicht erfüllt sein, hat die Werkstatt sechs Wochen Zeit, um nachzubessern.

Werkstatttest nur Momentaufnahme
Die bisherigen klassischen Werkstatttests waren lediglich „eine Momentaufnahme, die zwar gewisse Standards, aber die Qualität der Werkstatt nicht immer widerspiegelt“, erklärt Kaeß gegenüber Krafthand. Hinzu kommt: Das Umsetzen der Werkstatttests war am Ende immer schwieriger. Unter anderem wurde es zu aufwendig, Testkunden in den Terminkalendern der zu prüfenden Kfz-Betriebe unterzubringen, da viele aufgrund voller Auftragsbücher nur noch Bestandskunden bedienten. Auch sind die typischen Fehler der präparierten Testfahrzeuge in den Werkstätten inzwischen zu bekannt. Vor diesem Hintergrund schlug ATR den Weg in die Zertifizierung für Meisterhaft- und AC-AUTO-CHECK-Werkstätten ein, die der TÜV Rheinland vor Ort durchführt. „Wir sind stolz darauf, die erste Zentrale eines Konzeptgebers zu sein, welche die Zertifizierung „Geprüfte Servicequalität“ bei seinen Konzeptpartnern durchführt“, so Kaeß.
Aufwand, der sich lohnt
Im ersten Moment bedeutet das Vorbereiten für die Zertifizierung einen gewissen Aufwand, der sich laut ATR allerdings im Hinblick auf die Zukunft lohne. Zwar mögen die Auftragsbücher von vielen Werkstätten aktuell voll sein, aber wie das Beispiel der unter Druck stehenden deutschen OEMs zeigt, kann sich die wirtschaftliche Lage auch schnell ändern, erläutert der ATR-Geschäftsführer weiter. „So ist es in jedem Fall sinnvoll, eine moderne Werkstatt zu sein, die die Zukunft im Blick hat.“ Mit der Zertifizierung bietet ATR konkrete Hilfe durch Tipps, Mustervorlagen oder Checklisten, beispielsweise bei der standardisierten Fahrzeugannahme, der telefonischen Terminvereinbarung und mit einem Musterformular für den Datenschutz. Gleichzeitig kann sich der Betrieb hiermit auf Prüfungen durch die Berufsgenossenschaft vorbereiten.
Die Zertifizierung, die für zwei Jahre gültig ist, wurde vorab mit Kfz-Betrieben aus dem ATR-Netzwerk getestet und auf Praxisnähe geprüft. Extrakosten kommen auf die Partnerwerkstätten nicht zu, da die Kosten für die Zertifizierung im Basismodell der AC-AUTO-CHECK- und Meisterhaft-Konzepte mit drin sind. ATR möchte zeigen, dass man mit dieser Dienstleistung ein attraktiver Partner ist – auch für Kfz-Werkstätten, die bislang kein Teil des Netzwerks sind.
Allerdings bestand anfangs durchaus die Befürchtung, dass Konzeptpartner einer Zertifizierung ablehnend gegenüberstehen könnten. Doch es kam überraschend anders und die Zentrale ist mit der Resonanz auf das neue Konzept zufrieden. „Der Start mit der Zertifizierung lief sehr gut an und wir haben positives Feedback von den Werkstätten erhalten“, so Kaeß. „Nun bekommen wir ein noch klareres Bild der einzelnen Betriebe und deren Qualifizierung.“ Immerhin hat seinen Worten zufolge schon bei mehreren hundert Werkstätten das Vor-Ort-Audit für die jeweilige Zertifizierung erfolgreich stattgefunden.
Zum Abschluss beim Besuch in der ATR-Zentrale wollten wir noch wissen, ob die Zertifizierung des Werkstattnetzes auch dazu diene, künftig als Partner von Flottenbetreibern oder als Teil des Servicenetzes, vielleicht auch chinesischer Hersteller, in Frage zu kommen. Zumindest seien Standards wie eine Zertifizierung die Voraussetzung dafür, sagte Kaeß daraufhin.