Der Verbrenner ist noch nicht am Ende
Auch wenn die Elektroautolobby dies lautstark proklamiert – der Verbrennungsmotor hat noch nicht ausgedient. Es liegt noch immer viel Entwicklungspotenzial in der angeblich antiquierten Antriebstechnologie. Vor allem im Bereich der Gewichtsreduktion kann noch weiter optimiert werden. Dies zeigt auch das Projekt LeiMot (Leichtbau Motor) von FEV.
Um die CO2-Emissionen von Fahrzeugen zu senken, bleibt Gewichtssenkung ein zentrales Thema. FEV, ein unabhängiger Dienstleister in der Fahrzeug- und Antriebsentwicklung für Hardware und Software, zeigt mit Partnern im Projekt LeiMot (Leichtbau Motor), was beim Verbrennungsmotor noch möglich ist: Rund 21 Prozent leichter präsentieren sich große Baugruppen eines neu entwickelten Pkw-Referenzdiesels dank sogenannter additiver Fertigungsmethoden. Parallel konnten die Experten die Effizienz von Motorfunktionen wie zum Beispiel Kühlung oder Ölkreislauf optimieren.
Die durch das selektive Laserschmelzverfahren realisierten Baugruppen bringen circa 21 Prozent weniger Gewicht aufdie Waage.
Mit Blick auf zukünftige Emissions- und Fahrdynamikanforderungen gilt es, die Fahrzeugmasse weiter zu verringern und die Antriebseffizienz konventioneller Antriebssysteme zu steigern. Moderne Verbrennungsmotoren in Vollaluminium-Bauweise haben hier bereits ein sehr hohes Niveau erreicht. Große Entwicklungssprünge lassen sich wohl nur noch mit alternativen Herstellungsverfahren realisieren.
Wo gibt es noch Potenzial?
Im Fokus standen bei der Entwicklung der Zylinderkopf und das Kurbelgehäuse eines modernen Zweiliter-Großseriendiesels. Anstatt wie bisher per Aluguss wurden die beiden Bauteile im selektiven Laserschmelzverfahren hergestellt. „Dieses lässt Bauteile additiv entstehen, also schichtweise auf Basis eines zunächst pulverförmigen Ausgangsmaterials“, erklärt Ralf Bey, Leiter des LeiMot-Projekts bei FEV. Im konkreten Fall war dies die Aluminiumlegierung AlSi10Mg, doch auch Faserverbundkunststoffe wurden berücksichtigt. „Die so realisierten Baugruppen bringen circa 21 Prozent weniger Gewicht auf die Waage. Gleichzeitig steigern die neuen, einbaukompatiblen Motorkomponenten – Zylinderkopf und Kurbelgehäuse – die Antriebseffizienz“, so der Projektleiter weiter.
Zylinderkopf verliert Masse und behält Belastbarkeit
Der neu designte Zylinderkopf allein spart 2,3 Kilogramm Gewicht, das entspricht 22 Prozent gegenüber der Originalkomponente. Dazu galt es, insbesondere die mechanisch hoch beanspruchten Stellen gezielt zu verstärken: Denn bei der Verbrennung kommt es vor allem zu Biegebelastungen, im Gesamtverbund des Motors dagegen zu Torsionsbelastungen. Das beste Verhältnis aus Gewichtseinsparung und Steifigkeit ist die Kombination eines Doppel-T-Trägers und eines integrierten geschlossenen Schubkastens.
„Der Auslasskanal ließ sich dank der additiven Fertigung direkt wärmeisoliert im 3D-Druck herstellen“, sagt Bey. „Dadurch heizen sich nicht nur die Abgasnachbehandlungssysteme schneller auf. Auch die Turbineneintrittstemperatur und damit der Wirkungsgrad des Turboladers steigen.“
Aus Gewichts- und Steifigkeitsaspekten fiel beim Kurbelgehäuse die Wahl auf das sogenannte Short-Skirt-Design mit einer Alu-Unterkonstruktion, dem sogenannten Bedplate. Der Austausch der Stahllagerdeckel gegen das Bedplate wurde durch einen reibungsreduzierten Hauptlagerdurchmesser des Diesel-Grundmotors möglich. Mit dem neu designten Kurbelgehäuse einschließlich des Bedplates konnte den Angaben zufolge das Gewicht gegenüber der Originalkomponente um5,1 Kilogramm reduziert werden.
Die Schottwände des Kurbelgehäuses erhielten offene, horizontale Belastungsstrukturen, die an geeigneten Stellen ein Kreuzrippenverbund versteift. Für zusätzliche Verstärkung sorgen zwei gewichtsreduzierte Verbindungsrohre im Bereich der Ausgleichswellen. Auf Basis von Topologie-Analysen wurden niedrigbelastete Zonen durch Gitternetze (Lattice-Strukturen) und Hohlräume optimiert. Die Seitenabdeckungen des Kurbelgehäuses bestehen beim LeiMot aus glasfaserverstärktem Phenolharz und sind dadurch etwa 15 Prozent leichter.
Weniger Wasser bringt mehr Abkühlung
Die neue Querstromkühlung erlaubt es, die Temperaturen der Zylinder zielgerichtet zu senken und zugleich die benötigte Wassermenge zu reduzieren. Ein konstruktiver Hauptunterschied sind einzelne Kühlleitungen im Zylinderkopf, die den großvolumigen Wassermantel ersetzen. Die Temperaturen in der Brennraumplatte sinken laut dem Experten so um bis zu 40 Prozent. Und trotz 40 Prozent weniger Kühlmittel unterschreiten die Wandtemperaturen jene des Referenzmotors deutlich. Dadurch lässt sich sowohl die Warmlaufphase nach dem Kaltstart verkürzen als auch die Antriebsleistung der Wasserpumpe senken.
Zu weiteren Vorteilen beim Kaltstart sowie im normalen Betrieb führt laut FEV der weiterentwickelte Ölkreislauf. Zu den Optimierungsmaßnahmen zählen unter anderem eine neuartige Leitungsführung – Bögen ersetzen scharfe Umlenkungen – sowie Querschnittsänderungen. Zusammen verringerte dies den Druckverlust in Zylinderkopf und Kurbelgehäuse, so das Unternehmen, um 22 Prozent. Ein umgekehrter Siphon verhindert das Ablaufen des Öls im Stillstand. Dadurch steht der passende Öldruck für den Ventiltrieb nach dem Motorstart schneller bereit, hohle Schottwände lassen sich für die Ölrückläufe nutzen.
Erfolgreiches Teamwork
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie fördert das Forschungsprojekt LeiMot. FEV leitet das entsprechende Konsortium, bestehend aus einem renommierten Automobilhersteller, Forschungsinstituten, Fachhochschulen, Entwicklungsdienstleistern, Anlagenherstellern und Automobilzulieferern. Das gemeinsame Ziel lautet, auch konventionelle Produktionsverfahren zunehmend von den Möglichkeiten der additiven Fertigung profitieren zu lassen – weit über das beschriebene Motorenbeispiel hinaus.
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