Vor kurzem stellte uns die Rettungsleitstelle einen Notarztkombi auf den Hof, der urplötzlich keine Leistung mehr hatte und nur noch äußerst unwillig ansprang. Das Auslesen des Fehlerspeichers war bei diesem Sonderfahrzeug leider aufgrund einer nicht vorhandenen Diagnoseleitung nicht möglich.
So überprüften wir zuerst die Zündkerzen und das Zündgeschirr. Die Elektroden zeigten starken Rußansatz und, wie der Mechaniker meinte, „komische“ Ablagerungen, die vermutlich nicht von Ölkohle oder Kraftstoffadditiven stammten. Eine weitere Sichtprüfung der Motorverkabelung auf Marderverbiss oder abgefallene Steckverbindungen brachte uns auch nicht weiter.
Der Viergastester eröffnete uns neue Perspektiven: Zündzeitpunkt und Verstellkurven waren völlig in Ordnung, nur die Abgaswerte, vor allem der HC-Wert, ließen zu wünschen übrig. Auch fiel das träge Regeln der Lambdasonde auf. Als Ursache vermuteten wir den extremen Kurzstrecken- und Mischbetrieb, der zum Verkoken der Einspritzdüsen und Einlassventile geführt hatte. Bei den Fünfzylindern nichts Ungewöhnliches. Also Spezialgerät und „chemische“ Keule eingesetzt und das komplette Ansaug- und Einspritzsystem gereinigt. Der Erfolg blieb allerdings aus!
Nach dem Prinzip „Versuch und Irrtum“ tauschte der Mechaniker nun Temperaturfühler, Klopfsensor, Zündkerzen und -kabel, ja sogar das Motorsteuergerät versuchsweise aus: der Erfolg war gleich null!
Einem vorbeikommenden Meisterkollegen fiel der merkwürdige, terpentinartige Geruch des Auspuffabgases auf, der Gedanke an eine Falschbetankung kam auf. Eine Nachfrage bei der Rettungsleitstelle nach den Tankgepflogenheiten und die Prüfung der Tankbelege ergab keine Auflösung. Sicherheitshalber führten wir dem Motor aus einem separaten Behälter bleifreien Normalkraftstoff zu und siehe da: nach kurzem Spucken und einer Verpuffung lief der Motor rund und sauber. Wir entleerten das gesamte Kraftstoffsystem, erneuerten das Filterelement und tankten den vorgeschriebenen Kraftstoff, der Fehler war fortan behoben.
Was war geschehen? Der neue Zivildienstleistende musste auf einer Überlandfahrt nachtanken. Dem war völlig klar, so ein Kombi tankt Diesel. Wie aber die dicke Zapfpistole in den verengten Kat-Einfüllstutzen bekommen? Für den findigen Zivi kein Problem: mit der Einfülltülle des Reservekanisters!! Wieder einmal mussten wir feststellen, dass gerade menschliche Fehler auf keinem Testgerät angezeigt werden.
Dieser Fall ist erschienen in folgendem Zu-Ende-denken-Band:
8. Auflage 2017, von Georg Blenk, 116 Seiten, zahlreiche Abbildungen, 12,80 €
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