Abgasnachbehandlung

Der SCR-Katalysator – Aufbau und Funktion

Euro-5-SCR-Anlage VW
Eine Euro-5-SCR-Anlage der ersten Generation. Grafik: Volkswagen

Bei der Euro-6-Norm für Pkw werden die Grenzwerte für NOx gegenüber Euro-5 halbiert. Bei schweren Pkw reicht der Einsatz eines Speicherkatalysators zur Erfüllung der Grenzwerte nicht aus. Mehrere Hersteller setzen deshalb auf den sogenannten SCR-Katalysator, der bis zu 90 Prozent der Stickoxide in Stickstoff und Wasser umwandelt. SCR steht dabei für selektive, also bevorzugte, katalytische Reduktion. Der SCR-Katalysator wirkt gezielt bei Stickoxiden.

Bei SCR-Katalysatoren besteht die katalytische Beschichtung aus Titan-(TiO2), Wolfram-(WO3) und Vanadium-(V2O5) Verbindungen. Ein SCR-Katalysator benötigt zur Umwandlung der Stickoxide Ammoniak (NH3) als Reduktionsmittel. Der in der Verbindung enthaltene Wasserstoff entzieht den Stickoxiden im SCR-Katalysator den Sauerstoff und wandelt sie in Stickstoff und Wasser um (Bild 92).

Ammoniak in reiner Form ist bei Umgebungstemperatur gasförmig und entwickelt einen Dampfdruck von ungefähr acht bar. Ammoniak müsste in Druckbehältern transportiert werden. Man setzt deshalb Harnstoff als Ammoniakträger ein, der als Flüssigkeit in einem Tank mitgeführt werden kann und aus einer Mischung von 32,5 Prozent Harnstoff und 67,5 Prozent Wasser besteht. Mit diesem Mischungsverhältnis erreicht man den niedrigsten Gefrierpunkt von minus
11 °C.

Um einen Ausfall der Anlage bei tieferen Temperaturen zu verhindern, müssen alle Harnstoff führenden Teile elektrisch beheizt werden (Bild 91). Der Harnstoffverbrauch beträgt bei Pkw-Anlagen ein bis zwei Prozent des Kraftstoffverbrauchs. Harnstoff wird unter der Bezeichnung Ad-Blue vertrieben.

Vor dem Eintritt in den SCR-Kat muss der Harnstoff in zwei Phasen in das gewünschte Ammoniak umgewandelt werden: In der ersten Phase, der Thermolyse, wird der Harnstoff (NH2) 2CO unter dem Einfluss der Abgaswärme in Ammoniak (NH3) und Isocyansäure (HNCO) umgewandelt: Thermolyse: (NH2) 2CO → NH3 + HNCO

In der zweiten Phase, der Hydrolyse, wird die unerwünschte Isocyansäure zusammen mit Wasser in Ammoniak und Kohlendioxyd (CO2) umgewandelt. Hydrolyse: HNCO + H2O → NH3 + CO2. Die Reaktionen laufen bei Temperaturen über 200 °C ab. Aus diesem Grund wird die Harnstoffeinspritzung erst oberhalb dieser Temperatur gestartet.

Das Ammoniak lagert sich im SCR-Katalysator an und ermöglicht zwei Reaktionen mit den durchströmenden Stickoxyden: Bei der Standardreaktion wird Stickstoffmonoxyd (NO) zusammen mit Ammoniak und Sauerstoff O2 in Stickstoff und Wasser umgewandelt. SCR-­Standardreaktion: 4NO + 4NH3 + O2 → 4N2 + 6H2O. Diese Reaktion wäre für eine Umwandlung der Stickoxyde nicht ausreichend, da sie bei Temperaturen unter
300 °C langsam abläuft und eine Umwandlung von Stickstoffdioxyd nicht möglich ist.

Bei einem ausgewogenen NO/NO2-Verhältnis ist auch bei Temperaturen unter 300 °C die schnelle SCR-­Reaktion möglich, die bei den meisten Fahrzuständen bevorzugt abläuft. Schnelle SCR-Reaktion: NO + NO2 + 2NH3 → 2N2 + 3H2O.

Das richtige NO/NO2-Verhältnis wird im vorgelagerten Oxydationskatalysator durch die Oxydation von NO zu NO2 hergestellt. Deshalb ist ein intakter Oxydationskatalysator wichtig für die einwandfreie Funktion des SCR-Katalysators. Er sollte bei Beanstandungen immer mit geprüft werden.

Dies ist ein Auszug aus der Fachbroschüre Abgasnachbehandlung bei Dieselmotoren.

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