Ein Leitfaden für Kfz-Betriebe

Das neue Sachmangel- und Gewährleistungsrecht 2022

Mit der aktuellen Schuldrechtsreform werden europarechtliche Vorgaben in nationales Gesetz umgesetzt. Das Ziel ist es, europaweit einen vergleichbaren Verbraucherschutz herzustellen. Bild: AdobeStock

Seit 1. Januar 2022 gelten neue Regelungen für Sachmängel- und Gewährleistungsrechte. Nach der letzten Novellierung vor 20 Jahren wurde es Zeit, die fortschreitende Digitalisierung auch in einen neuen gesetzlichen Rahmen zu gießen. Was bedeuten die neuen Regelungen nun konkret für Kfz-Betriebe?

Die aktuelle Schuldrechtsreform ist die Umsetzung der Vorgaben aus zwei europarechtlichen Richtlinien. Dabei hatte der deutsche Gesetzgeber allerdings nur wenig Spielraum, da beide Richtlinien das Ziel der „Vollharmonisierung“ verfolgten. Das heißt, der deutsche Gesetzgeber konnte (wenn überhaupt) nur wenig von den europarechtlichen Vorgaben abweichen.

Die wesentlichen Neuregelungen des neuen Sachmangel- und Gewährleistungsrechts beinhalten zusammengefasst:

  1. Erstmalig gibt es Regelungen zu „digitalen Produkten“ und „digitalen Elementen“, inklusive einer Aktualisierungspflicht für Kfz-Betriebe.
  2. Verträge, die ab dem 1. Januar 2022 geschlossen werden, unterliegen dem neuen Sachmangelbegriff sowie den neuen Gewährleistungsregelungen. Primär gilt dies zwar nur für Verträge mit Verbrauchern (B2C). Die Neuregelungen wirken sich, insbesondere durch den neuen Sachmangelbegriff, aber auch auf Verträge mit Unternehmern (B2B) aus.

Der folgende Leitfaden stellt die wesentlichen Neuregelungen für Kfz-Betriebe praxistauglich dar, ohne Anspruch auf eine vollständige Auflistung sämtlicher Neuregelungen zu erheben. Bei konkreten Rechtsfragen sollten Betriebe stets fachkundigen Rat einholen. Die benannten Normen beziehen sich auf die seit 1. Januar 2022 geltende Fassung.

Mängelrechte bei Verbraucherverträgen (B2C)

Bislang waren die Regelungen, die speziell die Rechte von Verbrauchern bei Sachmängeln beinhalteten, auf wenige Paragrafen beschränkt. Das ändert sich nun mit dem neuen Sachmangelrecht: Verträge, die zwischen einem Kfz-Betrieb und einem Verbraucher (B2C) ab dem 1. Januar 2022 geschlossen werden und bei denen es um die Frage von Gewährleistungsrechten wegen eines Sachmangels geht, müssen nun anhand der drei unterschiedlichen Haftungssysteme rechtlich bewertet werden. Denn bei B2C-Verträgen entscheidet jetzt die Art des jeweiligen Mangels, welche Rechte der Verbraucher beziehungsweise welche Pflichten der Kfz-Betrieb hat:

  1. Für Sach- und Rechtsmängel an der Kaufsache (z. B. Kfz, Ersatzteile) gelten wie bisher die allgemeinen Regelungen in den §§ 434 ff. BGB.
  2. Liegt ein Mangel an digitalen Produkten oder ein Mangel an digitalen Produkten, die mit der Kaufsache verbunden sind (z. B. Navigationsgerät im Kfz), vor, gelten die
    Regelungen in den §§ 327 ff. BGB (siehe unten). Diese Art von Mangel wird auch als Produktmangel bezeichnet.
  3. Liegt ein Mangel an Sachen mit digitalen Elementen der Kaufsache vor, greifen für Verträge ab dem 1. Januar 2022 die Regelungen in den §§ 475b ff. BGB. Im Unterschied zu den Mängeln nach Ziff. 2 handelt es sich bei
    Sachen mit digitalen Elementen um solche Sachen, die ohne die digitalen Produkte ihre Funktion nicht erfüllen können (siehe unten).

 

Achtung: Die Neuregelungen gemäß Ziffern 1 und 3 gelten nur für Verträge, die ab dem 1. Januar 2022 geschlossen werden. Für Verträge, die zuvor geschlossen wurden, gelten die bisherigen Regelungen fort. Die Neuregelungen für Produktmängel (Ziffer 2) gelten ab dem 1. Januar 2022 demgegenüber für alle Verträge, das heißt auch für Verträge, die vor dem 1. Januar 2022 abgeschlossen wurden. Es ist somit wichtig, die Art des Mangels richtig einzuordnen, um die zutreffenden Sachmängel- und Gewährleistungsregelungen zu finden.

Mängelrechte bei sonstigen Verträgen (B2B)

Ist der Käufer Unternehmer (B2B), richten sich die Sachmängel- und Gewährleistungsrechte ausschließlich nach den Regelungen der §§ 433 ff. BGB – das heißt, hier hat sich nichts geändert. Das gilt grundsätzlich auch für die Fälle, in denen der Unternehmerkäufer Produktmängel oder Mängel an digitalen Elementen rügt. Hier ist in der Regel keine Unterscheidung nach der Art des Mangels erforderlich.

Dass die Regelungen im B2B-Bereich grundsätzlich nicht berührt sind, bedeutet aber nicht, dass beispielsweise ein OEM in seinen AGB, die auch Partnerbetriebe betreffen, keine Änderungen diesbezüglich vornehmen kann. Denn hier lässt der Gesetzgeber durchaus Anpassungen zu.

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