Das Kfz-Gewerbe im Jahr 2040
Zukunftsszenarien für die Branche: von Treibern, Getriebenen und den Chancen für HV-, Elektronik- und Softwarespezialisten
Die Beschäftigten im Kfz-Gewerbe müssen sich verstärkt auf vernetzte Fahrzeuge, neue Antriebsvarianten, moderne Vertriebsmodelle und digitale Arbeitsweisen einstellen. Wie verändern diese Treiber konkret die Arbeit von Werkstätten, das Arbeitsvolumen und das Jobprofil des Mechatronikers? Und wie können Kfz-Unternehmen zukunftsfähig bleiben? Diesen Fragen widmete sich eine Studie der baden-württembergischen Landesagentur e-mobil BW, des Landeswirtschaftsministeriums sowie der dortigen Landesverbände des Kraftfahrzeuggewerbes und der IG Metall für Gesamtdeutschland.
„Markenunabhängige Betriebe werden sich deutlich schwererer halten können. Markenbetriebe werden sich vermehrt zusammenschließen.“
Es zeigt sich: Wer seinen Betrieb erfolgreich in die Zukunft führen möchte, ist gut beraten, sein Geschäftsmodell in den kommenden Jahren an die vier im Bild links genannten Schlüsselfaktoren anzupassen. Dafür fallen laut den Experten mitunter hohe Investitionskosten an. Langfristig können sich den Studienautoren zufolge markenunabhängige Betriebe deshalb deutlich schwerer halten als Markenbetriebe. Letztere werden sich „vermehrt zusammenschließen“.
Weniger Personalbedarf
All das wirkt sich auf den Personalbedarf aus: Im Werkstatt- und Teilegeschäft werden den Erhebungen zufolge bis 2030 knapp und bis 2040 nochmal etwas mehr als 30.000 Beschäftigte weniger gebraucht (Bild Seite 49), weil sich die Arbeit verändert: Zum einen sind elektrische Antriebe weniger wartungsintensiv, wodurch die Werkstattauslastung sinkt. Zum anderen gehen mit immer mehr Fahrerassistenzsystemen die Unfallzahlen weiter zurück, wodurch die Reparatur- und Instandsetzungsaufträge abnehmen. Zusätzlich führen digitale Möglichkeiten, wie Updates over-the-air oder Functions on demand, zu einem Rückgang ortsgebundener Arbeiten und damit zum Verlust an Wertschöpfung in freien und markengebundenen Betrieben.
„Diagnosetechniker überblicken das Gesamtsystem und verstehen es, ohne operativ in die Instandsetzung einzugreifen.“
Gleichzeitig betonen die Studienmacher, dass „die fachliche Kompetenz über alle Jobprofile hinweg“ entscheidend bleiben wird. In Zeiten des Fachkräftemangels werde der rückläufige Personalbedarf deshalb vermutlich „nicht mit einer Bedrohung des einzelnen Arbeitsplatzes verbunden sein”. Vielmehr wird er „über natürliche Effekte wie Renteneintritt oder Branchenwechsel aufgefangen“.
Diagnosetechniker
als neues Berufsbild?
Allerdings verändern sich klassische Jobprofile, etwa das des Kfz-Mechatronikers. Diese müssen vor allem Hochvolt- und Softwarekompetenzen für die Arbeit an elektrifizierten, vernetzten und automatisierten Fahrzeugen erwerben, so die Studienmacher.
Je nachdem, welches Zukunftsszenario eintritt, ist es denkbar, dass sich aus dem Beruf des Mechatronikers der des „Diagnosetechnikers“ herausbildet. Dazu heißt es: „Diagnosetechniker überblicken insbesondere das Gesamtsystem und verstehen es, ohne operativ in die Instandsetzung einzugreifen.“ Insgesamt bleibe der Ausbildungsberuf des Kfz-Mechatronikers aber ein zentrales Element und differenziert sich nicht in weitere Berufsbilder aus. „Dies ist im zunehmend notwendigen praktischen Gesamtsystemverständnis aus Mechanik, Elektronik und Software begründet.“ Heute relevante Kompetenzen rund um Verbrennungsmotoren und den Getriebebereich spielen im Vergleich dazu der Studie zufolge in Zukunft eine eher untergeordnete Rolle.
Damit das heute schon vielfach erworbene, aber noch nicht breit anwendbare Wissen rund um HV-Systeme nicht in Vergessenheit gerät, kommt es nach Aussage der Experten darauf an, „Angebote zum Erhalt und zur Auffrischung von erworbenem Wissen zu nutzen“. „Einstellungen wie Neugierde, Anpassungsbereitschaft oder Offenheit gegenüber Neuem sind erforderlich“, schlussfolgern die Marktforscher.
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