Das Fahrzeugcockpit von morgen
Im Cockpit der Zukunft spielt das sogenannte Cabin Sensing eine entscheidende Rolle. Es vereint Kameradaten mit Radarsensorik und intelligenten Algorithmen, um den gesamten Fahrzeuginnenraum in Echtzeit zu erfassen – zugunsten der Sicherheit und in Vorbereitung auf das Zeitalter des autonomen Fahrens.
Dieser doppelten Herausforderung hat sich das Technologieunternehmen Continental gestellt und geht mit seiner Lösung – dem Cabin Sensing – über das reine Fahrermonitoring hinaus, auch um einen weiteren Baustein für künftige Mobilitätsmodelle wie automatisiertes oder autonomes Fahren zur Verfügung zu stellen.
Kamera direkt im Display
Die Technologie erfüllt künftige Sicherheitsvorschriften der Europäischen Kommission sowie der Verbraucherschutzorganisation European New Car Assessment Program (Euro NCAP), wie Ulrich Lüders erklärt. „Wir integrieren erstmals die Kamera direkt ins Display statt in die Lenksäule oder das Kombi-Instrument. Dafür setzen wir auf eine extreme Miniaturisierung der Technologie, was uns bei der Positionierung ganz neue Möglichkeiten eröffnet“, sagt der Leiter Strategie und Portfolio im Geschäftsbereich Human Machine Interface bei Continental.
Mit der Erfassung verschiedener Vitaldaten durch Cabin Sensing machen wir das Auto zur Smart Watch der Passagiere.
Die Komplexität bei dieser Technologie liegt demnach zum einen darin, die auf rund zehn Millimeter minimierte Optik und Sensorik exakt und vollständig ins Display zu integrieren, sodass die Ansprüche an Ästhetik und Design erfüllt werden.
Zum anderen in der präzisen Positionierung des Radarsensors, bei der sichergestellt werden muss, dass alle Bereiche des Innenraums gleichermaßen erfasst werden. Durch die Kombination beider Technologien sowie die exakte Integration und Positionierung sollen sich verschiedene Anwendungsfälle für das Cabin Sensing erschließen.
Das Auto wird zur Smart Watch
Wie der Technologiespezialist mitteilt, erkennt die Lösung zuverlässig lebende Objekte im Fahrzeug, egal ob Erwachsene, Kinder oder Tiere. Dies sei besonders mit Blick auf künftige Sicherheitsstandards von Bedeutung. Lüders dazu: „Mit unserer Cabin-Sensing-Lösung erfüllen wir die neuen Vorgaben der EU General Safety Regulation (GSR) und unterstützen Automobilhersteller dabei, Punkte im Euro NCAP gutzumachen.“ Hintergrund: Ab 2024 schreibt die Europäische Kommission in den Typgenehmigungsanforderungen der GSR für neue Zulassungen Systeme zur Fahrer- und Fahrzeugüberwachung vor, um beispielsweise Müdigkeit oder mangelnde Aufmerksamkeit des Fahrers zu erkennen.
Die Technologie erkennt zuverlässig lebende Objekte im Fahrzeug – egal ob Erwachsene, Kinder oder Tiere.
Diese weitreichenden Gesetzesänderungen werden von einem weiteren regulatorischen Treiber begleitet: Die Euro-NCAP-Organisation wird den Einbau von Innenraumkamerasystemen bereits ab 2023 mit Punkten belohnen. Das freiwillige Programm zur Bewertung der Fahrzeugsicherheit plant nach Unternehmensangaben, künftig Bewertungspunkte insbesondere für die Erkennung von Kindern zu vergeben (Kinderanwesenheitserkennung, CPD = Child Presence Detection). Vergessen Eltern ihr Kind auf der Rückbank, erkennt dies die Cabin-Sensing-Technologie durch den Radarsensor sowie die hinterlegten Algorithmen zur Objektklassifizierung und schlägt Alarm.
„Der Fokus unserer Entwicklung lag auf der Erkennung lebender Objekte. Dafür detektiert unser Cabin Sensing unter anderem die Atmung des Kindes, identifiziert es somit als lebende Person und schlägt Alarm. Fehlwarnungen sind nahezu ausgeschlossen“, erläutert Daniel Naujack, Produktmanager Interior Camera & Cabin Sensing bei Continental. Auf Basis der Bildinformation der Innenraumkamera könne das System ebenfalls zurückgelassene Gepäckstücke erkennen und sende eine Benachrichtigung an das Handy des Besitzers, wenn dieser beispielsweise eine Aktentasche im Mietwagen vergessen habe.
Zusätzlich, kündigt das Unternehmen an, können in Zukunft gesundheitliche Parameter erfasst und evaluiert werden, beispielsweise der Puls, die Atemrate oder die Körpertemperatur. Erfasst das System also einen gesundheitlichen Notfall, soll es das Fahrzeug dann mittels eines sogenannten Minimum-Risk-Manövers sicher zum Stehen bringen. „Mit der Erfassung verschiedener Vitaldaten durch Cabin Sensing machen wir das Auto in Zukunft zur Smart Watch der Passagiere“, fasst Naujack zusammen.
Übergabe an Fahrer
Auf dem Weg zum autonomen Fahren übernimmt die Innenraumsensorik laut dem Technologieunternehmen eine weitere wichtige Rolle. So werde es immer wieder Verkehrssituationen geben, die erfordern, dass die Fahraufgabe vom automatisierten System zurück an den Fahrer gegeben wird. Diese Übergabe sicher zu gestalten, ist eine entscheidende Aufgabe, die selbstfahrende Autos meistern müssen. Gepaart mit Sensorinformationen und Software kann eine Innenraumkamera erkennen, ob ein Fahrer überhaupt in der Lage ist, die manuelle Kontrolle zu übernehmen.
Wir integrieren die Kamera
direkt ins Display statt in die Lenksäule oder das Kombi-
Instrument. Dafür bedarf es
einer extremen Miniaturisierung der Technologie.
„Automatisiertes Fahren ermöglicht dem Fahrer, verschiedene Dinge in seinem Auto zu tun, ohne sich auf den Verkehr zu konzentrieren. Das System muss also erkennen können, ob der Fahrer in ein Buch versunken ist oder sogar schläft, damit das Zurückgeben der Fahraufgabe erfolgreich und sicher abläuft“, sagt Naujack. Ein anderes Beislpiel: Dank Cabin Sensing sollen Robo-Taxis jederzeit wissen, wie es ihren Passagieren geht.
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