Was passiert, wenn Freie nicht an Daten der Connected Cars kommen

„Dann wären wir raus“

Chefredakteur Torsten Schmidt hat Stefan Onken, Geschäfts führer des Teilegroßhändlers Matthies, und Peter Wagner, Geschäftsführer Continental Aftermarket, in Frankfurt während der Automechanika getroffen (von links). Bilder: Schrecke

Wagner: Zur Wahrheit gehört außerdem: Die OEMs sind momentan noch nicht so weit beim Thema Datenabfrage via Mobilfunknetz wie sie das gerne wären. Deshalb hat der Dongle eine längere Halbwertzeit, als wir noch vor ein, zwei Jahren gedacht hatten.

Und die Dongles sind modellspezifisch konfiguriert, sodass auch Daten jenseits der gesetzlichen OBD-Standards auslesbar sind?

Wagner: Ja, alles was auf dem CAN-Bus liegt, lässt sich auslesen. Dazu gehören beispielsweise auch Daten der Klimaanlage oder anderer Fahrzeugsysteme. Diese Daten jenseits des OBD-Standards bringen die wirklich interessanten Anwendungsfälle, nur codiert jeder Hersteller sie unterschiedlich. Wir bringen sie in ein einheitliches Format und übersetzen den Code in Textform.

Und wo erfolgt die Initialisierung des Dongles, sprich wo wird er für das jeweilige Fahrzeugmodell freigeschaltet?

Wagner: Das geschieht im Backend, also over the air per Mobilfunknetz. Erst dann kann der Dongle arbeiten, da er erst dann die notwendigen Informationen über Pinbelegung und die im jeweiligen Fahrzeug vorhandenen ECUs bekommt.

Bei all den Vorteilen, warum sollte sich ein Autofahrer einen Dongle in sein Fahrzeug stecken lassen? Und vor allem, warum sollte er den Dongle auch noch bezahlen?

Onken: Ein Anwendungsfall ist derzeit, denen einen Dongle zu verkaufen, die Probleme mit sporadisch auftretendem Fehler an ihrem Auto haben. Hier bietet die Echtzeitdiagnose große Vorteile. Der Dongle dient dann als verlängerter Diagnosearm.

Und was kostet er?

Onken: Der Dongle liegt im ersten Jahr inklusive Mehrwertsteuer und Lizenz bei 79 Euro und in den Folgejahren bei 34,90 Euro.

Wagner: Aber es wird sicher auch einen Mix geben. Werkstätten können entscheiden, ob ein Kunde so wichtig ist, dass ihm der Dongle kostenfrei oder zu einer geringen Schutzgebühr zur Verfügung gestellt wird. Denn beim Reparaturgeschäft der Zukunft geht es natürlich auch um den Kampf um Daten.

Onken: Genau. Der Dongle dient der Kundenbindung und vor diesem Hintergrund kann es sich für Werkstätten sicher lohnen, guten Kunden den Dongle kostenfrei oder günstig zu überlassen.

Neben den Kosten ist für die Akzeptanz des Dongles auch der Datenschutz ein Aspekt, der geklärt sein muss.

Onken: Datenschutz ist ein zentrales Thema. Hier ist eine hohe Transparenz wichtig – ohne zigseitige Nutzungsbedingungen.

Wie stellen Sie diese Transparenz her?

Onken: Die Daten gehören dem Autofahrer und er stimmt über eine Smartphone-App zu, dass die Kfz-Werkstatt XY die Informationen via Dongle auslesen kann. Er kann auch sein O.K. geben, ob Geodaten oder nur die Fahrzeugdaten übermittelt werden sollen. Aus Gesprächen wissen wir, dass die Nutzer eigentlich nur bei den Geodaten sensibel sind und deren Übermittlung teils ablehnen. Das ist ja auch legitim und vollkommen verständlich.

Wie viele Dongles haben Sie derzeit im Feld?

Onken: Etwa 1.000.

Wie sehr sind Werkstätten an dem Thema OBD-Dongle und allgemein an der Datenproblematik aus Connected Cars interessiert?

Onken: Das Interesse ist extrem groß. Wir haben wahrscheinlich kaum ein Thema, das derzeit mehr beschäftigt. Allen in den Werkstätten ist die von uns anfangs skizzierte Wettbewerbssituation klar.

Gibt es keinerlei Skepsis?

Wagner: Doch schon, aber eher weil viele das Thema noch nicht im Detail verstehen. Es geht um Fragen wie: Was kann das System? Wie funktioniert es? Aber das wird alles kommen.

Onken: Wir als Firma Matthies sind das Thema schon früh angegangen. Und wir investieren derzeit in die Zukunft. Auch wenn Herr Wagner gesagt hat, dass die Donglelösung länger aktuell sein wird als gedacht, ist trotzdem Fakt: In ein paar Jahren wird jedes Auto Daten senden. Und wenn wir als freier Markt dann nicht an Daten kommen – ob via Dongle oder etwa mit einer SIM-Kartenlösung über spezielle Plattformen wie Caruso – wären wir raus. Das ist allen Werkstätten bewusst und deshalb ist auch das Interesse da.

Dann haben Sie doch sicher einen Fahrplan, wann wie viele Dongles im Markt sind. Sind 50.000 in fünf Jahren realistisch?

Onken und Wagner lachen und antworten einhellig: Das ist eine gute Zahl. Nur wollen wir diese schon früher erreichen. Ziel ist es, eine mittlere fünfstellige Zahl bis Ende 2019 verbaut zu haben

Herr Onken, Herr Wagner, vielen Dank.

Das Gespräch führte Torsten Schmidt.

 

Kommentar zum Thema

 

Schreiben Sie den ersten Kommentar

Kommentieren Sie als Gast oder melden Sie sich mit Ihrem Krafthand Medien Benutzerkonto an.
Erforderliche Felder sind mit * markiert