Beim Remanufacturing geht es um die Wiederaufbereitung defekter Teile. Seit einigen Jahren gibt es auch Unternehmen, die sich dabei auf die Reparatur von ECUs, ABS-Einheiten oder anderen elektronischen Komponenten spezialisiert haben. Eines davon ist ACtronics. KRAFTHAND schaute den holländischen Spezialisten in ihrer Zentrale über die Schulter.
Die Zentrale von ACtronics liegt im niederländischen Almelo, unweit der deutschen Grenze. Was dort 2004 in einem Dachgeschoss mit der Frage begann, ob defekte elektronische Komponenten ein zweites Leben haben können, hat sich zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt. Mittlerweile beschäftigt das Unternehmen neben Angestellten an Standorten in Deutschland und England an seinem Stammsitz 120 Mitarbeiter, die in einem in lila und grau gehaltenen Neubau arbeiten, der schon farblich aus den anderen Firmengebäuden in diesem Gewerbegebiet heraussticht.
Vom Foyer aus fällt der im Zentrum angelegte Garten auf, in dem ein Industrieroboter Auftragsboxen von einem Förderband quer durch die Grünanlage zu einem zweiten Roboter reicht. Von dort werden die zur Bearbeitung anstehenden elektronischen Teile (z.B. Steuergeräte, ABS-Module, Kombiinstrumente) in die jeweiligen Abteilungen weitergereicht. Der Transport durch die Grünanlage ist eine bewusste Spielerei, welche die Verbundenheit des Unternehmens zu Natur und – trotz Hightech – umweltfreundlicher Fertigung verdeutlichen soll.
Bekannte Schwachstellen werden verbessert
So modern es im Foyerbereich auch zugeht, das wirkliche Know-how liegt in den Reparaturabteilungen. Dort sitzen die „Elektronikreparateure“, die mithilfe spezieller Geräte und Prüfstände defekte Komponenten reparieren und prüfen. Im Zuge des Aufbereitens werden oft auch bekannte Schwachstellen eines Bauteils behoben. Dieses Remanufacturing ist nicht immer einfach. Denn erstens werden Software- und Steuerungsdaten von den Fahrzeug- und Steuergeräteherstellern meist hermetisch abgeschirmt. Zudem unterscheiden sie sich häufig je nach Komponententyp. Und drittens sind nicht alle Teile so konstruiert, dass sie geöffnet werden können.
„Wir sprechen von Überholung, da wir es vorziehen, defekte Teile im Inneren der Bauteile zu ersetzen statt zu reparieren. Eine schwache Lötstelle, etwa bei einem Haardraht vom Prozessor zur Platine, bleibt nach einer Reparatur schwach. Das Ersetzen durch einen stärkeren Draht stellt die Lebensdauer wieder sicher. So haben wir tausende Komponenten und Bauteile vorrätig, um Überholungen auszuführen“, erklärt Leon Kleine-Staarman, Direktor ACtronics BV.
Doch nicht nur mechanische Gebrauchsspuren und Fehler werden beseitigt, auch die Software von Steuergeräten wird im Rahmen der Wiederaufbereitung aktualisiert und neu aufgespielt. Diese ist jedoch eines der bestgehüteten Geheimnisse der Autobauer. Hier ist dann Kreativität gefragt. „Da werden wir zu Hackern und kommen meist über unkonventionelle Wege an die Software. Oft gehen wir da durch ein Hintertürchen. Denn eigentlich haben alle ECUs eine softwareseitige Diebstahlsicherung, die von unseren Spezialisten geknackt wird. Über diese Schnittstelle können wir dann die ECUs auslesen. Das kann schon ein paar Wochen dauern und ist einer der spannendsten Parts unseres Jobs“, erläutert Kleine-Staarman mit einem Lächeln. Er sagt aber auch, dass weltweit weniger als ein Prozent der Bauteile eines Fahrzeugs so wiederverwendet werden. „Dabei sind überholte Teile meist günstiger und haben dieselbe Funktionalität wie Neuteile“, so der Geschäftsführer.