Aufgrund der immer höheren System- und Begriffsvielfalt können selbst Kfz-Profis den Überblick verlieren, welche Aufgaben die verschiedenen Assistenzsysteme haben und vor allem, wo ihre Grenzen sind. Dieser Beitrag wurde im Juli 2016 veröffentlicht.
Fahrerassistenzsysteme sollen – wie der Name schon sagt – den Autofahrer beim Führen seines Fahrzeugs unterstützen. Einerseits um sicherer und andererseits komfortabler unterwegs zu sein. Doch nicht bei jedem Fahrerassistenzsystem ist anhand der Bezeichnung sofort klar, was genau seine Aufgabe ist. Das folgende Glossar gibt darüber einen Überblick – ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Die Erklärungen basieren auf Informationen der Internetseite www.bester-beifahrer.de sowie der KRAFTHAND, dem Technikmagazin für das Kfz-Gewerbe. Die Angaben zu den einzelnen Begriffen und Abkürzungen sind allgemeiner Natur und können in Details bei den jeweiligen Herstellern abweichen, da jeder Autobauer seine eigene Philosophie beim Abstimmen der Systeme verfolgt. Das wird auch an den teils herstellerspezifischen Systembezeichnungen deutlich, die von den hier allgemein gültigen Begriffen abweichen können.
ACC – Adaptive Cruise Control (adaptive Abstands- und Geschwindigkeitsregelung):
Der Abstandsregeltempomat baut auf dem Geschwindigkeitsregler (Tempomat) auf. Die ACC bremst und beschleunigt in Abhängigkeit vom Verkehrsfluss in gewissen Grenzen selbstständig. Dazu überwacht ein Radarsensor den Raum vor dem Fahrzeug. Detektiert das System ein langsamer vorausfahrendes Fahrzeug oder schert beispielsweise ein anderes Auto knapp auf die eigene Fahrspur ein, senkt es die Geschwindigkeit des eigenen Fahrzeugs automatisch so weit ab, dass es in einem definierten Abstand folgt.
Ist die Fahrbahn vor dem eigenen Fahrzeug wieder frei, so beschleunigt ACC selbstständig auf die vom Fahrer eingestellte Geschwindigkeit. In einigen Fahrzeugmodellen bremst ACC das Fahrzeug, beispielsweise in Kolonnen oder in Stausituationen, auch bis zum völligen Stillstand ab und fährt es nach kurzer Standzeit automatisch wieder an. Teils wird dann vom ‚ACC Stop & Go’ gesprochen. Animation unter www.bester-beifahrer.de/fahrerassistenzsysteme/abstandsregler/
ACDIS – Active Distance Support (Aktive Abstandsführung):
ACDIS heißt ein Fahrerassistenzsystem von Continental zur abstandsabhängigen Geschwindigkeitsregelung und zur Einhaltung vorgegebener oder frei gewählter Tempolimits. Ein direktes, eindeutiges Feedback über alle Systemaktivitäten erhält der Fahrer durch Vibrationsbewegungen des Gaspedals, die ihn auch bei deaktiviertem System auf einen zu geringen Sicherheitsabstand hinweisen. In seiner höchsten Ausbaustufe kann ACDIS den Anhalteweg aktiv verkürzen und wetterabhängige Empfehlungen zur Fahrgeschwindigkeit geben. Der erste ACDIS-Einsatz in Serienfahrzeugen erfolgte Ende 2005.
Anhänger-Rückfahr-Assistent:
Das Rangieren eines Auto-Anhänger-Gespanns ist eine Kunst für sich. Mit dem Anhänger-Rückfahr-Assistenten können Autofahrer ihr Fahrzeug mit Anhänger bequem per Smartphone oder Tablet-Computer von außen steuern. Basis bilden dabei die elektrische Servolenkung, das elektronische Stabilitätsprogramm ESP, das elektronische Gaspedal und eine Anhängerkupplung mit Knickwinkelsensor. Per App lassen sich Lenkwinkel und Geschwindigkeit wählen. Der Fahrer kann sich so positionieren, dass er einen guten Überblick über das Geschehen hat.
Automatische Unfallmeldung (ACN – Automatic Collision Notification):
Bei einem Unfall werden über die Kollisionssensorik der Standort des Unfalls sowie andere Daten an eine Notfallzentrale weitergeleitet.
Adaptiver Fernlichtassistent (auch Lichtassistent):
Lichtassistenten steuern den Einsatz von Abblend- und Fernlicht. Der Lichtkegel wird dabei automatisch so reguliert, dass vorausfahrende und entgegenkommende Fahrzeuge nicht geblendet werden. Beim Kurven- und Abbiegelicht richten sich die Scheinwerfer automatisch nach dem Fahrbahnverlauf. Animation unter www.bester-beifahrer.de/fahrerassistenzsysteme/lichtassistent/
Baustellenassistent:
Mit Lenkkorrekturen hält der Baustellenassistent das Auto in einer verengten Fahrspur auf Kurs. Dazu errechnet das System auf Basis der Informationen von Video- und Ultraschallsensoren einen Sicherheitsabstand nach beiden Seiten – zu Fahrzeugen in der Nebenspur und zur Leitplanke. Zudem vermisst der Videosensor die Freifläche vor dem Fahrzeug. Dadurch kann der Baustellenassistent den Fahrer im Baustellenbereich auf Autobahnen rechtzeitig vor einer Engstelle warnen, wenn das Fahrzeug zu breit für die schmale Spur sein sollte.
Bremsassistenzsysteme (BAS) – (vorausschauender) Notbremsassistent und Dynamic Brake Control (DBC):
Zum Bremsassistenzsystem muss man wissen, dass es hierzu verschiedene Begriffe und Konfigurationen gibt, die je nach Fahrzeugmodell in ihrer Leistungsfähigkeit variieren. In erster Linie sollen Bremsassistenten den Fahrer warnen und Unfallfolgen durch automatisches Bremsen mindern. Unfälle ganz vermeiden können diese Systeme jedoch in der Regel nicht und dafür sind sie auch nicht konzipiert.
Der Bremsassistent
(auch Notbremsassistent) leitet automatisch eine Vollbremsung ein, wenn anhand des Bremsdrucks des Fahrers eine Notsituation erkannt wird. Mit anderen Worten: Das System beschleunigt und verstärkt Vollbremsungen, indem es zusätzlichen Bremsdruck über das ABS-Aggregat aufbaut.
Der Notbremsassistent
(engl.: Emergency Brake Assist, EBA) überwacht ständig den Bereich vor dem eigenen Fahrzeug. Wenn ein Auffahrunfall droht, wird der Fahrer alarmiert und das Bremssystem wird auf Notfall-Standby gestellt oder es führt sogar eine leichte Vorbremsung aus, um den Bremsweg zu verkürzen. Wenn die Kollision unausweichlich ist, kann auch eine automatische Notbremsung erfolgen, um die Aufprallgeschwindigkeit zu verringern. Weitere Erklärungen unter ‚Vorausschauendes Notbremssystem’ und ‚Vorausschauende Kollisionswarnung’).
Die DBC
erkennt, wie schnell der Fahrer das Bremspedal betätigt. Im Normalfall erzielt der Fahrer nicht die maximale Bremswirkung, da er die hierzu erforderliche Pedalkraft in der Regel nicht aufbringt. Wird eine derartige Situation erkannt, bringt die DBC die maximale Bremskraft automatisch auf, es kommt zur maximalen Verzögerung.
Andere Begriffe für den Notbremsassistenten sind etwa: Predective Brake Assistant (PBA), Automatische Notbremsung (ANB), Intelligent Brake Assistant (IBA).
CAS – Collision Avoidance System (Kollisionsvermeidungssystem):
Das Kollisionsvermeidungssystem greift erst ein, wenn der Fahrer in Gefahrensituationen nicht oder zu spät reagiert. Mögliche Kollisionsvermeidungsmanöver sind neben der Notbremsung auch Ausweichmanöver nach links oder rechts. Mittels zweier Laserscanner an den vorderen Ecken des Fahrzeugs wird die Umgebung analysiert und die Verkehrslage beurteilt.
CBC – Cornering Brake Control (Kurvenbremsmanagement):
CBC ist eine Erweiterung des ABS-Systems. Anhand der Raddrehzahlsignale wird die Querbeschleunigung ermittelt. Durch einen schnelleren Aufbau der Bremskraft am kurvenäußeren Vorderrad wird ein Übersteuern beim Bremsen in Kurven verhindert. Gleichzeitig wird auch ein Überbremsen der Hinterachse vermieden.
Dynamic Steering Response (DSTC):
DSR ist eine ergänzende Sicherheitsfunktion im ESP. Diese Funktion gibt dem Fahrer in kritischen Situationen eine Lenkempfehlung, um das Fahrzeug zu stabilisieren. Die Lenkung wird schwergängiger, sodass bei hohen Geschwindigkeiten mehr Sicherheit geboten ist.
Fernbedienbarer Parkassistent:
Wie von Geisterhand parken sich Fahrzeuge mit dem fernbedienbaren Parkassistenten selbst. Der Fahrer muss nur eine Taste am Zündschlüssel oder auf dem Smartphone drücken und gedrückt halten. Sodann manövriert sich das Auto automatisch in die zuvor mit Ultraschallsensoren erkannte und vermessene Parklücke. Der Fahrer bleibt aber für das Parkmanöver verantwortlich. Lässt er die Taste am Schlüssel oder auf dem Smartphone los, bricht der Assistent den Einparkvorgang unverzüglich ab.
Intelligent Brake Asisstant (IBA):
Aus der Differenzgeschwindigkeit zu einem vorausfahrenden Fahrzeug (oder einem sich vor dem Fahrzeug befindenden Hindernis) wird laufend der in der Bremsanlage aufzubauende Druck berechnet, welcher erforderlich ist, um im Notfall das Fahrzeug vor einem Aufprall zu bewahren. Aktiviert wird der vorkonditionierte Bremsdruck aber erst dann, wenn der Fahrer – beim Erkennen der kritischen Situation – das Bremspedal betätigt.
Linksabbiegeassistent:
Beim Linksabbiegen über Gegenfahrbahnen sind entgegenkommende Verkehrsteilnehmer schnell zu übersehen. Der Abbiegeassistent überwacht mit Radarsensoren in der Fahrzeugfront den entgegenkommenden Verkehr. Ist die Lücke zum Abbiegen zu klein, hindert das System das Fahrzeug am Losfahren. Oder der Abbiegevorgang wird rechtzeitig vor einer drohenden Kollision mit Hilfe einer Notbremsung abgebrochen.
Manövrierbremsassistent:
Bei Geschwindigkeiten bis zehn Stundenkilometer überwachen Ultraschallsensoren in einer Entfernung von bis zu vier Metern das komplette Umfeld rund um das Fahrzeug. Anhand der Sensorinformationen erkennt der Assistent relevante und nicht-relevante Hindernisse und errechnet den Fahrweg. Droht eine Kollision, erhält der Fahrer eine Warnung. Reagiert er nicht, stoppt das System das Auto von alleine.
Parkassistent:
Mit Hilfe von Ultraschallsensoren erkennt das System die für den jeweiligen Fahrzeugtyp passende Längs- oder Querparkbucht und informiert den Fahrer. Bei Aktivierung lenkt der Assistent das Auto dann selbstständig in die Lücke. Der Fahrer bleibt fürs Gasgeben und Bremsen verantwortlich.
Querverkehrswarnung:
Beim Rückwärtsausparken aus Querparklücken erkennt das radargestützte System in einer Entfernung von bis zu 50 Metern Fahrzeuge, Fahrradfahrer und Fußgänger, die hinter dem Auto queren. Der Fahrer wird dann rechtzeitig akustisch oder optisch vor einer drohenden Kollisionsgefahr gewarnt.
(Aktiver) Spurhalteassistent:
Der Spurhalteassistent beobachtet mittels eines Kamerasystems die Fahrbahnmarkierungen vor dem Fahrzeug. Erkennt er, dass das Auto aus der Spur zu geraten droht, warnt er den Fahrer, zum Beispiel durch Vibrationen im Lenkrad oder Fahrersitz. Blinkt der Fahrer, erkennt der Spurhalteassistent dies und es erfolgt keine Warnung. Aktive Spurhalteassistenten lenken sogar selbstständig in die Spur zurück. Bei Fahrzeugen mit elektrischer Lenkung übernimmt diese den Lenkvorgang.
Bei Fahrzeugen ohne elektrische Lenkung erfolgt das Gegenlenken über das gezielte Abbremsen einzelner Räder durch das ESP. Der Spurhalteassistent ist in der Regel in einem vom jeweiligen Autobauer definierten Geschwindigkeitsbereich (z.B. zwischen 60 und 200 km/h) aktiv. Der von Mercedes-Benz vermarktete Seitenwindassistent ist im Grunde ebenfalls ein Spurhalteassistent, der auf plötzliche Windböen und das damit verbundene Abdriften des Wagens reagiert.
Spurwechselassistent (Lane Change Assistant):
In der Heckpartie installierte Radarsensoren überwachen kontinuierlich den rückwärtigen Verkehrsraum bis zu 90 m neben und schräg hinter dem Fahrzeug. Vor einem Spurwechsel warnt der Assistent den Fahrer beispielsweise durch ein Leuchtsymbol im Außenspiegel, falls sich ein Auto schnell von hinten nähert und bereits im toten Winkel ist.
Stauassistent:
Der Stauassistent basiert auf der Sensorik und Funktionsweise von ‚ACC Stop & Go’ und des Spurhalteassistenten. Bis Tempo 60 km/h (kann je nach Hersteller variieren) folgen Fahrzeuge mit diesem System in dichtem Verkehr selbstständig dem vorausfahrenden Fahrzeug.
Dazu übernimmt der Stauassistent das Gasgeben und Bremsen. Zudem hält er das Auto mit Lenkkorrekturen in der Spur. Der Fahrer wird entlastet und kann sich ganz auf die Überwachung des Systems konzentrieren.
Totwinkelassistent:
Im Gegensatz zum radarbasierten Spurwechselassistenten arbeitet der Totwinkelassistent mit Ultraschallsensoren. Damit erfasst das System den nur schlecht einsehbaren Bereich bis zu vier Meter seitlich und schräg hinter dem Auto.
Befindet sich zum Beispiel beim Abbiegen oder beim Spurwechsel ein anderer Verkehrsteilnehmer im toten Winkel, warnt das System den Fahrer durch ein Leuchtsymbol im Bereich der Außenspiegel.
Verkehrszeichenerkennung:
Durchblick im Schilderwald liefert die Verkehrszeichenerkennung. Mit Hilfe eines Videosensors erfasst das System alle relevanten Verkehrszeichen – unter anderem Tempolimits, Überholverbote – und blendet sie als Information im Cockpit-Display ein.
Der Fahrer ist dadurch beispielsweise nicht nur ständig über die aktuell geltende Höchstgeschwindigkeit informiert. Er kann auch gewarnt werden, wenn er schneller fährt, als erlaubt.
Vorausschauender Fußgängerschutz:
Fußgänger sind die schwächsten Verkehrsteilnehmer. Der vorausschauende Fußgängerschutz erkennt mittels Radar- oder Videosensor zum Beispiel frühzeitig Passanten, die unvermittelt die Fahrbahn queren und dabei vom Auto erfasst werden könnten.
Schneller als jeder Mensch nimmt das System dann automatisch eine Notbremsung vor. So wird ein Zusammenstoß vermieden oder zumindest die Geschwindigkeit vor dem Aufprall und damit die Schwere der Verletzung reduziert.
Vorausschauende Kollisionswarnung:
Die Funktion erkennt mit Hilfe eines Radarsensors, wenn in der Fahrspur voraus eine Kollision mit einem Hindernis droht. Das Assistenzsystem baut dann blitzschnell den Bremsdruck auf und bereitet die Bremsanlage somit auf eine Vollbremsung vor.
Gleichzeitig wird der Fahrer über ein optisches oder akustisches Signal vor der Kollisionsgefahr gewarnt. Tritt er auf die Bremse, steht ihm unmittelbar die volle Verzögerungsleistung zur Verfügung, und der Bremsweg wird deutlich kürzer (weitere Infos auch unter Bremsassistenzsysteme, BAS).
Vorausschauendes Notbremssystem:
Das vorausschauende Notbremssystem ist eine Erweiterung der vorausschauenden Kollisionswarnung. Erkennt ein Radar- oder Videosensor vor dem Auto ein potenzielles Hindernis, wird die Bremsanlage zunächst auf eine Vollbremsung vorbereitet und der Fahrer gewarnt. Bleibt seine Reaktion aus, leitet das System eine Teilbremsung ein, um die mögliche Reaktionszeit zu verlängern.
Sobald der Fahrer auf das Bremspedal tritt, unterstützt ihn das System dabei, einen Unfall zu vermeiden: Es berechnet die notwendige Bremskraft und erhöht diese automatisch, sollte der Fahrer zu schwach bremsen. Reagiert der Fahrer auch auf die Teilbremsung nicht und erkennt das System, dass ein Unfall unvermeidbar ist, leitet es eine Vollbremsung ein. Unfallfolgen können so deutlich gemildert werden (weitere Infos auch unter Bremsassistenzsysteme, BAS).