In modernen Fahrzeugen überwacht das Energiemanagement den Batteriezustand. Brauchen Werkstätten dann in Zukunft – außer für Garantiedokumentationen – überhaupt noch Batterietester? Und was bringt das Nachladen der Batterie? KRAFTHAND gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Batteriegeschäft und hat dazu beim Lade- und Testgerätehersteller Midtronics recherchiert.
Für jeden Kfz-Profi gehört das Prüfen der Starterbatterie im Rahmen eines Winterchecks oder einer Inspektion zu den Standardaufgaben. Doch wird das auch so bleiben? Schließlich überwacht zumindest bei modernen Fahrzeugen das Energiemanagement den Ladezustand (State of Charge – SoC) sowie den allgemeinen Batteriezustand und entsprechende Daten lassen sich jederzeit auslesen.
Zunächst: Viele Automobilhersteller verbauen ein Energiemanagement in erster Linie, um entsprechende Daten (z.B. Spannung und Temperatur) der Batterie und zum Lademanagement erfassen zu können. Allerdings sind Batterie- beziehungsweise Energiemanagementsysteme nicht für eine Diagnose der Batterie gedacht.
Dazu muss man wissen: Energiemanagementsysteme sind Midtronics zufolge nicht in der Lage, Diagnosen basierend auf Last oder Konduktanz (Leitwert der Batterie) vorzunehmen, wie es Batterietestgeräte tun. Zwar dienen die Verlaufsdaten von integrierten Energiemanagementsystemen theoretisch durchaus dazu, die vermutliche (Rest-)Lebensdauer einer Batterie zu errechnen. Doch um eine zuverlässige Aussage darüber treffen zu können, raten die Experten von Midtronics nach wie vor zu einem echten Batterietest. Nur damit sei eine exakte Kundeberatung möglich. Die Werkstatt kann daraufhin entscheiden, ob die Batterie gut ist, geladen oder ausgetauscht werden muss.
Das Batteriemanagement des Fahrzeugs kann einen echten Batterietest nicht ersetzen, obwohl es deren Zustand permanent überwacht.
Warum reicht der State of Charge, also der vom Batteriemanagement ermittelte Ladezustand, nicht zur Beurteilung des Gesamtzustands der Batterie aus?
Der State of Charge ist nur ein Parameter einer Batterie. Wichtig ist auch die Kapazität (State of Health – SoH). Jene Größe, bis zu der sich die Batterie maximal laden lässt. Doch Achtung: Die Kapazität nimmt im Lauf der Zeit ab, sodass sich auch die in der Batterie zu speichernde Energiemenge verringert. Zum besseren Verständnis ziehen die Experten von Midtronics dazu einen Vergleich mit einem eingebeulten Kraftstofftank. Selbst wenn sich dieser nach wie vor komplett füllen lässt, verfügt er nicht mehr über die Speicherkapazität eines intakten Tanks. Um Batterien umfassend beurteilen zu können, ist deshalb eine verlässliche Aussage über die tatsächliche Kapazität ein ebenso wichtiger Parameter wie der Ladezustand.
Was bedeutet eigentlich Reservekapazität und welche Rolle spielt diese bei der Batterieprüfung?
Batteriemanagementsysteme moderner Fahrzeuge erfassen auch die tatsächlich noch anliegende Kapazität der Batterie, die auch als Reservekapazität bezeichnet wird. Denn diese kann von der Nennkapazität teils deutlich abweichen – insbesondere wenn die Batterie in die Jahre gekommen ist. Deshalb und weil das Batteriemanagement neuester Fahrzeuge die Reservekapazität in seine Berechnung einbezieht, sollten in Zukunft auch Pannendienste und Kfz-Werkstätten die Reservekapazität messen können, so Midtronics. Entsprechend sollten Testgeräte vorhanden sein, die neben dem Ladezustand auch die Reservekapazität von Blei-Säure-, EFB- und AGM-Batterien in die Batteriediagnose einbeziehen.
Inzwischen verlangen viele Fahrzeughersteller für ihre Modelle Ladegeräte, deren Stromabgabe für eine Stützladung bei bis zu 70 A liegt.
Sollten Kfz-Betriebe Batterien überhaupt noch laden und wenn ja warum? Schließlich bringt der Batterieverkauf Umsatz und man ist mit einer neuen Batterie auf der sicheren Seite.
Midtronics sieht dies wie folgt: Natürlich geht irgendwann jede Batterie kaputt. Jedoch können Werkstätten mit dem Testen und durch vorbeugendes Laden deren Lebensdauer verlängern. Schließlich versagen Batterien häufig ihren Dienst, wenn sie über längere Zeit nicht ausreichend geladen sind. Ein Grund für die mangelnde Aufladung ist beispielsweise häufiger Kurzstreckenverkehr. Hinzu kommen noch Technologien wie die Coming-home-Funktion oder ein Start-Stopp-System, welche die Batterie zusätzlich belasten. Denn auch wenn Fahrzeuge mit Start-Stopp-System über spezielle Batterien verfügen, ändert das nichts an der Tatsache, dass der Akku während der Stopp- Phase Energie zur Versorgung der Fahrzeugsysteme bereitstellen muss.
Aus den genannten Gründen und vor allem, um die Kundenbindung und das Kundenvertrauen zu stärken, sollten Werkstätten also nach wie vor Batterien testen und laden. Die Experten empfehlen, grundsätzlich die Batterie jedes Fahrzeugs zu testen, das in die Werkstatt kommt. Ob ein eventuell notwendiges Laden der Batterie als kostenloser Service oder kostenpflichtig angeboten wird, muss jeder Betriebsinhaber für sich entscheiden.
Zeigt der Batterietest als Prüfergebnis ‚defekt’ an, er ledigt sich diese Frage. In solchen Fällen bleibt natürlich nur, dem Kunden eine neue Batterie ans Herz zu legen. Selbstverständlich bedeutet das nicht automatisch, dass jeder Autofahrer den Energiespeicher sofort ersetzen lässt. Allerdings sind nach Erfahrungen von Midtronics etwa 15 Prozent der Autofahrer dazu bereit, wenn es ihnen von der Werkstatt aufgrund eines Tests geraten wird. Das zeigt also, dass sich der generelle Batterietest lohnt – sowohl zur Kundenbindung als auch um das Batteriegeschäft anzukurbeln.
Das Prüfen der Reservekapazität gewinnt an Bedeutung.
Neben dem Aufladen wird das Thema Stützladung im Rahmen von Diagnosetätigkeiten und dem Flashen von Steuergeräten immer wichtiger. Welche Leistungen sollten Ladegeräte für eine Stützladung mitbringen?
Bei dieser Frage gibt es keine pauschale Antwort, da je nach Fahrzeughersteller und Modell unterschiedlichste Anforderungen gelten. Fakt ist aber, dass einige Hersteller inzwischen nach vergleichsweise hohen Stromstärken verlangen. Während Midtronics zufolge lange Zeit Geräte mit 50 A genügten, sind jetzt immer häufiger Geräte mit einem 70-A-Ausgang gefragt. Und in Zukunft könnten die Anforderungen noch weiter steigen, so Experten.
Von daher kommt es für Werkstätten darauf an, bei der Anschaffung von Prüf- und Ladetechnik auf aktuelle und zukünftige Anforderungen zu achten.
Richtig Nachladen bei Fahrzeugen mit EMS/BMS
Bei Fahrzeugen mit einem Batteriesensor, der als Hauptdatenlieferant für das Energiemanagementsystem (EMS) beziehungsweise Batteriemanagementsystem (BMS) dient, sollte der Fachmann (teil-)entladene Batterien im eingebauten Zustand aufladen. Damit kann das EMS die zugeführte Energie umgehend in seine Berechnungen zum Batteriezustand mit einbeziehen. Zudem sollte die Minusklemme des Ladegeräts nicht an den Minuspol mit Batteriesensor angeschlossen werden, sondern an die Fahrzeugmasse beziehungsweise den Fremdstartpunkt wie im Bild zu sehen.