Fahrwerkprüfstand bei KW Automotive: Porsche 911 GT3 RSR, Manthey-Racing. Bilder: KW Automotive
Sportfahrwerke sind komplexe Systeme. Die Abstimmung hinsichtlich Streckengeometrie, Witterungsbedingungen sowie Vorlieben des jeweiligen Piloten ist auch für Profis eine Herausforderung. Was dem einen Fahrer entgegenkommt, erscheint dem anderen unfahrbar. KRAFTHAND hat sich mit dem Gewinner der ADAC GT-Masters 2013 und Mitarbeiter bei KW Automotve, Daniel Keilwitz, über moderne Fahrwerktechnik im Motorsport unterhalten.
KH-Online: Herr Keilwitz, Sie holten letztes Jahr mit Ihrem Teamkollegen Diego Alessi für Callaway Competition den GT-Masters-Titel auf einer Corvette Z06R-GT3. Parallel arbeiten Sie für den Fahrwerkhersteller KW Automotive im Bereich Motorsport Sales. Gehen Beruf und Motorsport fließend ineinander über
Daniel Keilwitz: Es ist nicht immer leicht, Beruf und Motorsport unter einen Hut zu bringen, daher bin ich sehr froh, dass ich dies bei KW Automotive verbinden kann und von beiden Tätigkeiten profitiere. So kann ich das, was ich bei KW über Fahrwerke lerne, im Motorsport anwenden, und andersherum kann ich meine Erfahrungen aus dem Motorsport bei KW mit einfließen lassen.
KH-Online: Was unterscheidet ein Rennfahrwerk von einem sportlichen Serienfahrwerk?
Keilwitz: Ein Rennfahrwerk wird im Gegensatz zu einem sportlichen Fahrwerk immer speziell für das jeweilige Auto und das Einsatzgebiet abgestimmt, um die optimale Performance zu erreichen. Außerdem ist ein Rennfahrwerk darauf ausgelegt, unter härtesten Rennbedingungen zu funktionieren, und das auch bei einem 24h-Rennen.
KH-Online: Mit der Einstellung von Spur und Sturz beziehungsweise von Zug- und Druckstufe ist es mitunter nicht getan. Welche Parameter spielen im Rennbetrieb bei modernen Fahrwerksystemen noch eine Rolle?
Keilwitz: Entscheidend im Rennbetrieb ist, wie man mit dem Setup vom Fahrwerk den Reifen zum Arbeiten bringt. Dabei können kleine Änderungen am Fahrwerk oder am Luftdruck entscheidend sein, da der Reifen nur einen bestimmten Temperaturbereich hat, in dem er optimal funktioniert. Ist er zu kalt, hat man keinen Grip. Ist er zu warm, fängt er nach ein paar Runden an zu schmieren. Daher benötigt man auch für jeden Reifen ein individuelles Setup.
KH-Online: KW Automotive verfügt am Standort Fichtenberg über einen hydraulischen 7-Post-Fahrdynamik-Prüfstand. Unter anderem können damit auch Rennstreckenverläufe simuliert werden. Wie nahe sind Simulation und Echtbetrieb beieinander?
Keilwitz: Wenn wir auf dem 7-Post-Fahrdynamik-Prüfstand Streckenabläufe simulieren, kommt das schon sehr nah an die Realität heran. Was natürlich fehlt, sind die sich drehenden Räder und die Lenkbewegungen. Entscheidend für die Simulation ist allerdings, wie gut die Daten vom echten Fahrbetrieb sind. Wenn diese sehr gut sind, ist der Unterschied zwischen Simulation und Echtbetrieb minimal, mit dem Vorteil, dass die Simulation immer wieder reproduzierbar ist, da die Bedingungen immer dieselben sind.
KH-Online: Sie können auf dem Prüfstand auch die Seitenneigung des Fahrzeugs, den Abtrieb und andere Bewegungen des Aufbaus simulieren?
Keilwitz:Wir können neben diesen Punkten auch noch viel mehr simulieren – zum Beispiel, welche Einflüsse verschiedene Reifentypen und Fülldrücke auf das Auto haben. So können wir dann prüfen, wie sich das Auto mit Slicks und mit Regenreifen verhält oder mit Reifen von verschiedenen Herstellern. Beispielsweise haben wir auch mit Polyphony Digital und Sony für das PlayStation-Videospiel Gran Turismo 6 zusammengearbeitet, um die Spiele-Entwickler bei der ‚Fahrwerkfahrphysik‘ zu unterstützen.
KH-Online: KW Automotive liefert KW Competition Fahrwerke unter anderem an Alpina-Motorsport, Falken-Motorsport, Manthey-Racing, Raeder-Motorsport, Rowe-Racing oder Engstler-Motorsport. Wie sieht die Zusammenarbeit an und abseits der Rennstrecke aus?
Keilwitz: KW ist auf vielen Rennen mit einem Techniker und einem Service-Bus vertreten. So können wir auch direkt an der Rennstrecke die Teams unterstützen und bei Problemen weiterhelfen. Aber auch abseits der Rennstrecke sind wir im Hauptsitz von KW in Fichtenberg immer erreichbar und unterstützen unsere Kunden, die weltweit im Einsatz sind mit Tipps zum Setup.
KH-Online: Was haben Sie sich für die Saison 2014 vorgenommen und in welchen Serien können wir Sie in diesem Jahr sehen?
Keilwitz: Ich werde auf jeden Fall wieder in der ADAC GT-Masters mit der Corvette Z06R GT3 starten. Ziel ist dabei natürlich den Titel aus dem Vorjahr zu verteidigen. Wie das weitere Programm aussieht, steht im Moment noch nicht fest. Hier bin ich noch mit einigen Teams im Gespräch.
KH-Online:Herr Keilwitz, herzlichen Dank.
Das Interview mit Daniel Keilwitz erscheint ebenfalls im
KRAFTHAND-Motorsportkalender 2014. Der Kalender liegt als Beilage der
KRAFTHAND-Ausgabe 04/2014 (Erscheinungstermin 22.2.2014) bei.