Eine SCR-Anlage besteht aus einem beheizten Tank mit guter Wärmeisolierung. Die harnstoffführenden Leitungen und die Förderpumpe werden ebenfalls elektrisch beheizt. Um eine Fehlbetankung durch den Fahrer zu vermeiden, wurde die Größe des Tanks so ausgelegt, dass der Fahrer bei normaler Fahrweise zwischen den Wartungen keinen Harnstoff nachfüllen muss. Der Tankverschluss befindet sich deshalb bei den ersten Modellen im Kofferraum unter einer Abdeckung. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass viele Fahrer zwischen den Wartungsintervallen Harnstoff nachtanken müssen. Deshalb ist der Einfüllstutzen bei den neueren Modellen neben den Tankdeckel gewandert. Als Sicherheit gegen Fehlbetankung ist der Deckel gekennzeichnet oder nur mit dem Bordwerkzeug zu öffnen. Im Tank befinden sich eine elektrische Heizung, eine Förderpumpe, ein Füllstand- und ein Temperatursensor.
Bei neueren Fahrzeugen wird teilweise ein Qualitätssensor für den Harnstoff verbaut, mit dem die Dichte des Harnstoffs über Ultraschall überprüft wird. Der Fahrer erhält nach einer unbewussten Fehlbetankung oder einer bewussten Verdünnung mit Wasser direkt eine Warnung, bevor der falsche Inhalt Schäden im System anrichten kann.
Vom Tank wird der Harnstoff mit einem Absolutdruck von fünf bar (vier bar Relativdruck) zum Einspritzventil gefördert. Das Einspritzventil wird vom Steuergerät elektrisch entsprechend dem Harnstoffbedarf angesteuert.
Das Steuergerät ermittelt den Harnstoffbedarf, indem es die Menge der Stickoxide im Abgas berechnet. Zur Berechnung werden die Abgasmasse (ermittelt aus der angesaugten Luftmasse und Einspritzmenge), die AGR-Rate und die Abgastemperaturen herangezogen.
Größere Fahrzeuge sind zusätzlich mit einem zweiten NOx-Sensor hinter dem Abgasturbolader ausgerüstet. Aus dem Vergleich der berechneten oder gemessenen Stickoxide vor dem SCR-Katalysator mit der am NOx-Sensor hinter Kat gemessenen Stickoxidmenge, bestimmt das Steuergerät den Wirkungsgrad des SCR-Katalysators.
Hinter dem Einspritzventil befindet sich stromabwärts der sogenannte Mischer. Die Harnstofftropfen werden beim Aufprall auf die Mischerbleche zerkleinert. Die Mischerbleche erzeugen durch ihre Form eine Drehbewegung der Auspuffgase und damit eine gleichmäßige Vermischung der Abgase mit dem Harnstoff.
Auf dem Weg zum SCR-Katalysator wird der Harnstoff in Ammoniak (NH3) und Kohlendioxid (CO2) umgewandelt. Im SCR-Katalysator erfolgt bei einer Temperatur zwischen 200 °C und 500 °C die Umwandlung der Stickoxide und des Ammoniaks in Wasser und Stickstoff. Einige Hersteller setzen hinter dem SCR-Katalysator einen Sperrkatalysator ein, auch Schlupfkatalysator genannt. Er verhindert bei einem Ammoniaküberschuss im SCR-Katalysator den Austritt der giftigen und stechend riechenden Ammoniakdämpfe.
Zur Verkürzung der Aufheizzeit in der Warmlaufphase des Motors werden die Komponenten der Abgasnachbehandlung möglichst nah am Ausgang des Turboladers angeordnet. Auf der Reinseite des Dieselpartikelfilters ist eine SCR-Beschichtung aufgebracht worden, die wegen der hohen Temperaturen bei der Regenerierung des Partikelfilters eine gesteigerte Temperaturbeständigkeit aufweisen muss. Aus dem gleichen Grund wurde ein wassergekühltes Harnstoff-Dosierventil eingesetzt. Der Anschluss an den Niedertemperaturkreislauf des Kühlsystems verhindert eine Überhitzung des Ventils und ein Auskristallisieren des Harnstoffs.
Abgasnachbehandlung bei Dieselmotoren – Partikelfilter, (SCR-) Katalysatoren, Systemprüfung
1. Auflage 2016, von Hubertus Günther, 60 Seiten, 130 Bilder/Grafiken, 19,95 Euro