Reinigung des Ansaugsystems mit Trockeneis
Abgasrückführung

Ablagerungen im Ansaugsystem mit Trockeneis entfernen

Mit Trockeneis lassen sich selbst hartnäckige, glasharte Ablagerungen aus dem Ansaugsystem und von den Motorventilen abstrahlen, ohne vorher den Motor zu zerlegen. Bild: Irosoft-Cleantech

Probleme mit der Abgasrückführung AGR gehören zum Werkstattalltag. Insbesondere bei Dieselfahrzeugen mit ungünstigem Fahrprofil verkokt häufig der gesamte Ansaugtrakt, was Fahrverhaltensmängel hervorruft. Mit dem Tausch des AGR-Ventils ist es jedoch nicht getan. Auch die störenden Verbrennungsablagerungen müssen entfernt werden.

Dem Selbstzünder des BMW-SUV mangelt es nach Kundenaussage zunehmend an Leistung. Zudem leuchtet seit Kurzem die Motorkontrolllampe dauerhaft. Ein erstes Auslesen des Fehlerspeichers fördert die Fehlercodes 16368 – Luftmassenmesser Fehlfunktion und 481A – Rußpartikelfilter überladen zutage.

Der Werkstattfachmann vermutet einen zugesetzten Dieselpartikelfilter (DPF) als Ursache. Er baut diesen aus und lässt ihn in einem Spezialbetrieb professionell reinigen. Der Kfz-Profi geht dabei davon aus, dass es sich bei dem Luftmassenmesser-Fehler um einen Folgefehler des zugesetzten Filters handelt, was aufgrund seiner Erfahrung immer wieder auch der Fall war. Ist der DPF verstopft, korrelieren nämlich im Motorsteuergerät einige abgasrelevante Werte nicht wie von den Entwicklern vorgesehen, so dass die Eigendiagnose (OBD) aufgrund unplausibler Werte einen oder mehrere Fehlercodes generiert und schließlich die MI-Leuchte setzt. In Extremfällen aktiviert die OBD-Software sogar das Notlaufprogramm, um Schlimmeres zu verhindern.

Mit gereinigtem DPF, zurückgesetzten Lernwerten und gelöschtem Fehlerspeicher geht es schließlich zur abschließenden Probefahrt. Nach nur wenigen Kilometern signalisiert die Motorkontrollleuchte erneut ein Problem. Zurück in der Werkstatt, ergibt die Fehlerspeicherauslese erneut den Eintrag: 16368 – Luftmassenmesser Fehlfunktion. Ein elektronisches Problem an der Verkabelung lässt sich nach einer eingehenden Sichtprüfung des Kabelstrangs ausschließen. Da sich gerade ein passendes Vergleichsfahrzeug in der Werkstatt befindet, tauscht der Mechaniker kurzerhand den von der OBD beanstandeten Luftmassenmesser und geht erneut auf Probefahrt. Und auch dieses Mal meldet sich nach kurzer Fahrstrecke die MI-Leuchte.

Störende Ablagerungen

Aufgrund der Kundenschilderung, des beschriebenen Nutzungsverhaltens und seiner Erfahrungen tippt der Werkstattfachmann schließlich auf Verbrennungsprobleme, hervorgerufen durch ein fehlerbehaftetes Abgasrückführsystem. Und er behält recht: Nach der Demontage des Ansaugkrümmers zeigt sich der gesamte Ansaugtrakt stark rußig und mit Ölkohle verkokt. Auch die Ventilsitze und -schäfte weisen extreme Ölkohleablagerungen auf, welche die Ansaugluft regelrecht daran hindern, in die Brennräume einzuströmen. Aufgrund der unzureichenden Verbrennung und der vom AGR-System beigesteuerten Altgasmenge wuchsen diese Ablagerungen über einen längeren Zeitraum kontinuierlich an.

Um die Verkokung mit Werkstattchemie wie Kraftstoffzusätzen, Reinigungssprays oder speziellen Kohlenstofflösern beziehungsweise einem professionellen chemischen oder mechanischen Reinigungssystem zu beseitigen, warne sie bereits zu massiv. Blieb also auf den ersten Blick nur noch die konventionelle Lösung: den Zylinderkopf samt Peripherie abbauen, um die zum Teil glasharte Ölkohle unter Einsatz von reichlich Spezialchemie, Schaber und Strahlgerät mechanisch aus den Kanälen und von den Ventilen zu entfernen.

Lösungsmittel Trockeneis

Doch Ronny Rogge, Chef des in Elsterwerda ansässigen und auf Dieselpartikelfilter- und Industriereinigung spezialisierten Unternehmens Irosoft-Cleantech (www.irosoft-cleantech.de), kennt eine andere Lösung: Aufgrund seiner Erfahrung mit dem Trockeneisstrahlen bei Industrieprojekten empfiehlt der Reinigungsspezialist, die betroffenen Komponenten mit bis zu minus 79 °C kaltem Trockeneis im Strahlverfahren zu säubern. Um auch in die letzten Ecken des noch montierten Zylinderkopfs, des verwinkelten Ansaugtrakts und bis an die Ventile zu gelangen, fertigt der Reinigungsspezialist spezielle Verlängerungen für die Düsen seines Trockeneis-Strahlgeräts. Innerhalb von etwa anderthalb Stunden entfernt ein Irosoft-Mitarbeiter damit mobil in der Werkstatt vor Ort die störenden Ablagerungen und reinigt auch gleich die gesamte Ansaugbrücke mit.

„Der Vorteil von Strahlen mit Trockeneispellets im Vergleich zu konventionellem Strahlen mit mehr oder weniger hartem Strahlgut ist, dass es nur minimal abrasiv und nicht korrosiv ist. Zudem verflüchtigt sich das eingesetzte Reinigungsmedium zu 100 Prozent in der Umgebungsluft, so dass kein kontaminiertes Strahlgut zurückbleibt, das entsorgt werden muss. Dadurch gibt es auch keine Rückstände, die sich später negativ auswirken könnten“, erläutert Rogge. Nach der Montage der wenigen abgebauten Komponenten zeigt der wiedererstarkte 2-l-Dieselmotor ein tadelloses Ansprechverhalten – und die Motorkontrollleuchte bleibt aus.

„Der anschließende Langzeittest zeigte ebenfalls keine Auffälligkeiten. Ein aufwendiges Demontieren und Zerlegen des Zylinderkopfs hätte inklusive Material dem Kunden zusätzliche Kosten in Höhe von rund 900 Euro verursacht“, schätzt Rogge. Durch den Einsatz der Trockeneis-Reinigungstechnik habe man dem Autobesitzer rund 700 Euro ersparen können. Irosoft-Cleantech bietet das Trockeneisverfahren schon seit Längerem mobil oder stationär an, etwa um Rückstände auf Motorbaugruppen und -anbauteilen, an Zylinderköpfen oder Getrieben zu beseitigen. Auch ganze Karosserien lassen sich damit schonend entlacken und von hartnäckigem Unterbodenschutz befreien, ohne das Blech zu schwächen – was vor allem Oldtimerfreunde interessieren dürfte.

Problemkind AGR-Ventil

Über das Abgas gelangen notgedrungen Dieselruß und Ölkohle an das AGR-Ventil und in den Ansaugtrakt, was dort mit der Zeit – und insbesondere bei ungünstigen Betriebsbedingungen – zu schädlichen, leistungsmindernden Ablagerungen und Verkokungen führen kann. Darüber hinaus wirken die Partikel im Abgas abrasiv auf die mechanischen Komponenten des AGR-Ventils, wodurch dieses ebenfalls verkoken kann und schließlich verklemmt. Bleibt das AGR-Ventil dann offen stehen oder bricht der Ventilstößel oder der Ventilteller, strömt permanent und in jedem Lastzustand Abgas in den Brennraum – was die Zunahme störender Ablagerungen zwangsweise fördert. Schlechte Gasannahme, nachlassende Motorleistung und ein übermäßig schnelles Zusetzen des DPF sind die Folge.

Doch nicht immer offenbart sich ein Defekt am AGR-System mit einer leuchtenden Motorkontrolllampe oder einem eindeutigen Fehlerspeichereintrag. Denn mechanische Defekte wie etwa ein klemmendes oder beschädigtes AGR-Ventil lassen sich über die OBD kaum feststellen. Selbst mit der Stellglieddiagnose lässt sich ein mechanischer Defekt in eingebautem Zustand nicht zuverlässig diagnostizieren.

„Oftmals werden bei der Diagnose voreilige Entscheidungen getroffen, was teilweise der modernen Diagnosetechnik geschuldet ist. Liegt im AGR-System ein mechanischer Defekt vor, wird dieser oft nicht vom Motorsteuergerät erkannt. Das Motormanagement erkennt über die Differenzdrucksensoren lediglich einen erhöhten Abgasgegendruck vor dem DPF und folgert daraus, dass der ‚DPF verstopft‘ ist“, erklärt Rogge. Doch in einem solchen Fall sei Vorsicht geboten! Denn der verstopfte DPF sei nur die Folge, nicht die Ursache. Ein Reinigen des DPF bringe deshalb nur einen kurzfristigen Erfolg, so der Reinigungsfachmann. Er empfiehlt, ein „verdächtiges“ AGR-Ventil auszubauen oder eine „verdächtige“ Klappensteuerung zu demontieren, um sich per Sichtprüfung vom Zustand zu überzeugen und die betreffende Komponente falls notwendig zu erneuern.

Wissen

Warum Trockeneisstrahlen?

Im Gegensatz zu herkömmlichen Strahlmitteln wie Sand, Glasperlen, Hochofenschlacke, Walnussschalengranulat und ähnliches, geht Trockeneis (Kohlendioxid CO2) bei Umgebungsdruck, ohne sich zu verflüssigen, direkt vom festen in den gasförmigen Zustand über. Um den gewünschten Reinigungseffekt zu erzielen, werden die Trockeneispartikel, die sogenannten Pellets, mit Druckluft beschleunigt. Dadurch treffen sie mit Schallgeschwindigkeit auf das zu reinigende Medium, wodurch die Schmutzschicht versprödet. Das Trockeneis wird dabei gasförmig und vergrößert sein Volumen, was die Verunreinigungen gewissermaßen von der Oberfläche sprengt.

Zu den Vorteilen des minimal-abrasiven und nicht korrosiven Trockeneisverfahrens gehört, dass das zu reinigende Material kaum geschädigt wird und dass nach der Bearbeitung kein Reinigungsmedium entsorgt werden muss, da sich das CO2 gasförmig in der Umgebungsluft verflüchtigt. Da Trockeneis relativ weich ist, nehmen selbst empfindliche Oberflächen kaum Schaden.