Achtstufen-tiptronic, vernetzte Fahrwerkregelung, elektrische Wankstabilisierung, Allradlenkung. Alles Innovationen, die sich im neuen SQ7 TDI von Audi finden. Doch der Premium-SUV hat mit dem 48-V-Teilbordnetz und dem davon angetriebenen elektrischen Verdichter zudem zwei weitere Highlights an Bord, die sich bis dato noch in keinem anderen Serienauto finden.
Welchen Anspruch Audi an sich selbst stellt, manifestieren die Ingolstädter durch ihren Werbeslogan Vorsprung durch Technik . Ob dies immer der Fall ist, daran kann man durchaus Zweifel hegen. Auf dem Feld der Elektrofahrzeuge, der Hybridtechnik und auch bei Brennstoffzellenautos sehen viele Experten Hersteller wie BMW und Toyota weiter vorn.
Allerdings hat Audi mit dem 48-V-Teilbordnetz für den Antrieb des elektrischen Verdichters im neuen SQ7 TDI jetzt als erster Autobauer ein System vorgestellt, dem in Zukunft mehr und mehr Bedeutung zukommt. Wie der Beitrag zeigt, wird das 48-V-System auch für kleinere Fahrzeugklassen und zusätzlich zum elektrischen Verdichter auch für den Betrieb anderer Komponenten interessant werden.
So gesehen ist der Premiumhersteller sicher ein Vorreiter beim 48-V-Bordnetz und beim elektrischen Verdichter. Dr. Stefan Kurz, Audi-Vorstand für Entwicklung, drückt es so aus: Die neue Techniklösung des elektrisch angetriebenen Verdichters (EAV) im SQ7 TDI ist eine Weltpremiere im Wettbewerbsumfeld.“
Aufgabe des EAV …
… ist es, stets einen spontanen Ladedruckaufbau aus niedrigen Drehzahlen zu gewährleisten. Mit anderen Worten: Da der EAV im Gegensatz zum Abgasturbolader unabhängig von der Abgasenergie arbeitet, kann er auch bei niedrigen Motordrehzahlen einen adäquaten Ladedruckaufbau sicherstellen. Damit ist klar, dass dieser Verdichter dem V8-Dieselmotor mit 4-l-Hubraum im SQ7 insbesondere in Sachen Durchzugskraft zu Spitzenwerten verhelfen soll. So beschleunigt der SUV in 4,8s von 0 auf 100 km/h. Was die Motoraufladung bei höheren Drehzahlen angeht, so übernehmen diese zwei klassische Turbolader.
Damit der elektrische Verdichter die Schwäche, also das Turboloch der klassischen Abgasturbos ausmerzt, stellt er in weniger als 250 ms die zur dynamischen Kraftentfaltung notwendige Ladedruckenergie bereit. Dazu dreht das Verdichterrad auf 70.000/min hoch.
Höherer Energiebedarf
Erst 48 V machen es möglich, genügend Antriebsleistung für den EAV, die in der Spitze 7 kW beträgt, zu liefern. Deshalb mussten die Ingolstädter ihren ‚großen SUV’ mit einem 48-V-System ausstatten, das im Übrigen auch den Betrieb der elektromechanischen aktiven Wankstabilisierung (EAWS) sicherstellt. Wie bei elektrischen Bordnetzen üblich, benötigt natürlich auch das 48-V-System eine Batterie. Diese befindet sich unter dem Gepäckraum und basiert auf der Lithium-Ionen-Technologie. Als nominellen Energiegehalt gibt Audi 470 Wh für den Energiespeicher an. Die Peakleistung wird mit 13 kW beziffert.
Damit die 48-V-Batterie geladen werden kann, fungiert ein DC/DC-Wandler als Schnittstelle zwischen 48-V- und 12-V-Netz. Somit kann die notwendige Energie vom 12-V-Generator in das 48-V-System eingespeist werden. Damit die Lichtmaschine mit genügend Power aufwartet, verfügt diese über eine Leistung von bis zu 3 kW und einen Wirkungsgrad von mehr als 80 Prozent. Um das zu erreichen, haben die Ingolstädter einen sogenannten MOSFET-Generator (Metal Oxide Semiconductor Field Effect Transistor) verbaut. Dabei handelt es sich um einen Stromerzeuger, der zur Wirkungsgraderhöhung elektrische Verluste reduziert und die üblichen Dioden ersetzt.
Aufgrund der Leistungsstärke der 48-V-Batterie ist bei erhöhtem Strom bedarf im normalen Bordnetz auch ein Stromfluss vom 48-V-System ins 12-V- Netz möglich. Das soll den 12-V-Akku entlasten und schonen.
Warum mehr als 12 V?
Hätten 12 V nicht gereicht, um den EAV anzutreiben? Dazu erklärt Audi: Mit dem heutigen Stand der Technik sind die 12-V-Bordnetze an der Grenze ihrer Möglichkeiten angelangt. In Summe lasten die konventionellen Verbraucher (Licht, Radio etc.) – vor allem bei niedrigen Temperaturen – die Lichtmaschine, die bis zu 3 kW Leistung liefert, komplett aus. Für neue, dynamische Verbraucher wie eben beispielsweise den EAV, der in der Spitze etwa 7 kW benötigt, reicht die Batterieleistung somit nicht aus. Das 48-V-Teil bordnetz mit seiner Lithium-Ionen-Batterie kann jedoch deutlich mehr Leistung bereitstellen als das 12-V-Grundbordnetz mit seiner herkömmlichen Bleibatterie.
Für das Erklärvideo zum Ladekonzept und Aufbau des 48-V-Teilbordnetz im Audi SQ7 TDI V8 klicken Sie bitte hier.
Technische Daten des Audi-/SQ7-TDI-V8-Dieselmotors
Hubraum: 3.956 cm³
Zylinderzahl: 8 in V-Anordnung
max. Leistung: 320 kW
max. Drehmoment: 900 Nm bei 1.000 bis 3.250/min
V max.: 250 km/h elektronisch abgeregelt
Durchnittsverbrauch: 7,2 l/100 km
CO²-Ausstoß: 189 g/km
Kein Ende des konventionellen Turbos
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob der elektrische Verdichter über kurz oder lang das Potenzial hat, bei kleineren Motoren den konventionellen Turbo abzulösen. Dazu wird es allerdings nicht kommen, weil der konventionelle Turbo lader die im Abgasstrom vorhandene Verlustenergie aus dem Verbrennungsprozess nutzt und somit grundsätzlich zu einer deutlichen Wirkungsgradsteigerung von Verbrennungsmotoren beiträgt. Somit dürfte er auch auf lange Sicht seine Berechtigung behalten.
Zumal die elektrische Aufladung mittels EAV eher als Ergänzung zur konven tionellen Aufladung zu sehen ist. Audi drückt sich in diesem Zusammenhang wie folgt aus: Die elektrische Aufladung mittels EAV ermöglicht es, die einzelnen Aufladekomponenten ohne Kompromisse zwischen Dynamik (Stichwort Turboloch) und maximaler Leistung bei bestmöglicher Effizienz auszulegen . Denn der elektrische Turbo sorgt dann (kurzzeitig) für optimalen Ladedruck, wenn der Abgasturbolader noch nicht in der richtigen Betriebssituation dafür ist.
Turbokonzept mit Ansteuerung über Auslassventile
Audi hat den 4.0-TDI-Motor von Grund auf neu entwickelt. Damit der V8-Motor bestmögliche Dynamik bei optimierten Verbrauchswerten erzielt, verfügt er über zwei Abgasturbolader. Diese schaltet das Motormanagement nach dem Konzept der Registeraufladung selektiv zu, da bei niedriger und mittlerer Last nur ein Turbolader angeströmt wird. Die zweite Turbine trägt erst bei höheren Lasten zur Aufladung bei. Das soll ein dynamisches Ansprechverhalten über den gesamten Drehzahlbereich garantieren. Der dritte, also der elektrisch angetriebene Verdichter (EAV) ergänzt besonders im unteren Drehzahlbereich die Arbeit der zwei Turbolader und soll somit eine dynamische Anfahrperformance gewährleisten.
Außer, dass der elektrische Vierdichter beim Ladedruckaufbau mithilft, gibt es noch eine weitere Besonderheit beim Ladekonzept des V8-Diesels. Denn das Zu- und Abschalten der zweiten Abgasturbine erfolgt über das Auslassventil. Dazu haben die Ingenieure erstmals bei einem Dieselmodell von Audi das Valvelift-System (AVS) im Motor integriert. Damit stehen an der Einlass- und Auslassnockenwelle jeweils zwei Nockenkonturen pro Ventil zur Verfügung.
Um die beiden Abgasturbolader unabhängig von einander mit dem Abgasstrom zu versorgen, sind die zwei vorhandenen Auslassventile pro Zylinder hermetisch voneinander getrennt. Im unteren Drehzahlbereich bleibt das Ventil je Zylinder für den erst bei hohen Lasten aktiven Turbolader geschlossen (siehe Grafik unten), sodass der volle Abgasstrom den aktiven Turbolader versorgt. Erst wenn Last und Drehzahl steigen, öffnet das AVS dieses Auslassventil. Dadurch wird der zweite Abgasturbolader angeströmt und dazugeschaltet. Es kommt dann zum Biturbo-Betrieb und der Motor kann seine maximale Leistung entfalten. Die Umschaltung durch das AVS soll den Vorteil bringen, eine schnelle und präzise Zuschaltung der zweiten Abgasturbine zu gewährleisten.